Was sind Wealth Manager wert? finews.ch sprach mit Leo Schrutt, Executive Consultant bei FS Associates und Verwaltungsrat bei Parkside Invest.

Leo.SchruttHerr Schrutt, Sie stellen die Behauptung auf, dass der Unternehmenswert einer Vermögensverwaltungs-Firma gleich Null sei. Ist das nicht krass?

Natürlich ist die Aussage provozierend und so nicht richtig. Aber ich stelle fest, dass viele unabhängige Vermögensverwalter die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben und sich überschätzen.

Inwiefern?

Wenn ich mit Vermögensverwaltern spreche, so haben diejenigen, welche sich zur Ruhe setzen möchten und ihr Unternehmen verkaufen wollen, noch Preisvorstellungen wie vor der Finanzkrise. Dabei berücksichtigen sie nicht, dass mit der Weissgeldstrategie niemand mehr alle Assets übernehmen will. Raiffeisen liefert mit der Übernahme von Wegelin ein gutes Beispiel. Kommt hinzu, dass der Regulierungsdruck und damit die Kosten massiv steigen.

Wie bewertet man eine Vermögensverwaltungsfirma?

Es gibt viele Methoden, wie DCF (Anmerkung der Redaktion: DCF = Discounted Cash Flows), aber bei Dienstleistungen ist das schwierig. Am gängigsten ist wohl, dass man bei den verwalteten Vermögen ansetzt, technisch spricht man von Multiples – meist auf die Erträge oder Einkünfte über einen bestimmten Zeitraum oder auf die verwalteten Vermögen. Wenn man zum Beispiel 1 Prozent der Vermögen als Managementgebühr einsetzt.

Retrozessionen sind definitiv ein Auslaufmodell und werden von der Finanzmarktaufsicht nicht mehr toleriert werden. Wenn also ein Vermögensverwalter 400 Millionen Franken an Kundengeldern verwaltet und somit 4 Millionen Franken Ertrag pro Jahr generiert, so kann man nach Abzug der Kosten etwa 3 Jahreserträge rechnen. Aber niemand legt den Kaufpreis in Form von Cash auf den Tisch. Da wird über Jahre abgerechnet und es werden Bedingungen, wie zum Beispiel Kundentreue, gestellt.

Was machen die Vermögensverwalter falsch?

Der klassische Vermögensverwalter war Anlageberater bei einer Bank und hat sich dann mit ein paar Kunden selbständig gemacht. Seine Rechnung war sehr einfach und er musste eigentlich nie unternehmerisch denken, denn er hat gutes Geld verdient.

Heute ist sein Gegenüber eine Erbengeneration, welche mehr Finanzmarktkenntnisse hat und performance-bewusster wird, speziell im gegenwärtigen Marktumfeld und nach Steuern. Zweitens steigt der Druck auf die Margen und der massiv steigende Regulierungsdruck verursacht hohe Kosten. Drittens liegt oft die IT und / oder die Anlagestrategie im Argen. Auch hier heisst dies höhere Kosten.


«Eine Nachfolgeregelung braucht Jahre»


Ist nicht auch ein Generationenwechsel bei den Vermögensverwaltern angesagt?

Ja, genau. Und hier setzten wir bei FS Associates an. Die Erfahrung zeigt, dass eine Nachfolgeregelung beziehungsweise eine Strategieplanung mehrere Jahre Zeit braucht.

Wieso ist das so schwierig und zeitraubend?

Zunächst ist der mentale Prozess zu nennen. Loslassen ist nicht einfach. Dann ist das höchste Gut eines Vermögensverwalters sein Kunde. Diesen möchte er auch in Zukunft beziehungsweise nach seinem Ausscheiden gut betreut wissen. Wir sprechen von langjährigen, freundschaftlichen Beziehungen. Dann muss das Unternehmen analysiert werden – Kernfrage: Wie steigert man den Unternehmenswert, und zwar so, dass er auch realisiert werden kann? – und die optimale Nachfolgeregelung muss individuell gefunden werden.

Welche Varianten gibt es da?

Der Unternehmensverkauf ist nur eine. Man kann die Kunden an die Depotbank «zurückgeben». Von da kommen sie ja meistens. Man kann einen Nachfolger einführen und ihm das Business übergeben. Dazu gibt es viele Untervarianten. Aber ganz entscheidend ist, dass man die Braut fit macht, also den Unternehmenswert optimiert.


«Es ist bisweilen ein schmerzlicher Prozess, wenn man dem Patron den Spiegel vorhält»


Und wie kann da FS Associates helfen, den Unternehmenswert zu steigern?

Wir sind ein interkontinentales Netzwerk von Leuten, welche allesamt langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung haben. Es ist ganz wichtig, dass der Vermögensverwalter neutral und objektiv beraten wird. In meiner Erfahrung ist es zuweilen ein schmerzlicher Prozess, wenn man dem Patron den Spiegel vorhält. Klar ist die Depotbank an der Übernahme der Assets interessiert, aber dies ist nicht unbedingt im Sinne des Vermögensverwalters.

Bei einer Übernahme durch einen anderen Vermögensverwalters stehen sich Käufer und Verkäufer gegenüber. Da klaffen dann schon mal eklatant unterschiedliche Preisvorstellungen aufeinander. Zudem muss die Philosophie stimmen. Wir reden nicht von einer Commodity, wir sprechen von einer Beratungsdienstleistung und damit von einem der wichtigsten Aspekte: Vertrauen.


«Der unabhängige Vermögensverwalter muss sich neu erfinden»


Ihr Kollege Markus Walliser hat in einem Interview behauptet, dass sich die Anzahl Vermögensverwalter massiv steigern wird. Wenn man Ihnen zuhört hat man eher den gegenteiligen Eindruck.

Im Gegenteil; der Bedarf an unabhängigem Ratschlag wird zunehmen. Das haben sich die Banken selbst zuzuschreiben. Auf die Gefahr hin, mir ein paar Feinde zu machen: Anlageberater bei Banken sind nicht selten zu Produkteverkäufern degeneriert.  Das merkt der Kunde langsam und ist unzufrieden. Er wechselt die Bank oft nur aus dem Grunde nicht, weil er – teilweise zu Recht – vermutet, dass die anderen Banken auch nicht besser sind.

Da passt die kleine Boutique sehr gut ins Bild. Unabhängige Beratung, ohne Verkaufsdruck und der Kunde behält seine Depotbank. Aber der unabhängige Vermögensverwalter muss sich neu erfinden und die Professionalität massiv steigern. Er muss nachvollziehbar einen Mehrwert für den Kunden erzielen.

Und die Gretchenfrage ist: Wem «gehört» der Kunde? Etwa der Depotbank, welche an den Transaktionen und Produkten Geld verdient oder dem Berater und Betreuer; also dort, wo der vermutete Mehrwert generiert wird? Der Kunde beantwortet diese Fragen definitiv mit: «Ich gehöre niemandem.»


«Die Branche hat in letzter Zeit leider etwas gesündigt»


Ist es nicht einfach so, dass der Kunde schlicht Geld verdienen will?

Die Rendite ist enorm wichtig, da stimme ich zu. Aber zuoberst steht der Kapitalerhalt. Dann kommen uralte Werte hinzu wie Vertrauen und Sicherheit. Hier hat die Branche in letzter Zeit leider etwas gesündigt. Das Portfolio, die Anlageprodukte, wie zum Beispiel Fonds, kommen aus Kundensicht erst am Schluss und interessieren den Kunden im Grunde genommen gar nicht. Er geht davon aus, dass sein Berater diese mit seinem Fachwissen analysiert hat.

Sie haben in einem Interview gesagt, Einzeltitel seien das «Salz in der Suppe» der Anleger. Haben Sie Ihre Meinung geändert?

Da muss ich schmunzeln. Es gibt Unverbesserliche. Heute gibt es ja nicht nur Day Trader, sondern schon Nano Trader. Oder, wer glaubt, mit irgendwelchen kurzfristigen so genannt heissen Aktien Geld zu verdienen, sollte über die Bücher gehen. Die Rendite wird mit einer schlauen Anlagestrategie erwirtschaftet, mit guter Beratung des Vermögensverwalters und nicht mit kurzfristigen Switches von Titeln. Letzteres ist Zufall - und wer will sein Geld schon dem Zufall überlassen?


finews.ch wird die Diskussion der 5 Thesen von FS Associates weiterführen. Die nächste These von Markus Walliser:  «Die Gretchenfrage im Vermögensverwaltungsgeschäft: Wem gehört der Kunde?» wird Anfang Juni erscheinen.


Das Gespräch mit Markus Walliser, Executive Consultant von FS Associates, finden Sie unter diesem Link: «Anzahl unabhängiger Vermögensverwalter wird sich verdoppeln».

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