Wie sind die Pensionskassen auf das aktuelle Umfeld vorbereitet? Dieser Frage ging man kürzlich an einer Podiumsdiskussion in Luzern nach.

Eingeladen hatte die Firma B+B Vorsorge. Sie veranstaltet unter dem Titel «Vorsorge im Spannungsfeld zwischen Regulierung und Flexiblität» in verschiedenen Schweizer Städten solche Anlässe. Am 27. Mai war Luzern an der Reihe.

Herbert Brändli, CEO der B+B Vorsorge, erklärte einleitend, dass sich die Pensionskassen auf eine Inflation vorbereiten müssten. In einem solchen Szenario setzten sie mit Vorteil auf Gold und die «Motoren der Wirtschaft», also auf Firmen, die werthaltige Güter produzierten.

2. Säule muss mehr Leistung bringen

Die deutliche Ablehnung der BVG-Vorlage im März 2010 fasse er als Auftrag des Volkes auf, sagte Brändli weiter. Nachdem die 1. Säule angesichts der Überalterung schwächle, müsse die 2. Säule mehr Leistung bringen, in dem sie die Erträge steigere und die Kosten reduziere.

Brändli hält die berufliche Vorsorge klar für zukunftsfähig. Da sie noch mehr Gewicht bekomme, gelte es, sie umso mehr zu stärken. Gerade wegen seiner 2. Säule sei das Schweizer Vorsorgesystem weltweit führend.

Vorsicht ist angebracht

Für Rolf Kurath, Geschäftsführer des Luzerner Forums für Sozialversicherungen, ist nach wie vor Vorsicht angebracht. Wichtig sei, dass die Vorsorgeeinrichtungen nach dem positiven 2009 nicht von Sanierungsprojekten abrückten. Strukturelle Themen, wie Überalterung und Langlebigkeit nun auf Eis zu legen, hält er für fatal.

Professor Josef Marbacher, Leiter des Instituts für Finanzmanagement IFF an der Fachhochschule Nordwestschweiz, wies darauf hin, dass die Wertschwankungsreserven aufgebraucht seien. Der grösste Fehler wäre es aber nach seiner Auffassung, nun das Risiko aus den Pensionskassen zu nehmen, zumal der Deckungsgrad nur eine Momentaufnahme darstelle und es sich nicht um realisierte Verluste handle. Denn die Aktienbörsen seien und blieben volatil.

Brennpunkt Euro-Krise

Ebenso warnte er davor, aufgrund der Aktienrendite der letzten zehn Jahre falsche Schlüsse zu ziehen. Dass sich in diesem Zeitraum mit Obligationen eine höhere Rendite erzielen liess, sei in der langfristigen Betrachtung eine Ausnahme. Enno Rudolph, Professor für Philosophie und Leiter des von ihm gegründeten Kulturwissenschaftlichen Instituts der Universität Luzern, riet im Umgang mit Volatilität zu Gelassenheit und Risikofreude.

Hinsichtlich der Euro-Krise, die er für ein schwergewichtiges Thema auch für Pensionskassen hält, fragte sich Professor Marbacher, ob Europa ein geeignetes Gebiet sei, um eine einheitliche Währung einzuführen. Dagegen sprechen die Sprachenvielfalt, die geringe Mobilität sowie die fehlende Flexibilität der Preise.

Bankensystem noch nicht saniert

Überdies habe es jede Währungsunion ohne politische Union schwer. Würde der Euro aber fallen gelassen, hätte dies eklatante Auswirkungen auf den Obligationenbereich und würde unweigerlich zu Abschreibungen führen.

Kritisch sei auch, dass das Bankensystem noch nicht saniert sei. Es bestehe nach wie vor ein Sanierungsbedarf von 400 Milliarden Euro und ein Bedarf an neuen Regulierungen. Die Staaten, die als Retter aufgetreten seien, stünden nun selbst an der Wand.

Denkpause für die Schweiz

Professor Enno Rudolph teilt die Ansicht, dass eine politische Union dringend notwendig sei, um der Wirtschaft zu helfen. Ansonsten schätzt er die Lage im Euroland aber nicht so düster ein. Er sieht den Euro als ersten Schritt zu einer politischen Union und empfindet Europa als nicht mehr so divers.

Das Europabewusstsein sei gewachsen, die Mobilität gestiegen und die verschiedenen Sprachen seien kein Hindernis. Euroland gehe nicht unter, es müsse sich aber beeilen, dringend notwendige Reparaturen auszuführen und einen EU-Staat zu bilden. Die Schweiz habe derweil eine Denkpause und müsse sich anschliessend entscheiden, ob sie beitrete.

Hausaufgaben für die Pnsionskassen

Hinsichtlich der Finanzierung des Umwandlungssatzes nach dem Volks-Nein meinte Rolf Kurath, dass die Vorsorgeunternehmen nun ihre Hausaufgaben zu machen haben. Seitens der Gesetzgebung sei wenig Hektik angesagt. Sozialpartnerschaftliche Initiativen im Anlagegeschäft, etwa mit der SUVA, könnten helfen, die Vermögensverwaltungskosten zu reduzieren.

Angesichts der steigenden Altersarmut, die sich durch Scheidungen und lange Familienphasen noch verschärfe, befürworte er den Vorschlag des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds zur Einführung abgestufter Leistungsziele, die sich am Einkommen orientieren und schlechter Verdienende besser stellen.

Alternativen aufzeigen

Ein weiteres Thema sei die Lebensarbeitszeit. Hier stünden die Arbeitgeber in der Verantwortung, damit Mitarbeitende länger im Arbeitsprozess bleiben könnten. Umgekehrt müsse älteren Mitarbeitenden aufgezeigt werden, welche Alternativen sie zur bestehenden Beschäftigung haben, oder wie sie sich ein zweites Standbein aufbauen könnten.

Professor Marbacher sieht den Volksentscheid zum Umwandlungssatz als Werturteil für höhere Leistungen, die es nun zu finanzieren gelte. Als kritisch erachtet er es, dass Pensionskassenverwalter heute weitgehend Meinungen vertreten, ohne vorgängig die Versicherten konsultiert zu haben.

Freiheit opfern?

Hier sei eine Legitimierung nötig. Professor Rudolph erachtet die Sicherheitsorientierung als Preis dafür, dass sich die Menschen dem Markt aussetzen. Und diese Freiheit sei ökonomisch definiert. Auf der Suche nach Sicherheit seien die Menschen aber bereit, einen gewissen Teil der Freiheit zu opfern.

Die freie Wahl der Pensionskasse bezeichnete Professor Marbacher als uralten Wunsch, der aber immer noch utopisch sei. Es gelte aber dennoch, die Freiheit der Eigentümer zu erhöhen. Vor allem, wenn es darum gehe, Gelder zu entnehmen oder eine freiere Wahl bei den Anlagestrategien zuzulassen.

Wohin mit den Pensionskassen?

Ausserdem gehöre die Pensionskasse für ihn nicht ins Unternehmen, sondern sei unabhängig zu gestalten. Der Lohn sei Markt gegeben und die Zahlung der Vorsorgebeiträge des Arbeitgebers eine reine Verteilungsfrage. Rolf Kurath dagegen, hält Arbeitgeber gerade bei staatlichen Unternehmen für mehr als der missmutige Beitragszahler.

Als Wunsch zur Zukunftsfähigkeit der beruflichen Vorsorge in der Schweiz äussert Rolf Kurath einen Schulterschluss zwischen Sozialpartner zum Thema Vermögensverwaltung und Gesetzgebern und plädiert für weniger Regulierung. So sei der Umwandlungssatz eine technische Grösse, die nicht ins Gesetz gehöre.

Dem Sicherheitsbedürfnis politisch gerecht werden

Professor Marbacher ist dafür, das Drei-Säulen-System zu erhalten. Dem Sicherheitsbedürfnis der Versicherten müsse man politisch gerecht werden. Überdies wünscht er sich einen professionellen Umfang mit den Vorsorgevermögen. Professor Rudolph möchte die Sicherheit des Marktes durch die Freiheit des Marktes korrigiert wissen, um frei wählen zu können, wo er sich versichern lassen will.

 

 

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