In den Bilanzen der Pensionskassen haben Obligationen ein zu hohes Gewicht, schreibt Vorsorge-Experte Herbert Brändli.

Herbert.Braendli.quadratHerbert Brändli ist Geschäftsführer der B+B Vorsorge. Er schreibt regelmässig für finews.ch.

Politische Manipulation, regulatorische Inkompetenz und Individualisierung haben herkömmliche grundlegende Vorteile der beruflichen Vorsorge weitgehend zerstört. Gleichzeitig vernebelten Finanzkrisen den Blick auf strukturelle und konjunkturelle Problemstellungen und haben einen Aktivismus mit kurzsichtigen Sicherungsmassnahmen ausgelöst. Statt Leistungen werden heute Deckungsgrade bewirtschaftet. Damit kann aber niemand etwas kaufen. Um die Effizienz wieder zu verbessern, müssen Pensionskassen ihre natürlichen Stärken aus Gemeinschaft, Unabhängigkeit und Beständigkeit wieder vermehrt nutzen.

Der hervorragende Vorteil der beruflichen Altersvorsorge liegt im Kollektiv, welches Einzelne vor Rentenbeginn nur in Ausnahmefällen verlassen können. Diese äusserst beständigen Vermögensgemeinschaften unter Arbeitnehmern bilden die tragfähige Grundlage für biometrisch und zeitlich begründete Solidaritäten. Sie ermöglicht den Ausgleich verschiedener Rentenlaufzeiten wegen unterschiedlichen Lebenserwartungen sowie von schwankenden Ertragserwartungen für verschiedene Eintrittsjahrgänge und von Vermögensschwankungen während individuell abweichenden Vorsorgezyklen. Ihre Unabhängigkeit lässt Pensionskassen das Gesetz der grossen Zahl bewusst nutzen, und dank der Beständigkeit können sie es sich leisten, langfristige, ertragreiche Anlagestrategien zu fahren und Ende Jahr nicht immer voll gedeckt zu sein.

Das Gefüge läuft aus dem Ruder

Das Spielen von Diversifikationsvorteilen und Generationensolidaritäten unter kollektiven Voraussetzungen bedeutet unter anderem, dass der Umwandlungssatz für die Rentenberechnung nicht jederzeit mit gerade herrschenden, demographischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen übereinstimmen muss. Korrekturen sind erst bei strukturellen Ungleichgewichten angesagt, wenn beispielsweise auf lange Sicht die Erträge die Erwartungen nicht mehr erfüllen. Dies wird gerade die Folge des Wechsels von ertragreichen zu ertragarmen Anlagestrategien sein und droht Vorsorgeeinrichtungen für die Versicherten sinn- und wertlos zu machen.

Heute, in Zeiten angespannter Deckungsgrade, merken die Pensionskassen, dass ihr Leistungs-, Finanzierungsgefüge mit ertragsarmen Anlagevehikeln aus dem Ruder läuft. Alle Szenarien mit Festverzinslichen deuten auf anhaltende Verluste hin, und eine wachsende Obligationen-Preisblase sowie zunehmende Gegenparteirisiken bedrohen die Anlagesubstanz. Die Zinsen dürften auf absehbare Zeit sehr niedrig bleiben. Damit werden langjährige Erfahrungswerte bestätigt, wonach weltweit mit Obligationen nie der notwendige Ertrag erzielt wurde; wichtige Wirtschaftsländer wie Deutschland, Frankreich, Italien und Japan haben damit über lange Zeit sogar reale Verluste eingefahren.

Die Hoffnung auf Sicherheit

In einer ausgesprochenen Hochzinsphase wurde für das BVG-Modell von den möglichen Ertragsquellen Zins, Mietertrag und Dividende einseitig auf die mittlerweile historisch niedrigen Zinsen gesetzt. Das Gesetz ging davon aus, dass die Höhe der internen Verzinsung den Marktzinsen und Lohnzuwachsraten entspricht. Der Minimalzins wurde 1985 auf 4 Prozent veranschlagt und später vom Bundesrat, entsprechend dem absteigenden Zinsverlauf, laufend nach unten korrigiert. Zwischen den Berechnungsgrundlagen der laufenden Renten und der Verzinsung der Aktivenguthaben hat sich darum eine Kluft aufgetan.

Inzwischen liegt es auf der Hand, dass die angestrebten BVG-Leistungen mit Zinsen nicht finanziert werden können. In den Pensionskassenbilanzen geniessen Obligationen dennoch ein überproportionales Gewicht. Aufgrund von längst falsifizierten und dennoch fast ausschliesslich gebräuchlichen Risikotheorien nähren sie dort die Hoffnung auf Sicherheit.

Auf dieser Basis schreiben Pensionskassen und ihre Versicherer verlustbringende Zinsen auf Jahre hinaus fest. Mit dem billigen Hinweis auf die zunehmende Lebenserwartung werden diese dann als Argument für Leistungsreduktionen verwendet.

Dabei wird unterschlagen, dass eine nachhaltige Verbesserung der Effizienz um einen Prozentpunkt rund 40 Prozent höhere Renten ermöglicht. Mit 1/4 Prozent-Punkt könnten Pensionskassen eine jährlich um 1/2 Prozent zunehmenden Rentenlaufzeiten finanziell abdecken. Hiezu müssten einfach die Finanzierungsgrundlagen mit ertragsstarken Anlagevehikeln fundamental verbessert werden.

 

 

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