Autor Michael Theurillat hat einen Krimi über die Zürcher Finanzszene publiziert. Er weiss, wovon er schreibt: Er arbeitete bei Sarasin und UBS.


Michael Theurillat gehört zu den erfolgreichsten Krimiautoren der Schweiz, bereits sein letzter Roman «Sechseläuten» stand zuoberst auf der Bestsellerliste. 

Soeben erschien sein neustes Werk «Rütlischwur», das in der Zürcher Finanzszene spielt (hier auch eine E-Book-Version).

Theurillat, 50, arbeitete bis 2004 in der Finanzbranche, zuerst beim Bankverein, dann bei Sarasin, später als Managing Director im Asset Management von UBS.

Bild: Christian Lichtenberg


Herr Theurillat, Sie beendeten 2004 Ihre Karriere im Asset Management der UBS und wurden Krimiautor. Was war der Antrieb?

Es lässt sich nicht in einem Satz sagen, da kamen viele Aspekte zusammen. Einerseits hatte ich eine spannende Zeit auf der Bank, aber ich spürte auch eine gewisse Erschöpfung, gerade nach der Fusion von SBG und SBV zur UBS. Ich hatte den Wunsch nach einer Pause. Aber ich hatte keinen richtigen Ausstiegsplan, und ich ging auch nicht mit der Absicht, niemals zurückzukehren.

Spielte da schon die Ahnung eine Rolle, dass die goldenen Zeiten bald enden könnten?

Nein. Die Zeiten waren ja noch sehr golden, und wenn ich ehrlich bin, war ich keiner von denen, die es so früh gesehen hätten.

Wie waren die Reaktionen bei Ihrem Ausstieg? Was bekamen Sie öfter zu hören: «Du spinnst» – oder: «Du machst es richtig»?

Die Reaktionen waren sehr, sehr positiv. Fast von allen Seiten. Ich spürte sehr viel Goodwill. Das gab mir das Gefühl, dass es auch wieder ein Türchen zurück gäbe, wenn alles schief gehen sollte mit dem Krimikarriere. Natürlich, inzwischen kenne ich immer weniger Leute in der Branche.

Sie wurden zum Bestellerautor und haben inzwischen vier Romane verfasst. Kann man in der Literatur auch etwas lernen fürs Banking? Gibt es Lektionen, die auch in der Finanzbranche nützlich wären?

Beim Krimischreiben kaum. Aber eine zunehmend wichtige Einsicht scheint mir, wie entscheidend die Zusammenarbeit zwischen Menschen ist. Gut greifbar wird dies im Buch des Managementberaters Reinhard K. Sprenger, «Vertrauen führt». Die Einsicht dabei: Es braucht in Organisationen mehr gegenseitiges Vertrauen. Doch die Entwicklung läuft eher ins Gegenteil: Der ganze Aufbau der Compliance-Abteilungen beweist ja ein steigendes Misstrauen. Hier kommt ein ganz grosses Problem auf die Branche zu.

«Was wollen Sie in einer Bank? Es ist bald wie bei den Katholiken: Alles, was Spass macht, ist verboten»

In Ihrem neusten Roman «Rütlischwur» drückt ein Banker den Frust hübsch aus: «Was wollen Sie mit einer Bank? Es ist bald wie bei den Katholiken: Alles, was Spass macht, ist verboten.»

So ist es. Wir sind dabei, das wegzuregulieren was die Bankbranche stark gemacht hat – nämlich das Unternehmertum. Dafür zieht man sich Jasager heran. In vielen Funktionen können Sie nur noch Personen einsetzen, die kein Problem damit haben, rund um die Uhr kontrolliert zu werden. Da bleiben am Ende keine Unternehmer mehr. Solche Typen sind scharenweise ins Private-Equity- und Hedgefonds-Geschäft abgewandert, wo sie auch mehr verdienen. Denkt man dies weiter, so zeichnet sich eine andere Finanzindustrie ab, in der andere Parteien das Sagen haben. Dies hat ja auch schon begonnen. Im klassischen Banking dürfte es mehr und mehr zugehen wie in der Verwaltung.

So hat es mir mal ein Private Banker formuliert: «Früher gab es in der Branche ein gemeinsames Gefühl für Richtig und Falsch – etwas, was sich ausdrückte im Satz "Das macht man nicht". Heute ist dafür die Compliance-Abteilung zuständig.»

Ja, aber diese Überwachung funktioniert eben nicht. Früher gab es einen Ehrenkodex, und man wollte auch niemanden über den Tisch ziehen, dem man in die Augen sah. Das moderne Banking funktioniert viel stärker über anonyme Systeme. Also ist es anfälliger für Unfälle und Betrug. Wenn ich keiner konkreten Person verantwortlich bin, betrüge ich eher.

Was würden Sie tun?

Wenn ich eine eigene Bank oder ein eigenes Finanzunternehmen aufbauen könnte, so würde ich es klein halten. Ein entscheidender Faktor wäre, dass so ein Unternehmen nur so viele Partner hat, dass man einander ohne viel Papier vertrauen kann. In solchen Organisationsformen liegt für mich die Zukunft.

Würde Sie eine Rückkehr ins Banking reizen? Wann würde sie das reizen?

Spannend ist es natürlich immer, wenn grosse Herausforderungen anstehen. Ich erlebte so etwas, als all die derivativen Instrumente aufkamen. Das war wirklich grundlegend neu, plötzlich wurden auch viele Erkenntisse aus der Forschung umgesetzt. Heute steht das Banking vor ähnlich grossen Herausforderungen, bloss sind sie jetzt ganz anders gelagert – sie finden sich eher im moralischen und unternehmerischen Bereich.

Gerade jetzt muss sich die Branche ja neu erfinden.

Genau. Und da ich neben meiner Autorentätigkeit ein breites Beraterportefeuille habe, kann ich mich auch dort einbringen.

Sie beraten mehrere Pensionskassen.

Ja. Und dabei bin ich nicht konfrontiert mit all den Machtspielen, welche Zeit kosten und Geduld abverlangen. In vielen Banken gehört dies zum Job, aber mit zunehmendem Alter hat man weniger Lust, seine kostbare Lebenszeit mit solchen Übungen zu vergeuden.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.32%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.78%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.89%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.34%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.67%
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