Markus Gonseth, VR und CEO der Infidar, über die Zukunft der unabhängigen Vermögensverwalter, die Versäumnisse der Banken und das Verhältnis zu Julius Bär.

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Herr Gonseth, die anhaltend schwierige Situation in der Schweizer Finanzbranche setzt auch den unabhängigen Vermögensverwaltern zu. Manche kämpfen ums Überleben. Wie ist Infidar davon betroffen?

Als einer der grössten Drittverwalter der Schweiz war es uns möglich, die Entwicklungen zu antizipieren und rechtzeitig Massnahmen zu ergreifen, um dem neuesten Industriestandart mit eigener Compliance, Crossborder-Kontrollen und Portfolio Management Controlling zu entsprechen. Daher sind wir in der heutigen Zeit sehr gut aufgestellt.

Welches sind die Faktoren, die Ihr Geschäft jetzt beschleunigen, wo liegen die Schwierigkeiten im aktuellen Umfeld?

Wir stellen vor allem bei grösseren Kunden einen gewissen Frust über die Banken fest. Sie sind es leid, dass immer noch eigene Produkte gegen hohe Gebühren verkauft werden. Auch eine klare Meinung ist oft nicht zu erhalten. Darum nehmen immer mehr Kunden den Dienst einer unabhängigen Firma in Anspruch.

Infidar ist eine Tochtergesellschaft der Bank Julius Bär. Ist damit Ihre Unabhängigkeit überhaupt gewährleistet?

Julius Bär ist für uns ein sehr zuverlässiger und grosser Aktionär. Durch unseren strukturierten Anlageprozess mit unserem Investment Council Board, dem bekannte externe Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, wie die Professoren Klaus Wellershoff, Bert de Groot und Lord Latymer, angehören sowie mit unserem eigenen Portfolio-Management und unserem CIO sind wir in unserer Anlagestrategie und der Auswahl der Produkte völlig unabhängig.

Müssen Ihre Kunden Julius Bär als Depotbank nehmen?

Unsere Kunden können völlig frei die für sie beste Depotbank auswählen. Dies zeigt die grosse Freiheit, die wir von unserem grössten Aktionär geniessen dürfen. Gleichzeitig hilft es uns aber, vor allem bei grossen Kunden, dass wir eine so grosse und angesehene Gruppe hinter uns haben.

Bleiben diese Besitzverhältnisse gleich, oder kommt es im Zuge des generellen Umbruchs in der Branche auch da zu Veränderungen?

Unser Hauptaktionär hat keine Absicht, an den Besitzverhältnissen etwas zu ändern.

Suchen Sie noch Personal?

Wir sind für die Zukunft sehr gut gerüstet und suchen immer gute Mitarbeiter die bereit sind, unternehmerisch zu arbeiten und die Firma weiterzubringen. Gleichzeitig sind wir auch bereit, mit anderen Drittverwaltern enger zusammenzuarbeiten.

Bauen Sie aus Kostengründen auch ab, wie das derzeit viele andere Finanzinstitute auch tun?

Wir investieren in die Zukunft und bauen bei guten Gelegenheiten eher aus.

Seit das klassische Offshore-Banking mehr oder weniger der Vergangenheit angehört braucht es neue Wachstumsmärkte? Welche Bereiche sind das für Sie? Wo liegen Sie?

Unser Wachstumsmarkt ist Osteuropa, den wir aus der Schweiz gut bedienen können. Gleichzeitig bleiben aber der Schweizer und deutsche Markt für uns sehr wichtig.

Welche Massnahmen haben Sie getroffen, um die Schwarzgeld-Problematik zu beheben?

Wir ermuntern unsere Kunden schon seit einigen Jahren, sich dieser Problematik zu stellen und haben entsprechende Kontrollen etabliert.

Der Schweizer Finanzplatz hat in den letzten Jahren viel von seinem Nimbus eingebüsst. Viele (ausländische) Kunden sind verunsichert, ob die Schweiz als Banken- und Finanzplatz noch geeignet ist. Was sagen Sie in diesem Zusammenhang Ihren Kunden, die so fragen?

Durch ihre langjährige Erfahrung im internationalen Anlagegeschäft hat die Schweiz gegenüber anderen Finanzplätzen einen Vorsprung. Auch die detaillierten Depot-Auszüge von Schweizer Banken helfen dem Kunden, seine Anlageentscheide besser fällen zu können als die Auszüge der ausländischen Konkurrenz. Die anderen Bankenplätze sind zudem mit Kostensteigerungen konfrontiert, so dass auch hier in Zukunft kein grosser Nachteil bestehen wird.

Wie wird sich die Schweizer Bankenlandschaft in fünf Jahren präsentieren? Wie viele Banken wird es dann noch geben?

Die Anzahl Banken in der Zukunft zu bestimmen, ist wie ein Blick in die Glaskugel. Es werden aber nur Banken und Drittverwalter überleben, die den neuesten Anforderungen entsprechen können und die Finanzkraft haben, die zusätzlichen Kosten durch eine solide Anlagepolitik inklusive Performance und entsprechendes Volumen zu bewältigen.


Markus_Gonseth_4Markus Gonseth startete seine Berufskarriere mit einer klassischen Banklehre bei Rüd Blass in Zürich, bevor er rund zwanzig Jahre in der Romandie hängen blieb, wo er zunächst nur hatte sein Französisch etwas aufpolieren wollen.

Von 1977 bis 1980 arbeitete er bei der Banque de Paris et des Pays-Bas (Suisse), als Euromarkt-Händler, Ringhändler, Berater institutioneller Anleger sowie im Emissionsgeschäft.

Von 1980 bis 1985 war bei der Deutsche Bank (Suisse) in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung tätig. Danach wechselte er zur Firma Arges in Genf. Von 1990 bis 2000 war er bei der AIG Privat Bank Leiter der Filiale Genf, Leiter Private Banking Zürich sowie Mitglied der Geschäftsleitung.

Im Jahr 2000 ging er ins Private Banking der Bank Julius Bär und wurde Mitglied der Geschäftsleitung; 2007 wechselte er zur Infidar Vermögensberatung, wo der 57-jährige Bankfachmann heute CEO und Mitglied des Verwaltungsrats ist.

 

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