Raymond_Ma_1Für Fondsmanager Raymond Ma steht China an der Schwelle zu einer neuen Phase des Konsums. Mit weit reichenden Folgen.

Trotz energischer Bemühungen der Regierung in Peking gegen die Teuerung in China hat sich das Wirtschaftswachstum im 2. Quartal 2011 kaum wesentlich verlangsamt. Dabei ist der Absatz von Konsumgütern höchst inflationsabhängig.

Herr Ma, droht angesichts der anhaltenden Teuerungstendenz in China nicht über kurz oder lang das Ende des Konsumbooms?

Einerseits reduziert die Inflation die Konsummöglichkeiten, weil alles teurer wird. Andererseits verliert in einer solchen Situation aber auch der Sparbatzen an Wert, sodass manche Leute vermehrt konsumieren dürften. Auf Grund der staatlichen Massnahmen glaube ich, dass die Inflation im Griff ist und im 2. Halbjahr 2011 ihren Zenit erreicht. Mittelfristig müssen wir uns auf eine Sockelteuerung von 3 bis 4 Prozent einstellen. Ab 8 Prozent würde es ungesund.

Droht China dann eine harte Landung, also eine rasche Abkühlung seiner Wirtschaft?

Ich würde vorläufig nicht so weit gehen. Sieht man von den schwachen Auto- und Haushaltartikel-Verkäufen ab, sind die Detailhandelszahlen weiter robust. Auch die Exporte halten sich gut. Und trotz erhöhter Zinsen hat sich die Kreditnachfrage in den letzten Monaten klar über den Erwartungen entwickelt.

Vom wachsenden Konsum in China ist schon lange die Rede. Haben die Anleger dies nicht schon eingepreist?

Tatsächlich nahm die Zahl der vermögenden Chinesen in den letzten Jahren stetig zu. Nun aber wächst die Mittelschicht, die ebenfalls Konsumbedürfnisse anmeldet. Das sind rund 50 Millionen Menschen mit einem Jahreseinkommen von umgerechnet 9000 bis 30 000 Dollar. Diese Schicht wird sich bis 2020 mindestens verdoppeln.

Wie ticken diese Konsumenten?

Nur wenige Chinesen können sich Luxusgüter aus dem Westen leisten. Das Gros der Menschen wird sich weiter mit inländischen Produkten begnügen müssen, die allerdings qualitativ laufend besser werden. Schon jetzt erzielen viele chinesische Firmen Milliardenumsätze und sind dabei im Westen überhaupt nicht bekannt.

Nennen Sie uns einige Beispiele.

Etwa die Warenhauskette Intime Department Stores oder die Modegeschäfte Lifestyle International. Auch Sportbekleidung ist ein Renner. Dieser Markt hatte 2002 ein Volumen von rund 3,3 Milliarden Dollar. 2008 waren es bereits 9,8 Milliarden Dollar, und bis in zwei Jahren wird die 20-Milliarden-Marke erreicht. Sehr beliebt ist die Sportartikel-Marke Anta.

Raymond_Ma_2Das veränderte Konsumbewusstsein äussert sich auch im Internet. Tencent, ein Anbieter von sozialen Netzwerken, Online-Games und Twitter-Funktion aus einer Hand, hat bereits einen Marktanteil von 75 Prozent.

Chinas Online-Bevölkerung wächst jährlich 24 Prozent, wobei erst ein Drittel all meiner Landsleute das Internet nutzt.

In China lässt die Corporate Governance allerdings noch einiges zu wünschen übrig. Was heisst das für Investoren?

Dass viele Firmen nach westlichen Massstäben noch unzureichend geführt und kontrolliert werden, hat verschiedene Gründe: China ist ein Schwellenland, wo Wachstum gegenüber Qualität nach wie vor Priorität hat.

Weiter ist der Rechtsrahmen noch zu wenig ausgebaut, die Kapitalmärkte sind unterentwickelt und nicht zuletzt haben institutionelle Investoren einen schwachen Stand.

Das klingt doch recht düster?

Fälle wie Enron oder Madoff zeigen, dass auch der Westen gegen Betrügereien nicht gefeit ist.

Wie halten Sie vor diesem Hintergrund die Risiken in Ihrem Portefeuille tief?

Unser Anlageuniversum umfasst etwa 400 Titel. In 80 bis 120 haben wir investiert. Zwei Drittel davon sind in Hongkong an der Börse oder in den USA. Wir sind bei Firmen, die auf dem Festland kotiert sind, sehr vorsichtig. Wir achten etwa auf die Konsistenz im Management.


Raymond Ma startete seine Karriere Ende der 90er-Jahre als Lehrer in Schanghai, bevor er 2000 ins Bankwesen zum französischen Bankriesen BNP Paribas wechselte. Seit 2006 ist er für die Fondsgesellschaft Fidelity International tätig, wo er den im Februar 2011 lancierten China Consumer Fund betreut.

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