Nach der Reorganisation der Credit-Suisse-Investmentbank wird die UBS neue Wachstumsambitionen entwickeln können. Wird sie den damit verbundenen gefährlichen Versuchungen widerstehen können, fragt sich Teodoro Cocca in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


In den obersten Gremien der UBS werden dieser Tage intensiv Pläne für die neue UBS geschmiedet. Einerseits geht es um die Frage, was genau mit den Vermögenswerten und den Geschäftsfeldern der Credit Suisse (CS) geschehen soll.

Andererseits viel wichtiger und wahrscheinlich noch länger im Geheimen wird bleiben, was die UBS mit der neuen finanziellen Schlagkraft machen will, welche die überraschend glatt gelaufene Übernahme der ewigen Konkurrentin am Paradeplatz mit sich bringt.

«Das ist zweifelsohne ein Unikum in der Geschichte von Bankenfusionen»

Böse Überraschungen ausgeschlossen hat die UBS die CS zu äusserst attraktiven Konditionen übernehmen können. Ausserdem ist der strategisch und kulturelle Fit zwischen den beiden Organisationen weitgehend gegeben. Dass diese wichtigen Eckpunkte einer so bedeutenden Transaktion tendenziell zugunsten des Käufers ausfallen, ist sehr ungewöhnlich und führt zu einer ganz besonderen Ausgangslage für das übernehmende Unternehmen. Das ist zweifelsohne ein Unikum in der Geschichte von Bankenfusionen.

Natürlich stehen demgegenüber auch potenzielle Risiken zu Buche, die sich aus einem unerwartet grossen Abschreibungsbedarf in der CS-Bilanz oder überraschenden Risiken im Kredit-, Derivate oder Kundenbuch ergeben können. Auch gesetzgeberische Änderungen der Bankenregulierung gehören zu den Risikofaktoren.

Dennoch sind in Summe alle Voraussetzungen gegeben, dass die UBS durch den «deal of a lifetime» das Potential für einen geschäftspolitischen Quantensprung geschaffen hat.

«Was wird damit geschehen?»

Die UBS hat eine klare Strategie und gehört zu den bestpositionierten Grossbanken in Europa. Die bisher geäusserten Absichten der UBS-Führung deuten auf eine Reduktion der CS-Investmentbank, wie dies der UBS nach der Finanzkrise von 2008 und dem eigenen Quasi-Untergang geradezu beispielhaft gelungen ist.

Ist diese mehrere Jahre dauernde Operation des Gesundschrumpfens erfolgreich, werden Finanzmittel in der Bilanz freigeschaufelt, die wiederum für andere Geschäfts- und damit Wachstumsopportunitäten verfügbar sind. Was wird damit geschehen?

Daraus könnte die paradoxe Situation entstehen, dass die UBS aufgrund der äusserst attraktiven Bedingungen des Übernahmedeals mit viel überschüssigem Eigenkapital, einem deutlich höheren internen Cashflow und einem noch besseren Zugang zu günstigen Einlagen als wie bisher dastehen wird. Vor allem die Ertragsperle der CS, das Schweizer Geschäft, ist der Schatz, auf dem nun die UBS sitzt.

«Der US-Markt erweist sich immer wieder als Minenfeld für europäische Banken»

Eine solche Perle strahlt aber auch eine «böse Kraft» auf das Verhalten der Bankführung aus: Die Versuchung wird enorm sein, die neue Finanzkraft in der Bilanz als «Booster» für die Wachstumsstrategie zu verwenden.

Die aktuelle UBS-Strategie sieht eine Wachstumsoffensive im US-Markt vor, der unter anderem durch eine stärkere Integration von Investment-Banking-Dienstleistungen für die besonders wohlhabende Kundschaft (Family Offices und Wealth Management für Institutionelle) erreicht werden soll. Hier könnte die UBS versucht sein, riskantere Teile der CS-Investmentbank für die Stärkung dieser Geschäftsstrategie zu nutzen. Der US-Markt erweist sich allerdings immer wieder als Minenfeld für europäische Banken, da Marktanteile mit erhöhtem Risikoappetit erobert werden müssen.

Auch im asiatischen Markt, dem zweiten wichtigen Wachstumstreiber der UBS, lauern erhebliche Gefahren für eine Bank, die plötzlich mit viel mehr Finanzkraft ausgestattet ist. Gerade asiatische Private-Banking-Kunden erweisen sich als besonders risikofreudig und hebeln ihre Anlagestrategie mit viel Fremdkapital.

«Es sind schleichende Prozesse in den Führungsstrukturen einer Grossbank»

Eine Bank, die ihnen diese Möglichkeiten bietet, wird sicherlich schnell wachsen können, allerdings auch Risiken akkumulieren, die erst zu einem viel späteren Zeitpunkt schlagend werden. Schliesslich geht es auch in diesem Geschäftsbereich um den Risikoappetit der Bank. Freie Mittel in der Bilanz können – müssen aber nicht – den Risikoappetit nähren.

Wird sich die UBS in dieser Situation tatsächlich an die Lehren der eigenen Geschichte halten und trotz geballter Finanzpower auf überambitionierte Pläne verzichten? Warum nicht einen neuen Anlauf nehmen, um in den USA auf Augenhöhe mit den Wall-Street-Häusern zu kämpfen?

Es sind schleichende Prozesse in den komplexen Führungsstrukturen einer internationalen Grossbank die dabei die Risiken erhöhen: Ressourcen fliessen dorthin, wo höhere Gewinne unter Eingehung vermeintlich kontrollierbarer Risiken locken, auch wenn dies nicht immer zum Kerngeschäft gehört. Versuchungen dieser Art sollte der UBS-Verwaltungsrat nicht nachgeben, auch wenn man im Top-Management meint, solch tolle Chancen werden vielleicht nie wiederkommen.

«Der Tag wird kommen»

Am Tag, an dem das UBS-Management enthusiastisch über die Vision eines «Global Players» schwärmen wird, müssen die Alarmglocken schrillen. Der Tag wird kommen.


Teodoro D. Cocca ist seit 2006 Professor für Asset und Wealth Management an der Johannes Kepler Universität Linz. Davor war er einige Jahre bei der Citibank sowohl im Investment- als auch im Private Banking tätig, forschte an der Stern School of Business in New York und lehrte am Swiss Banking Institute in Zürich. Zudem ist der Schweizer mit italienischen Wurzeln assoziierter Professor für Private Banking am Swiss Finance Institute (SFI) in Zürich und beratend für Finanzunternehmen und Behörden im In- und Ausland tätig.


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