Führen unabhängige Institutionen zu Wohlstandseinbussen? Zugegeben eine Fangfrage. Aber zum Thema gibt es mittlerweile ein interessantes Arbeitspapier.

Martin_Hess_119x168Von Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik, Schweizerische Bankiervereinigung

Führen unabhängige Institutionen zu Wohlstandseinbussen? Zugegeben eine Fangfrage.

Insbesondere wenn man sich über die Bedeutung der Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank im Klaren ist, auf die Raphael Vannoni in diesem Blog verschiedentlich hingewiesen hat. Die Unabhängigkeit der Notenbank ist zentral für das wirtschaftliche Wohlergehen jedes Landes.

Hierzu muss aber sichergestellt sein, dass die Notenbank nur mit Aufgaben mandatiert werden darf, für deren Ausübung sie nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt wird oder die im Zielkonflikt mit Instrumenten zur Sicherstellung der Preisstabilität stehen.

Die internationale Politikdiskussion um die zweckmässige Aufgabenzuordnung im makroprudentiellen Bereich läuft auf Hochtouren. Dass sich nun auch die Wissenschaft bemüht, hier den Rückstand auf die Praktiker wettzumachen (Beitrag vom 17. April 2012), sieht man daran, dass die Literatur dazu förmlich explodiert.

Viele wissenschaftliche Beiträge liefern die erwarteten Ergebnisse und stärken der aktuellen Politik den Rücken. Ab und zu wird aber wirklich Überraschendes aufgetischt. Zuletzt aus der Küche der Forschungsabteilung des IWF.

Kenichi Ueda und Fabián Valencia haben in ihrem Arbeitspapier aufgezeigt, dass sich die gleichzeitige Ausübung von Geldpolitik und makroprudentieller Aufsicht bei einer unabhängigen Behörde negativ auf den Wohlstand auswirken kann. Grund dafür ist, dass eine Zentralbank mit einem dualen Mandat der Preis- und Finanzstabilität die Inflation nicht mehr optimal bekämpft, da sie dort noch nachkorrigieren kann.

Im Fall einer Finanzkrise hingegen nicht. Voraussetzung zur Erreichung des Wohlstandsoptimums sei deshalb die Aufteilung der Verfolgung von Preis- und Finanzstabilitätsziel durch eine unabhängige geldpolitische Behörde und einen nicht unabhängigen makroprudentiellen Regulator.

Selbstverständlich werden für die zukünftige institutionelle Ausgestaltung der makroprudentiellen Politik weitere Forschungsresultate und zahlreiche Schweiz spezifische Faktoren berücksichtigt werden müssen. Der Artikel zeigt auch keineswegs, dass in der Schweiz bislang eine institutionelle Weiche falsch gestellt worden wäre.

Eine unvoreingenommene, faktenbasierte Diskussion tut aber Not. Ich bin dezidiert der Meinung, dass sich bei den gegenwärtigen Umwälzungen im Finanzbereich die Forderungen nach einem Wegfall von Denkverboten nicht ausschliesslich auf gewisse Businessmodelle von Geschäftsbanken beziehen dürfen