Trotz der weltweit unsicheren Konjunktur verzeichnet die russische Wirtschaft hohe Wachstumsraten. Der Grund dafür ist die starke Konsumnachfrage im Inland.

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Bisher assoziierten viele Investoren Russland ausschliesslich mit dem Energiesektor, wo Firmen, wie Gazprom, Lukoil oder Surgutneftegas den Weltmarkt mitbestimmen. Das könnte sich schon bald ändern. Denn die Binnennachfrage nach zahlreichen Gütern und Dienstleistungen nimmt rasant zu.

Das ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Mittelklasse in Russland unaufhaltsam wächst und entsprechend mehr Geld für Konsumausgaben zur Verfügung hat. Vor diesem Hintergrund florieren zahlreiche Unternehmen, die beispielsweise im Modehandel, im Tourismus, im Immobilienbereich oder im Nahrungsmittelsektor tätig sind. Diese Firmen verzeichnen Wachstumsraten, wie sie in Westeuropa kaum noch denkbar sind.

Konsumenten entscheiden

Aivaras_2Zusätzlich positiv wirken sich die günstigen Arbeitslosen- und Inflationsraten in Russland aus, während die Löhne in diesem Umfeld weiter steigen. Das verstetigt die starke Binnennachfrage. «Die derzeitigen Rahmenbedingungen bieten ausgesprochen gute Anlagemöglichkeiten in verschiedene Unternehmen, welche die Nachfrage der russischen Konsumenten abdecken», erklärt Aivaras Abromavicius (Bild) im Gespräch mit finews.ch.

Der gebürtige Litauer ist Partner und Senior Advisor bei der schwedischen Beteiligungsgesellschaft East Capital. Abromavicius arbeitet von Kiew aus. Er geht von einer Trendwende am Aktienmarkt aus. Oder konkret: «Die binnenmarktorientierten Firmen werden sich an der Börse in nächster Zeit besser entwickeln als die exportorientierten Unternehmen», ist er überzeugt.

Schlankes Portefeuille

Vor diesem Hintergrund ist East Capital nun daran, den im vergangenen August lancierten ‹Russia Domestic Growth Fund› zu äufnen. Das Investmentvehikel ist vorerst in Luxemburg zugelassen und offen für alle institutionellen und qualifizierten Investoren.

Der Fonds soll gemäss Abromavicius ein schlankes, attraktives Portefeuille mit zehn, maximal zwanzig Beteiligungen an Firmen mit einer Börsenkapitalisierung von umgerechnet mindestens 500 Millionen Franken umfassen, und die die Hälfte ihrer Umsätze in Russland erzielen. Als Basis hat die Firma East Capital Explorer, eine in Schweden kotierte Tochter der East-Capital-Gruppe, bereits 15 Millionen Euro in den Fonds investiert.

Vom Westen unabhängig

Vom Investmentansatz her ist Abromavicius überzeugt, derzeit noch von tiefen Bewertungen profitieren zu können. «Wir investieren mit unserem langjährigen Know-how und sind überzeugt, langfristig hohe Renditen zu erzielen», sagt er. «Es ist ein Buy & Hold auf sehr lange Dauer», so Abromavicius weiter. Anvisiert werden Firmen, in die auch die Russen selber künftig noch verstärkt investieren werden. Darum dürften diese Unternehmen auch kaum von der volatilen Börsenstimmung im Westen abhängig sein.»

Zu den Firmen im Fokus des Fonds stehen beispielsweise die Bank St. Petersburg, die in der Immobilien-Entwicklung tätige LSR Group oder der Autozulieferer Sollers. Ein heisser Kandidat ist die (noch) nicht-kotierte Melon Fashion Group, die mit verschiedenen Marken im Modelhandel in Russland und in der Ukraine stark expandiert.

Einsitz in den Aufsichtsgremien

«East Capital wird das Portefeuille aktiv verwalten und nach Möglichkeit eigene Vertreter in die diversen Verwaltungsräte nominieren», ergänzt Abromavicius. «Damit wollen wir auch einen Beitrag zur Stärkung der Aktionärsrechte und zur Corporate Governance in Russland beitragen», so der Balte weiter.

Abromavicius ist überzeugt, dass Russland langfristig gesehen tatsächlich auf dem richtigen Weg zu mehr Demokratie ist. Es sei jedoch klar, dass die überhöhten Erwartungen aus dem Westen nicht über Nacht realisiert werden könnten. Stabilität habe seinen Preis, der sich einerseits in einer nach wie vor hohen Korruption, aber auch im rigorosen Regime von Wladmir Putin niederschlage.

Mentalität noch wie im Kalten Krieg

Doch genau besehen habe Russland besonders in den letzten fünf Jahren eine enorme Entwicklung vollzogen, sowohl im Inland mit einem stetig wachsenden Wohlstand, als auch auf internationaler Ebene, wo das Land mit seiner konsistenten Aussenpolitik wieder eine wichtige Position einnehme.

«Viel Kritik aus dem Westen erwächst nach wie vor aus einer Mentalität des Kalten Krieges heraus», stellt Abromavicius fest. «Die Realität ist eine andere – vor allem wenn man den historischen Kontext in Betracht zieht.»

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