Die von Singapurs Regierung vorgenommenen Anpassungen im Programm für globale Investoren machen den tropischen Stadtstaat selbst für Multimillionäre unerreichbar. finews.asia-Redaktor Andrew Isbester wirft einen genaueren Blick darauf.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Wenn Sie Milliardär sind und einen Teil Ihres Vermögens in Singapur deponieren wollen, haben Sie noch Glück. Alle anderen immer noch sehr vermögenden Menschen, die ein Family Office oder sonst viel Vermögen im tropischen Stadtstaat unterbringen möchten, sollten sich jedoch in Acht nehmen. Singapur ist vielleicht nicht mehr der ideale Ort.

Denn Anfang März 2023 hat das Singapore Economic Development Board (EDB) das neue Global Investor Program (GIP) in Kraft gesetzt. Darin hat sich der Mindestbetrag, den ein ausländischer Investor im Rahmen der ersten von drei Anlageoptionen (A) investieren muss, auf knapp 7,5 Millionen Dollar vervierfacht.

«Je nachdem, wie man es betrachtet, sind da die Anforderungen um fast das 80-fache erhöht worden»

Weiterhin können Investorinnen oder Investoren mit dem Geld auch nicht einfach irgendetwas damit machen. Vielmehr muss es in ein Startup oder in ein bestehendes Unternehmen in Singapur investiert werden, das mindestens 30 Leute beschäftigt, von denen die Hälfte bis zum fünften Betriebsjahr aus dem Stadtstaat stammen. Das alles, sofern der betreffende Investor seinen Status als «Permanent Resident», kurz PR behalten will.

Die zweite Option (B), die Investorinnen und Investoren in Anspruch nehmen können, geht noch weiter. Da verlangt der Stadtstaat eine Verzehnfachung der Investitionen, wobei der Antragsteller mindestens 18,6 Millionen Dollar in einen bestimmten, im GIP definierten Fonds einzahlen muss, der wiederum in lokale Unternehmen investiert. Die dritte Option (C), die Investoren aus dem Ausland haben, richtet sich an Family Offices. Je nachdem, wie man es betrachtet, sind da die Anforderungen um fast das 80-fache erhöht worden.

Warum das alles? Eine Antwort ist sicherlich lokaler Natur. Die Lebenshaltungskosten in Singapur explodieren angesichts des jüngsten Zustroms an Superreichen respektive angesichts des Zuflusses an Geld aus anderen asiatischen Staaten, namentlich aus China, inklusive Hong Kong. Selbst hoch bezahlte ausländische Banker in Singapur, die fest bei einem grossen Finanzinstitut angestellt sind, beklagen sich mittlerweile über ihr gesunkenes verfügbares Einkommen. So hoch ist die Teuerung mittlerweile. Umgekehrt können Vermieter heute problemlos ihre Mieten verdoppeln oder verdreifachen – so hoch ist die Nachfrage.

Für viele andere Vermögende könnte Singapur indessen in unerreichbare Ferne rücken

Tatsächlich ist es nicht unbedingt ein gutes Zeichen für eine gesunde, ausgewogene und dynamische Wirtschaft, wenn – vereinfacht gesagt – selbst Banker nicht mehr auswärts essen gehen können und Vermieter sich nicht mehr an marktübliche Preise halten. In diesem Kontext kommt einem schnell einmal der Titel eines Films in den Sinn, der vor ein paar Jahren ein Blockbuster war: «Crazy Rich Asians».

Die zentrale Fragen ist wohl, ob der Zustrom an Vermögenswerten nach Singapur die Gesamtentwicklung des Stadtstaates fördert oder nicht. Doch das ist nicht so einfach, zu beantworten. Die gängige Meinung ist, dass es auf der Welt wesentlich mehr Wohlhabende gibt als früher. Das allerdings bedeutet nicht, dass es wirklich so viele sind. Die meisten Statistiken, die sich in der Regel auf «Forbes» oder «Hurun» berufen, besagen, dass es weltweit zwischen 2’700 und 3’00 Milliardäre gibt. Da die Zahlen von «Hurun» und «Forbes» variieren, gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass etwa 700 von ihnen aus China und 700 aus den USA kommen, gefolgt von Indien und Deutschland mit jeweils etwa 140.

Stellt man diese Zahlen den Angaben des Singapore EDB gegenüber, wonach seit der letzten Anpassung der Anforderungen in den GIP im Jahr 2020 etwa 120 Investoren den PR-Status erhalten haben, und geht man davon aus, dass die meisten von ihnen Milliardäre sind, würde dies bedeuten, dass der Stadtstaat derzeit einen Anteil von 4 Prozent am Weltmarkt der reichsten Personen der Welt besitzt. Der Stadtstaat hat also bereits einen sehr grossen Anteil am Gesamtmarkt für Milliardäre, weshalb das Wachstum künftig wahrscheinlich verhaltener ausfallen dürfte.

«In Anbetracht dessen ist es unwahrscheinlich, dass ein gewöhnlicher Multimillionär sich in Singapur niederlässt»

Die neuen GIP-Regeln dürften die bereits in Singapur wohnhaften Milliardäre nicht verscheuchen. Für viele andere Vermögende könnte Singapur indessen in unerreichbare Ferne rücken. Der durchschnittliche Multimillionär beispielsweise müsste nun zwischen 7,5 und 18,6 Prozent seines gesamten investierbaren Vermögens für den Status als PR aufbringen. Das allein scheint schon eine ziemlich hohe Anforderung zu sein, wenn man keinerlei frühere Verbindungen zum Stadtstaat hat.

In Anbetracht dessen ist es eher unwahrscheinlich, dass ein gewöhnlicher Multimillionär sich in Singapur niederlässt. Er müsste sich auch daran gewöhnen, dass viele seiner Geschäftskontakte in einer weit entfernten Zeitzone arbeiten. Unter diesen Prämissen dürften die neuen Bestimmungen höchstwahrscheinlich verhindern, dass Singapur noch verrückter und reicher wird, als es jetzt schon ist. Aber vielleicht war das von Anfang an die klare Absicht der Regierung.


Andrew Isbester, ein schweizerisch-britischer Doppelbürger, ist Editor-at-large von finews.asia und finews.com. Er lebt seit 14 Jahren in Hongkong. Er verbrachte seine Jugend in Argentinien, Brasilien, den USA, Belgien und Schottland, bevor er in den 1990er- und frühen 2000er-Jahre in die Schweiz zurückkehrte, wo er als Korrespondent und später als Büroleiter der internationalen Nachrichtenagentur «AFX News» arbeitete, die Teil der «Agence France Presse» (AFP) und der «Financial Times» war. Danach war er in Zürich und Hongkong für mehrere Grossbanken tätig, bevor er seine Tätigkeit als Journalist wieder aufnahm.


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