Marco Illy, Investmentbanking-Chef der Credit Suisse in der Schweiz, weiss von rund einem Dutzend Privatbanken, die derzeit einen Partner oder Käufer suchen.

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Gründe für diese Situation gebe es mehrere, sagt Marco Illy (Bild) in einem Interview mit der «Handelszeitung» (online nicht verfügbar). «Es ist die Suche nach den Skaleneffekten, vor allem seit die Kosten steigen und die gesetzlichen Auflagen immer strenger werden», so der Vice Chairman Investmentbanking Schweiz bei der Credit Suisse (CS).

Informatik, Compliance, Back-Office, überall steige der Aufwand. Kleinere Privatbanken müssten sich gut überlegen, wie sie das im Alleingang stemmen könnten, erklärt Illy weiter.

Mindestens vier Börsengänge in den nächsten zwölf Monaten

Auch an der Börsenfront ortet Illy einige spannende Entwicklungen: «Über die nächsten zwölf Monate sehe ich in der Schweiz mindestens vier Börsengänge in Vorbereitung, und etwa acht im Verlauf der nächsten zwei Jahre.»

Dies seien ermutigende Zeichen und der Beweis dafür, dass die Anleger willens seien, sich bei einzelnen Firmen zu engagieren respektive bei Kapitalerhöhungen mitzumachen. Dies sei 2010 und 2011 kaum der Fall gewesen.

Langfristige Wachstumsbranche

Befragt nach der gegenwärtigen Verfassung der Investmentbanking-Branche sagt Illy: «Unser Geschäft war schon immer sehr zyklisch, weil es unmittelbar auf die konjunkturelle Entwicklung reagiert. Darum werden in unserer Branche immer wieder Stellen auf- aber auch abgebaut. Doch langfristig gesehen, bleibt das Investmentbanking eine Wachstumsbranche.»

Angesprochen auf den intensiven Arbeitseinsatz in seinem Beruf, sagt Illy weiter, es werde tatsächlich viel gearbeitet in der Branche, vor allem auch, weil sich wenig vorausplanen lasse. Wenn zwei Unternehmens-Chefs beschliessen, ihre Firmen zu fusionieren, und die CS als Investmentbank am Samstag dafür kontaktiert werde, könne er nicht wie sein Zahnarzt sagen, rufen Sie mich bitte nächste Woche wieder an, erklärt der Investmentbanker.

«Unsere Arbeit ist von vielen exogenen Faktoren abhängig, auf die man überhaupt keinen Einfluss hat», so Illy.

Mitarbeiter sollen sparen

Dass er als Investmentbanker sehr viel verdient, stört ihn nicht. Nach einem guten Jahr sage er jeweils auch zu seinen Leuten, sie sollten ihren Bonus für schlechte Zeiten auf die Seite legen.

Ausserdem weist Illy darauf hin, dass das Investmentbanking nur zwei Produktionsfaktoren habe, die erst noch extrem flüchtig seien: Kapital und Personal.

«Wir brauchen Topleute, um unsere Klienten kompetent beraten zu können. Wenn man die besten Mitarbeiter längerfristig halten will, muss die Salärstruktur auch kompetitiv sein», sagt Illy weiter.

Seit 1989 im Sold der Credit Suisse

Gleichzeitig verlangten jedoch auch die Aktionäre eine entsprechende Rendite auf ihr Kapital, sonst würden sie woanders investieren. Deshalb müsse zwischen den Gehältern und den Ertragserwartungen der Eigentümer eine Balance herrschen. «Das ist nicht immer einfach und erklärt denn auch die ganze Lohndebatte», stellt Illy fest.

Illy, der seit seinem Studienabschluss im Jahr 1989 bei der CS arbeitet, betont überdies, dass er ein vitales Interesse daran habe, dass seine Mitarbeiter längerfristig denken und dem Risiko einen gewissen Respekt entgegen bringen würden.

«Ich weiss, wie wichtig es ist, langfristig zu denken. Ich bin seit 25 Jahren in diesem Geschäft und habe in dieser Zeit einige Zyklen durchgemacht. Wäre ich allzu grosse Risiken eingegangen, stünde ich nicht da, wo ich jetzt bin», sagt der 52-jährige Illy.

Erstaunt über Verlust bei J.P. Morgan

Angesprochen auf den kürzlich bekanntgegebenen Milliardenverlust bei J.P. Morgan sagt Illy: «Ohne den Fall im Detail zu kennen, ist er insofern erstaunlich, als es um die Bewirtschaftung der Nettoliquidität einer Bank handelt. Typischerweise versuchen Banken diese Liquidität ertragsbringend in liquiden Anlagen zu investieren ohne dabei grössere Risiken einzugehen.»

In diesem Fall habe man anscheinend versucht, Zusatzerträge mit der Hilfe von illiquideren und riskanteren Derivatinstrumenten zu erwirtschaften.

Neue strategische Stossrichtung

Ob ein solcher Verlust auch der Credit Suisse widerfahren könnte, sagt Illy: «Seit der Finanzkrise haben wir eine neue strategische Stossrichtung im Investmentbanking eingeschlagen. Sie ist kundenorientiert, und der Eigenhandel wurde abgebaut. Wir gehen somit deutlich weniger Risiken ein. Unsere Strategie zielt heute klar darauf ab, Aufträge und Mandate unserer Kunden abzuwickeln. Risikopositionen, die wir zur Abwicklung eines Geschäfts eingehen, wälzen wir im Markt ab.»


Marco_Illy_qMarco Illy zählt zu den Schweizer Investmentbankern mit der längsten Erfahrung. Nach seinem Studium an der Hochschule St. Gallen stiess er 1989 zur Credit Suisse, wo er eine steile Karriere machte. Illy war massgeblich an zahlreichen wichtigen Transaktionen beteiligt, etwa bei Nestlés Übernahme von Ralston Purina oder beim Verkauf von Alcon an Novartis.

Im Kapitalmarkt verantwortete er eine Vielzahl von Transaktionen, darunter für den Bund auch den Verkauf seiner UBS-Beteiligung oder die finanzielle Rekapitalisierung von Konzernen wie Zurich, Swiss Life oder ABB. Ebenso war Illy bei zahlreichen Börsengängen involviert, etwa bei Geberit, Barry Callebaut und der Partners Group.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.19%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.97%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.42%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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