Die Schweiz werde langfristig nicht um den automatischen Informationsaustausch herumkommen, befürchtet Ralph Stadler von Martin Ebners BZ Bank.

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Herr Stadler, das Schweizer Bankkundengeheimnis gerät immer stärker unter Druck. Verfolgt die Schweiz die richtige Taktik?

Die offizielle Schweiz hat sich zu lange darauf versteift, den Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung aufrecht zu erhalten. Sie hat auch die Zeichen der Zeit zu spät erkannt, und in der Folge den Forderungen aus den USA und dem europäischen Raum nach Lieferung von Kundendaten leichthin nachgegeben. Das hat zu einem massiven Vertrauensverlust geführt.

Nun sprechen auch Vertreter von bürgerlichen Parteien einer Aufweichung des Bankgeheimnisses das Wort!

Es gehört zu den typisch schweizerischen Tugenden und auch Stärken, dass die Privatsphäre gewahrt wird, und das sollte auch so bleiben. Es geht hier nicht nur um das eigentliche Bankkundengeheimnis, sondern generell um den vertraulichen Umgang mit Daten und Informationen von Dritten. Die Vertraulichkeit von persönlichen Daten findet dann keinen Schutz mehr, wenn es um die Verfolgung von strafrechtlich relevantem Verhalten geht.


«Der Druck der EU wird noch zunehmen»


Was halten Sie vom automatischen Informationsaustausch, den die EU am liebsten auch mit der Schweiz einführen möchten?

Ein automatischer Datenaustausch widerspricht dem grundsätzlichen schweizerischen Rechtsempfinden. Es gibt aber auch in der Bankenwelt befürwortende Stimmen, und der Druck der EU in diese Richtung wird zunehmen.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser kommt?

Es ist zu befürchten, dass die Schweiz längerfristig nicht um einen automatischen Datenaustausch herumkommen wird.

Und welches wären die Konsequenzen für den Finanzplatz Schweiz?

Für Kunden, welche bisher auf den Schutz der Privatsphäre setzten, wäre dann der Finanzplatz Schweiz weniger attraktiv.

Wie sieht der Bankenplatz Schweiz in zehn Jahren aus?

Die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz wird massgeblich bestimmt sein durch Rahmenbedingungen wie Rechtssicherheit und gelebte Souveränität unseres Landes. Wankelmut mit Bezug auf diese beiden Grundpfeiler ist Gift für die schweizerische Volkswirtschaft. Bildungsniveau, Arbeitsethos und Infrastruktur sind zweifellos Faktoren, die auch für den Bankenplatz zuversichtlich stimmen.


«Das Offshore-Banking ist überholt»


Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Die grossen Herausforderungen sehe ich auf der Kostenseite. Das überholte Modell des Offshore-Banking hat zu einem Kastendenken geführt, das weit übersetzte Löhne durchgesetzt hat. Der «Banker» wird wieder zum «Bankbeamten» mutieren müssen.

Ist das Festhalten unserer beiden Grossbanken am Investmentbanking zukunftsträchtig, oder ist eine Aufspaltung respektive Abtrennung dieses Geschäftsbereichs lediglich eine Frage der Zeit?

Bei der BZ Bank haben wir immer die Meinung vertreten, dass die Asymmetrie des spekulativen Investmentbanking früher oder später zum Untergang auch grösster Banken führen könnte. Es kann nicht sein, dass bei einer erfolgreichen Spekulation der Gewinn als Bonus an Angestellte verteilt wird, während ein Verlust dem Aktionär belastet wird. Es ist schon erstaunlich, wie lange sich dieses unfaire Geschäftsmodell halten konnte.


 «Der gesunde Menschverstand bleibt auf der Strecke»


Inwiefern hat sich die Geschäftstätigkeit der Banken auf dem Finanzplatz Schweiz in den letzten Jahren geändert?

Bis vor wenigen Jahren konnte man in der Schweiz auch die grössten Transaktionen per Telefon oder per Handschlag abschliessen. Heute braucht es dazu vielseitige auf Englisch abgefasste Verträge nach angelsächsischem Muster. Ein Kundenberater darf kein Geschäft mehr abschliessen, bevor es nicht von der Compliance-Abteilung genehmigt worden ist. Ebensowenig kann er eine neue Geschäftsbeziehung eingehen, ohne dass dies von der Compliance abgesegnet wird.

Mit welchen Konsequenzen?

Auf der Strecke bleiben der gesunde Menschenverstand, das Verantwortungsbewusstsein und der Anreiz zu einem integren Verhalten. Das schmälert auch das gegenseitige Vertrauen der Finanzmarktteilnehmer, wobei sich auch hier die persönliche Note der Geschäftsbeziehung für die kleineren Banken als Vorteil erweisen kann.


«Die Nationalbank bringt sich vermehrt ins Spiel»


Wie hoch stufen Sie den Druck seitens des Staates, der Nationalbank und der Aufsichtsbehörde auf die Grossbanken ein, um das Thema «too-big-to-fail» zu entschärfen?

Der schon hohe Druck wird weiter zunehmen, zumal sich in jüngster Zeit die Nationalbank vermehrt ins Spiel gebracht hat und der Aufsichtsbehörde, der Finma, Konkurrenz macht. Auch politisch liefert das Thema genügend Stoff für Parlamentarier und Bundesverwaltung. Die verabschiedeten Gesetzesvorlagen und die beschlossenen Erlasse der Finma entschärfen das Problem der starken Gewichtung der beiden Grossbanken aber nicht wirklich.

Wo liegen die (Überlebens-)Chancen kleinerer Finanzinstitute wie der BZ Bank?

Investmentboutiquen wie die BZ Bank haben durchaus Überlebenschancen. Nischenstrategien können in allen – selbst wettbewerbsintensivsten – Märkten erfolgreich sein. Bei kleineren Banken sind langjährige, mit dem Institut verbundene Mitarbeiter Garant für eine persönliche Geschäftsbeziehung und für ein besseres Verständnis für Nachfolgeregelungen und Generationenwechsel.

Kleinere Banken können auch besser auf die individuellen Bedürfnisse von Kunden eingehen und ihnen massgeschneiderte Lösungen anbieten. Weil die Kosten für Informationsbeschaffung dank Internet extrem gesunken sind, können kleinere Banken zudem in gewissem Masse den überproportionalen Aufwand kompensieren, den der stark ansteigende Regulierungsdruck bei ihnen verursacht.

Weshalb ist die BZ Bank überhaupt noch eine Bank und bezeichnet sich als solche?

Auch wenn die BZ Bank nicht im bilanzwirksamen Geschäft tätig ist, wurde sie nicht zuletzt als Bank gegründet, weil die Kunden Wert auf den Status eines bewilligten und überwachten Institutes legen. Das ist immer noch der Fall. Die BZ Bank will ein verlässlicher Geschäftspartner sein und daher die gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen an eine Bank erfüllen.


«Pläne für neue Publikumsfonds stehen bereit»


Die BZ Bank hat vor geraumer Zeit drei Fonds initiiert. Hat der mässige Erfolg, gemessen an Grösse und Volumen, die Pläne, weitere Fondsideen zu lancieren, durchkreuzt?

Bei der Lancierung der BZ Fonds haben wir ursprünglich auf den Standort Schweiz gesetzt – im Nachhinein fälschlicherweise, weil es bis heute nicht zu einem Abkommen mit der EU über den freien Vertrieb von Fondsanteilen gekommen ist. Die BZ Bank hat keine Retailkunden, und die erzwungene Beschränkung auf den Schweizer Markt war nicht förderlich für den Vertrieb. Zufrieden sind wir hingegen mit der Performance, insbesondere der Themenfonds, auch wenn der Infrastrukturbereich wegen der unter Druck gekommenen Energietitel gelitten hat.

Mässige Voraussetzungen für einen Erweiterung des Fondsangebots!

Ein Ausbau der Palette an Publikumsfonds, also von zusätzlichen Teilfonds des jetzt in Luxemburg domizilierten BZ Equity Fund, ist vorbereitet. Stark ausgebaut hat die BZ Bank das Geschäft mit nicht öffentlich vertriebenen kollektiven Kapitalanlagen für Private-Equity-Beteiligungen. Diese sind aber den Kunden der Bank vorbehalten.


«Martin Ebner ist unser Sparringpartner»


Martin und Rosmarie Ebner halten unverändert eine Beteiligung von 60 Prozent an der BZ Bank. Martin Ebner ist weder Verwaltungsrat noch Mitglied der Geschäftsleitung. Was ist seine Rolle?

Wie bei seinen anderen Beteiligungen nimmt Herr Ebner seine Interessen und Pflichten als Aktionär auch bei der BZ Bank wahr und fordert von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung einen entsprechenden Einsatz für die Entwicklung der Bank. In diesem Sinne würde ich ihn als «Sparring Partner» bezeichnen. Dabei steht er uns auch als Berater zur Verfügung.

Was halten Sie von Bankaktien? In den letzten Jahren konnte der Anleger mit diesen ja nur Geld verlieren, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen.

Es ist immer noch attraktiver, leitender Mitarbeiter einer Grossbank statt Aktionär einer Grossbank zu sein. Solange die Anreizstrukturen nicht entsprechend korrigiert werden, wird das auch so bleiben. Zudem ist nach den Skandalen der letzten Jahre das Vertrauen der Anleger in die Führungsorgane der Banken stark geschwunden.


«US-Banken dürften Potenzial haben»


Aber Bank ist nicht gleich Bank. So gibt es durchaus Bankaktien, die erfolgversprechend sind. So beispielsweise Aktien von ausländischen Banken, die sich auf das Retailbanking konzentrieren. Aber auch das Potenzial der amerikanischen Banken dürfte nach der Erholung des Immobilienmarkts in den USA erheblich sein.


Ralph_Stadler_qRalph Stadler ist ein Urgestein im Hause Ebners. Er ist seit 1993 in diversen Chargen für die BZ Bank mit Sitz in Wilen/Wollerau (SZ) tätig. Er ist Teilhaber und Sprecher der BZ Bank

Der 1960 in Montreal geborene Schweiz-kanadische Doppelbürger arbeitete nach seiner Tätigkeit bei der Fondsverwaltungsgesellschaft der damaligen SBG als Legal Advisor und Corporate Finance Officer im Fondsbereich der ED&F Man Gruppe.  

 

 

 

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.9%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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