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Was bedeutet eine baldige Zinserhöhung für die Anleger? Die Einschätzungen eines Investment-Experten, der ein Milliardenportefeuille verwaltet. Hans Lauber von Arecon im Interview.

Hans F. Lauber ist Gründer und CEO der Zürcher Vermögensverwaltungsfirma Arecon.


Herr Lauber, wegen der drohenden Inflationsgefahr könnten die Zinsen gemäss EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bereits im April steigen. Geht damit das Zeitalter der Aktien generell zu Ende?

Auf der Basis von «Buy-and-Hold» ist das Zeitalter der Aktien längst vorüber. Der Bullenmarkt, der Anfang der achtziger Jahre einsetzte und zu Beginn des 21.Jahrhunderts zu Ende ging, wurde insbesondere durch ständig tiefere Zinsen gefördert.

Jede Korrektur an der Börse bügelten die Notenbanken mit weiteren Zinssenkungen aus, und nach der Krise wurden die Zinsen ohnehin nicht mehr auf das ursprüngliche Niveau zurückgebracht.

Warum nicht?

Auf Grund der Globalisierung kam es zu einer gewissen Desinflation in den entwickelten Ländern, da die Emerging-Markets durch billige Importe dafür sorgten, dass das Preisniveau trotz eines hohen realen Wachstums nicht anstieg.

Heute sind die Zinsen historisch tief, und die Verschuldung in den meisten westlichen Regionen sowohl auf Staats- wie auf Privathaushalts-Ebene historisch hoch. Solange diese Ungleichgewichte nicht auf ein vernünftiges Mass reduziert worden sind, werden gute Phasen an den Börsen nur von begrenzter Dauer sein.

Was passiert nun, wenn die Zinsen steigen?

Die Aktien-Rally der vergangenen Monate war nicht nur das Resultat der sich verbessernden Konjunkturaussichten und Gewinnerwartungen. Viele Investoren verfügen nach wie vor über grosse Cash-Bestände, die sie auf Grund der vergangenen Unsicherheiten nicht in Aktien investiert haben. Steigen die Märkte, so nimmt der Druck auf diese Anleger zu, dem Trend zu folgen und in Aktien zu investieren.


«Institutionelle verfügen über tickende Verbindlichkeiten»

Dies trifft insbesondere auf institutionelle Investoren zu, die über tickende Verbindlichkeiten verfügen, die deutlich höher sind, als die Renditen, die sie am Geldmarkt oder in Obligationen erzielen können. Sollten nun die Zinsen nachhaltig steigen, nimmt der Druck auf diese Asset and Liability-geprägten Anleger tendenziell wieder ab, weil es dann auch wieder andere attraktive Anlagemöglichkeiten gibt. Das wäre vor allem dann der Fall, wenn die Zinsen steigen, weil die Inflationserwartungen zunehmen.

Und im umgekehrten Fall?

Im umgekehrten Fall, wenn die Zinsen wegen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung steigen, wird das eher gut sein für die Aktien. Auf Grund der latenten Gefahren für die Kapitalmärkte und den grossen wirtschaftlichen Ungleichgewichten gehe ich aber nicht von einem solchen Szenario aus.

Das Thema Inflation steht in den Schlagzeilen. Was ist Ihre Einschätzung?

Ich gehe nicht davon aus, dass die Inflation in den kommenden ein oder zwei Jahren ein Problem wird, obwohl die Bilanzen der Zentralbanken auf Grund ihrer Stützungsaktionen einen historischen Höchststand erreicht haben.


«Die Volatilität der Rohstoffpreise ist zu hoch»

Dagegen spricht einfach, dass das Geld nicht bei den Endverbrauchern, also den privaten und kommerziellen Kreditnehmern, anzukommen scheint. Für die Banken ist es lukrativer, das billige Geld am längeren Ende der Zinskurve oder in den Emerging-Markets anzulegen.

Trotzdem, derzeit ist viel von Realwerten die Rede, die vor einer drohenden Inflation schützen sollen. Was halten Sie davon?

Verlangsamt sich das reale Wachstum, dürfte auch die Nachfrage nach Rohstoffen zurückkommen und damit deren reale Preise. Zudem: Die Volatilität der Rohstoffpreise ist zu hoch, und die Korrelation mit der Inflation ist zu instabil, als dass man sich so auf einen guten Inflationsschutz verlassen könnte.


«Immobilien verhalten sich anders»

Anders Immobilien. Sie gelten als der Inflationsschutz schlechthin. Auch hier stellt sich die Frage, ob in einer Phase mit hoher Inflation und schwachem Wachstum die Inflation einfach auf die (Miet-) Preise abgewälzt werden kann. Wegen der schleppenden Wirtschaft werden die Nachfrage nach Wohnraum und damit auch die Preise der Immobilien eher unter Druck geraten.

Allerdings, und das muss auch gesagt sein, besteht der Vorteil von Realwerten darin, dass sie sich nach einer Phase von hoher Inflation rascher wieder erholen können. Das ist bei nominalen Anlagen nur durch eine entsprechende Deflation möglich und somit ziemlich unrealistisch.


«Der Grund liegt in der schleppenden Wirtschaft»

Wie ist diesbezüglich Ihre Einschätzung für Aktien

Aktien werden häufig als guter Schutz vor Inflation genannt. Analysen haben jedoch gezeigt, dass sogar die Aktien jener Gesellschaften, welche die Güter produzieren, die dem Warenkorb des Konsumentenpreisindex zu Grund liegen, am Anfang von hoher Inflation deutlich an Wert verloren.

Auch hier liegt der Grund in der schleppenden Wirtschaft, die das erwartete Gewinnwachstum und damit die Kurs/Gewinn-Verhältnisse und die Aktienpreise einbrechen lässt. Erst danach bewähren sich Aktien als gute Anlagen in einem inflationären Umfeld.

Gold erfreut sich einer enormen Nachfrage. Mit Recht?

Beim Edelmetall trifft die Absicherung gegen Inflationsrisiken am ehesten zu. Doch ich glaube, dass sich die Anleger derzeit eher gegen die schlimmsten Fälle, etwa einen Staatsbankrott oder eine Währungs- und Finanzkrise, zu wappnen versuchen, und es vor allem darum zu diesen Preisavancen im Gold kommt.


«Gold bietet Schutz gegen einen Inflationsschock»

Deswegen bietet Gold beim aktuellen Preisniveau nur noch Schutz vor einem unerwartet hohen Inflationsschock, aber nicht vor einer schleichenden Inflationsrate, wie sich das einige Zentralbanken und Wirtschaftspolitiker wünschen würden.

Wie sollten sich Anleger in der aktuell angespannten Situation an den Märkten verhalten?

Aktien und Rohstoffe haben seit der Ankündigung des zweiten quantitativen Stimulierungspakets in den USA um mehr als 25 Prozent zugelegt. Damit scheint die positive wirtschaftliche Entwicklung weitestgehend in den Marktbewertungen reflektiert zu sein.

Die Investoren scheinen die Risiken zur Zeit jedoch noch als eher gering einzuschätzen, was auch an tiefen impliziten Volatilitäten erkennbar ist. Es gibt jedoch genügend Gründe dafür, die eine weitere Korrektur auslösen könnten. Nebst der aktuellen Situation im Nahen Osten, die sich weiter ausbreiten kann, steht das Ende der amerikanischen Stimulierungsmassnahmen bevor, verschiedene Zentralbanken ringen mit einem Entscheid, die Zinsen zu erhöhen, und die Euro- und Bankenkrise ist nach wie vor latent. Sie wird früher oder später wieder markttreibend werden. Dies sind einige Gründe, die dafür sprechen, vorsichtig zu sein.

Wo sehen Sie in nächster Zeit Anlagepotenzial?

Kapitalerhalt muss das Ziel sein. Darum sind Anlagen aktiv zu bewirtschaften und das Risikomanagement sollte aktiv betrieben werden. Nur so lässt sich ein Portfolio vor materiellen Verlusten schützen.


«Unser Aktienportfolio baut auf Substanzwerten»

Wir sind zur Zeit besonders in Unternehmensanleihen, Wandelobligationen und High-Yield-Bonds investiert. Unternehmensanleihen ausserhalb des Finanzsektors verfügen über ein gutes Risiko-/Ertragsverhältnis. Zudem fahren wir ein Aktienportfolio, das auf Substanzwerten baut sowie börsenkotierte Immobiliengesellschaften im In- und Ausland enthält.

Auch Anlagen in börsenkotierte Private-Equity-Gesellschaften im Bereich Mezzanine sowie inflationsgeschützte Obligationen und Anlagen in Gold und Rohstoffen gehören dazu.


Hans_Lauber_qHans Lauber ist Gründer und CEO der Zürcher Firma Arecon, die rund 1,7 Milliarden Franken mit dem Ziel verwaltet, eine absolute Rendite zu erzielen. Der Ansatz ist vor allem für Pensionskassen gedacht, wird aber auch von Privatanlegern angewandt.

Vor der Gründung von Arecon 2007 arbeitete Lauber zuletzt als Chief Investment Officer der Winterthur-Gruppe. Dort betreute er ein Anlagevolumen von 145 Milliarden Franken.

 

 


 

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