Alles rätselt, was Christoph Blocher mit den Kontodaten der Familie des SNB-Präsidenten bezweckte. Dabei wäre ein anderer Aspekt wohl relevanter: Die Sache ist ein weiterer Schlag für den Finanzplatz Schweiz.

Den Sachverhalt brachten gestern die «NZZ und Sonntag» sowie die «Sonntagszeitung» ans Licht: Es war Christoph Blocher. Ausgerechnet der informelle SVP-Chef erhielt Informationen über Devisentransaktionen, die ihm den Verdacht nahelegten, dass Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand oder seine Frau Kashya Insidergeschäfte getätigt hatten.

Blocher informierte Mitte Dezember Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey, die nach Rücksprache mit Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf den Nationalbank-Präsidenten konfrontierte. Die Sache wurde umgehend durch zwei Instanzen untersucht, am Ende erhielt Hildebrand einen Persilschein – und der Bankrat der Nationalbank sprach dem Präsidenten eine Woche nach Blochers Intervention einstimmig das Vertrauen aus.

«...unabhängig ob eine Kundenbeziehung besteht»

Das riecht nach einer Polit-Operette erster Güte – immerhin war es Blocher, der vor ziemlich genau einem Jahr eine wochenlange Kampagne gegen Hildebrand gefahren hatte. Doch darob geht fast der Kernaspekt vergessen: Wir haben es hier offenbar erneut mit einem massiven Bruch des Bankgeheimnisses zu tun. Und erneut kam es zu einem Datenleck bei einer Schweizer Bank.

In Verdacht – so berichten «Sonntagszeitung» und «NZZ am Sonntag» ebenfalls unisono – gerät dabei die Bank Sarasin: Dort sollen sich die heiklen Hildebrand-Konten befinden. Sarasin kann dazu nicht Stellung nehmen: Das Bankkundengeheimnis verbiete es, «Fragen zu Kundenbeziehungen – unabhängig, ob eine Kundenbeziehung besteht oder nicht – zu beantworten», so die Antwort aus Basel.

Der Wurm steckt im Inneren

So oder so: Dass solch ein Leck den obersten Notenbanker der Schweiz betrifft, schlägt die Fantasie jedes Hintertreppen-Romanciers. Schon zuvor machte ausgerechnet das Land, das die finanzielle Privatsphäre so hoch zu halten scheint, im Monatsrhythmus mit spektakulären Bankdaten-Lecks von sich reden. Diese früheren Pannen mochten sich noch teilweise aus dem gewaltigen internationalen Druck erklären. Der Fall Hildebrand nun hat jedoch eine neue Qualität: Der Wurm steckt auch im Innern – und genau dieser Aspekt wird im Ausland weit stärker beachtet als die Rolle irgendeines Christoph Blocher.

«Zwitserse Bankenchaos»

«Es ist nicht vorgesehen, dass so etwas in der Schweiz passiert», schrieb der ehemalige Hedge-Fund-Manager Bruce Krasting auf dem US-Wirtschaftsportal «Business Insider» mit rund 7 Millionen Usern: «Diese Affäre belegt einen Punkt: Es gibt kein Geheimnis mehr im Schweizer Banking (weder für Aus- noch für Inländer). Wer immer noch daran glaubt, liegt schlicht falsch.» 

Im weiteren betonen die (feiertagsbedingt noch dünnen) internationalen Reaktionen einen anderen Aspekt: nämlich die Vermutung, dass der Schweizer Nationalbankpräsident Insidergeschäfte getätigt habe. Auch wenn dieser Verdacht stets mit Fragezeichen versehen wird, so stellt er nicht gerade ein gutes Attest für den Finanzplatz.

Das deutsche «Handelsblatt» versandte sein Finanz-Briefing heute mit der rhetorischen Frage «Insiderhandel der Zentralbanker-Gattin?». Die italienische «Repubblica» betitelte den Beitrag über den Fall mit: «Ombre sulla Banca centrale svizzera: Sospetti di insider trading». Und das niederländische Wirtschaftsportal «925.nl» setzte den glasklaren Titel: «Zwitserse bankenchaos: voorkennisschandaal én een lek bij een privébank».

Verdacht definitiv erhärtet

Kommt hinzu, dass im Blocher-Hildebrand-Skandal ausgerechnet das Haus Sarasin in ein trübes Licht gerät. Als in den letzten drei Jahren reihenweise bekannte Schweizer Finanzhäuser von Skandalen erschüttert wurden, konnten sich die Basler fern halten von den grossen Verdächtigungs- und Pannenfällen – um zugleich ihr Image der Nachhaltigkeit weiter zu polieren.

Zusammengerechnet zeichnet sich also ab: Wer zuvor schon das leise Gefühl hatte, dass die Banken in vielen Ländern längst diskreter und solider sind als in der Schweiz, dürfte diesen Verdacht nun mit noch mehr Grund hegen.

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.83%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.39%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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