Ansprüche verteidigen und Finanzbedarf durch Umverteilung decken: Das betreiben wir in der Schweiz längst auch, schreibt Martin Hess von der Bankiervereinigung

Martin_Hess_119x168Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Der Wahlerfolg der Linkspopulisten in Griechenland vom 6. Mai 2012 wurde mit heftigem Kopfschütteln im Ausland zur Kenntnis genommen. Zu verlockend waren für den Wähler aber deren politische Versprechungen:

• Ansprüche verteidigen: Verbleib im Euro.

• Finanzbedarf durch Umverteilung decken: Finanzielle Schieflage nicht durch Sparen bekämpfen, sondern Sanierung durch Solidarität des besserverdienenden Deutschlands.

Allenorts herrscht Einigkeit, dass dieses Wunschprogramm nicht nachhaltig sein kann. Das Unverständnis tut den Wahlchancen der Partei bei den Wahlen vom Wochenende jedoch keinen Abbruch.

Populismus ist aber nicht das ausschliessliche Privileg der Griechen. Auch hierzulande werden sich in Zukunft Finanzlöcher auftun, weil versprochene Leistungen nicht adäquat finanziert sind, beispielsweise bei der zweiten Säule aufgrund tiefer Anlagerenditen und steigender Lebenserwartung bei gleichbleibenden Leistungen.

Unter diesen Voraussetzungen erachte ich die Anwendung des Rezepts der griechischen Linkspopulisten auf die berufliche Altersvorsorge genauso wenig opportun. Angewendet auf unser Pensionskassensystem könnte dies so aussehen:

  • Ansprüche verteidigen: Unverändertes Rentenalter.
  • Finanzbedarf durch Umverteilung decken: Drohende Unterdeckung nicht durch Anpassung des Umwandlungssatzes, sondern durch Solidarität der Besserverdienenden abwenden.

Was wir andernorts als verantwortungslos bezeichnen, scheint für Herausforderungen in der Schweiz zuweilen gerade recht zu sein. Wurde doch eine Anpassung des Umwandlungssatzes im letzten Jahr an der Urne verworfen, gewisse Pensionskassen mit öffentlichen Geldern saniert und der obligatorische Teil aus dem Überobligatorium quersubventioniert.

So hoffe ich doch sehr, dass der Bundesrat die vernünftigen Stimmen aus der Anhörung zum Bericht über die Zukunft der zweiten Säule hört. Eine altersschwache zweite Säule oder eine Konstruktion nur aus der ersten und dritten Säule vermögen das schützende Dach unserer Altersvorsorge nicht zu tragen.