Die Krise und die Angriffe aufs Bankgeheimnis bedrohen jeden fünften Finanz-Job. Von Hans Kaufmann.

Hans Kaufmann

Hans Kaufmann ist Ökonom, Nationalrat und Gründer des Finanzdienstleisters Kaufmann Research. Bis 1999 arbeitete der Ökonom bei der Bank Bär, zuletzt als Chefökonom.

Das Vermögensverwaltungsgeschäft, dessen Anteil am Bruttoinlandprodukt (BIP 2008: 532 Milliarden Franken) in seinen Glanzzeiten wohl zwischen 6 bis 8 Prozent lag, dürfte in Zukunft ohne Neukunden und bei Ausbleiben einer deutlichen Kurserholung an den Kapitalmärkten nur noch zwischen 3 und 5 Prozent zum BIP beitragen.

Damit einhergehen wird ein substantieller Verlust von hochwertigen Arbeitsplätzen, aus denen nicht nur hohe Steueraufkommen, sondern bisher auch überdurchschnittlich hohe Beiträge an die Sozialversicherungen resultierten.

Die AHV braucht die Hochverdiener – nicht umgekehrt!

Bekanntlich erhalten AHV-Beitragszahler mit einem steuerbaren Einkommen von über 80'000 Franken pro Jahr weniger AHV-Rente als es ihren Einzahlungen entsprechen würde. Die Mitarbeiter des Schweizer Finanzsektors bezahlen mit ihren wesentlich höheren Einkommen somit einen grossen Beitrag an die Umverteilung.

Ein Altbundesrat hat deshalb einst zu Recht gesagt: «Die Grossverdiener benötigen die AHV nicht, die AHV benötigt jedoch die Hochverdiener!» Die Kürzungen der Saläre und die Arbeitsplatzverluste werden sich wohl nachhaltig auf die Einnahmen des Staates und der Sozialwerke auswirken.

Warum könnte es zu einem weiteren Stellenabbau kommen?

Wenn man die bei den Banken in der Schweiz deponierten Vermögenswerte betrachtet, dann stellt man Folgendes fest:

1. Seit ihrem Höchststand im Oktober 2007 bis Februar 2009 ist ihr Wert von über 5‘400 Milliarden Franken auf noch 3‘675 Milliarden Franken geschrumpft, was einer Abnahme um rund 1‘750 Milliarden Franken respektive 32 Prozent entspricht. Dabei fällt auf, dass die Vermögenswerte der ausländischen Kunden, die noch im Oktober 2007 knapp 60 Prozent der Depotwerte repräsentierten, mit 36 Prozent weit stärker schrumpften als jene der inländischen Kundschaft (-27 Prozent).

Die Anlagepolitik beziehungsweise die Verteilung der Vermögen auf die einzelnen Anlageklassen hat dabei zweifellos einen grossen Einfluss gehabt, war doch die ausländische Kundschaft zu Beginn der Finanzkrise wesentlich stärker in Aktien und in Fremdwährungen engagiert als die inländische. Diese Aussage trifft jedoch auf die ausländischen Privatkunden nur teilweise zu. Deren Depotwerte bei Banken in der Schweiz sank um 39 Prozent auf noch 656 Milliarden Franken, obwohl sie im Höhepunkt des Vermögensstandes (22 Prozent) aber auch per Ende Februar 2009 (15 Prozent) deutlich weniger Aktien in ihren Portefeuilles hielten als Schweizer Anleger (39 Prozent und 31 Prozent).

Für den höheren Wertverlust, der in Franken gemessen wird, ist vor allem das Fremdwährungsengagement verantwortlich. Während die Schweizer Anleger im Oktober 2007 rund 62 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Franken hielten, stellte sich der Franken-Anteil der Auslandkunden auf nur 13 Prozent. Ausschlaggebend war in der Vergleichsperiode der Euro, der um 12 Prozent von 1.68 Franken auf 1.48 Franken abwertete, während der US-Dollar stabil blieb.

Von den Auslandvermögen entfallen heute 32 Prozent auf Privatkunden, 6 Prozent auf kommerzielle Kunden und der Rest (62 Prozent) auf institutionelle Anleger. Von den deponierten Vermögenswerten insgesamt machen die ausländischen Kunden 57 Prozent, die eigentlichen Privatkunden somit 18 Prozent aus.

Treuhand-Anlagen ebenfalls geschrumpft

2. In den bezifferten Depotwerten sind die Treuhandanlagen und die Guthaben auf Bankkonti nicht inbegriffen. Die Treuhandanlagen der ausländischen Kundschaft sind ebenfalls geschrumpft, um stattliche 110 Milliarden Franken respektive 27 Prozent (Inland -29 Milliarden Franken beziehungsweise -31 Prozent).

Der Rückgang der Depotwerte ist somit nur unwesentlich auf Umlagerungen in Cash, das heisst Treuhandanlagen oder Bankguthaben bei Schweizer Banken zurückzuführen, auch wenn die Spar- und Anlagekonto um 49 Milliarden Franken und die Sichteinlangen der Kunden um 62 Milliarden Franken zugenommen haben. Diesem Zuwachs steht eine Abnahme der Zeiteinlagen um 83 Milliarden Franken gegenüber.

Rückzüge aus dem Ausland

3. Gemäss der Ertragsbilanz stellte sich der Netto-Abfluss ausländischer Portfolioinvestitionen in der Schweiz im Jahre 2007 auf 23,3 Milliarden Franken, im Jahre 2008 auf 35,3 Milliarden Franken.

Der Rückgang der Depotwerte ist somit auch auf Rückzüge aus dem Ausland zurückzuführen. Über die Rückzüge nach dem 13. März 2009, als der Bundesrat die Akzeptanz des Artikels 26 des OECD-Musterabkommens ankündigte, werden erst die nächsten Quartalszahlen Aufschluss geben.

Arbeitslosigkeit hat erst geringfügig zugenommen

Im Bankensektor arbeiteten im Jahr 2008 fast 137'000 Beschäftigte, weitere 77'500 im Versicherungswesen. Zusammen repräsentieren diese rund 214'000 Arbeitsplätze im engdefinierten Finanzsektor rund 5,4 Prozent aller Arbeitsplätze in der Schweiz, die bei der Arbeitslosenversicherung versichert sind.

Bis Ende März hat die Arbeitslosigkeit im Finanzsektor erst geringfügig zugenommen, denn die 3'285 arbeitslosen Banker und 793 Versicherungsleute repräsentieren eine Arbeitslosenquote von nur 2,4 Prozent repsektive 1,4 Prozent (Gesamte Schweiz: 3,4%) oder anders ausgedrückt, nur rund 3 Prozent aller Arbeitslosen stammen derzeit aus dem Finanzsektor. Im Vergleich zu den fünf vorhergehenden Jahresmitteln (Banken: 3'016, Versicherungen 896) hat die Arbeitslosigkeit somit erst geringfügig zugenommen.

Pro Milliarde arbeiten 4 Leute an der Front

Pro 1 Milliarde Franken in der Schweiz deponierter Vermögenswerte arbeiten an der Front rund 4 Kundenberater. Dazu kommen Verbundgeschäfte und die Administration, die je nach Bank und Geschäftsarten weitere 4-10 Mitarbeiter pro 1 Milliarde Franken Depotwert bedeuten. Pro 1 Milliarde Franken betreute Kundenvermögen resultiert ein Bruttoertrag von 0,6-0,8 Prozent.

In der Spitze (2007) bezifferte sich die Wertschöpfung der Vermögensbetreuung somit auf rund 37 Milliarden Franken, was fast 8 Prozent des BIPs ausmachte beziehungsweise sich mit dem vom Seco geschätzten Anteil es BIP-Beitrags der Finanzintermediäre von 45 Milliarden Franken vergleicht.

Personalbestände noch nicht angepasst

Die Plausibilität dieser Annahmen bestätigt eine Gegenüberstellung der betreuten Vermögenswerte und der Personalbestände der «reinen» Vermögensverwaltungsbanken (Julius Bär, Vontobel, Sarasin). Viele Banken haben 2008 als Folge der Rekordergebnisse 2007 ihre Personalbestände noch aufgestockt. Inzwischen sind die Depotbestände jedoch geschrumpft, weshalb sich die Anzahl Mitarbeiter pro Milliarde Vermögenswerte von 9-17 auf 13-21 erhöht hat.

Wenn die Arbeitsplätze im Gleichschritt mit den Depotverlusten angepasst werden, dann ergäbe sich aufgrund der Beschäftigten pro Milliarde Kundenvermögen einen Abbau von 14'000 bis 24'000 Arbeitsplätzen. Aufgrund der um 1'746 Milliarden Franken geschrumpften Depotbestände errechnet sich ein potentieller Wertschöpfungsverlust von rund 10-14 Milliarden Franken, was im Vergleich zum BIP 2008 von nominell 532 Milliarden Franken eine Einbusse von 2 bis 2,6 Prozent bedeutet.

Für Vollständigkeit und Richtigkeit kann keine Gewähr übernommen werden.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.83%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.39%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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