Die Absetzung von Swiss-Re-CEO Jacques Aigrain ist nicht genug. Wegen der dramatischen Schieflage müssten weitere Herren Konsequenzen ziehen.

Soviel ist klar: Der katastrophale Kurs der Swiss Re in den letzten zwölf Monaten macht weitere Massnahmen notwendig. Ein Strategiewechsel kann allerdings nur zustande kommen, wenn auch im Verwaltungsrat einige Rochaden erfolgen. Denn so, wie sich das Gremium derzeit präsentiert, ist es nicht agil und unabhängig genug, um einen neuen Weg einzuschlagen respektive die Rückbesinnung auf das Kerngeschäft einzuleiten.

Präsident Peter Forstmoser ist ein farb- und glückloser Jurist, der sich in diesem Amt nie sonderlich hervorgetan hat. Vielmehr konnte er sich lange auf die Kompetenz von Walter Kielholz abstützen, der das Rückversicherungsgeschäft immerhin von der Pike auf kennt. Allerdings bewies er in den letzten Jahren keine glückliche Hand, liess er doch zu, dass sich der Konzern zunehmend von seinem Kerngeschäft entfernte und stattdessen mit dem Anlagekapital waghalsig an den Finanzmärkten spekulierte.

Zusätzlicher Malus für Forstmoser

Der Rest ist bekannt. Die Swiss Re erlitt in mehrfacher Hinsicht Schiffbruch. Allein im vergangenen Jahr summierte sich ein Verlust von 1 Milliarde Franken, während der Aktienkurs in den letzten zwölf Monate um fast 80 Prozent absackte. Grund der Misere sind notwendige Milliardenabschreibungen auf Finanzanlagen.

Nur dank der Drei-Milliarden-Kapitalspritze von Uralt-Investor Warren Buffet konnte die Swiss Re dieser Tage vor dem weiteren Waterloo gerettet werden. Präsident Forstmoser ist mittlerweile noch zusätzlich belastet, da er - wie finews.ch bereits meldete - auch noch Verwaltungsratspräsident der Firma Hesta ist, also der Muttergesellschaft des Wäschefabrikanten Schiesser, der dieser Tage seine Geschäftstätigkeit aufgab. Forstmoser bewies bis jetzt nur das Talent, sich aus allem rauszuhalten.

Totaler Filz

Enge personelle Verflechtungen, die bis jetzt einen kollektiven Schutzschild boten, könnten sich nun für einige Akteure als Nachteil erweisen. Forstmoser, seit September 2000 VR-Präsident der Swiss Re, präsidiert seit 1994 die Hesta, die wiederum von Thomas Bechtler kontrolliert wird. Swiss-Re-VR Bechtler sitzt seit 1994 auch im Verwaltungsrat der Credit Suisse. In Übereinstimmung mit den Unabhängigkeitsstandards der Gruppe war Bechtler vom Verwaltungsrat für unabhängig erklärt worden. Forstmoser ist somit an mindestens zwei Fronten gefordert - unwahrscheinlich, dass er alle «Notstands-Zonen» gleichzeitig bearbeiten kann.

Ähnliches gilt auch für Swiss-Re-Vize Walter Kielholz. Der gemütliche Zürcher konnte sich lange im Schatten der Probleme anderer in der Finanzbranche verstecken. Letztlich ist sein Leistungsausweis über die letzten Jahre aber auch nicht berauschend. Als Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse ist es ihm nicht gelungen, die Bank, wie anfänglich vermutet, aus den Turbulenzen der Finanzkrise herauszuhalten. Im Gegenteil, die CS schlitterte immer tiefer in die Probleme und konnte sich medial nur deshalb schadlos halten, weil es der Erzrivalin UBS einfach noch viel schlechter ging.

Noch kein Licht am Ende des Tunnels

Doch das ist ein schlechter Trost. Denn mittlerweile hat die Credit Suisse für das Geschäftsjahr 2008 einen massiv hohen Verlust von mehr als 8 Milliarden Franken zu verkraften, und die Aussichten sind, trotz eines angeblich guten Januars, alles andere als rosig. Niemand weiss, was auf die Finanzwelt noch alles zukommt - sicher ist bloss: Das Licht am Ende des Tunnels ist noch nicht sichtbar, wie sogar CS-CEO Brady Dougan, am gestrigen Mittwoch anlässlich der Präsentation des Jahresabschlusses sagte.

Fazit: Seit dem Swissair-Niedergang glaubte man, das Old-Boys-Network in der Schweiz, mitunter auch als Filz bezeichnet, sei zerrissen worden - offenbar doch nicht. Spätestens an der Bilanzpressekonferenz vom 19. Februar 2009 müssen daher Kielholz und Forstmoser ihre Ämter zur Verfügung stellen, so dass dann an der Generalversammlung vom 13. März 2009 neue oder andere Persönlichkeiten aufsteigen können. Nur so lässt sich das verlorene Vertrauen in diesen Schweizer Grosskonzern wieder herstellen. Derzeit hinterlässt der Verwaltungsrat der Swiss Re doch den Eindruck, hier existierten noch einige (freisinnige) Seilschaften.

Das Gremium setzt sich derzeit wie folgt zusammen:

Peter Forstmoser, Präsident
Walter B. Kielholz
Jakob Baer
Thomas W. Bechtler
Raymund Breu
Mathis Cabiallavetta
Raymond K. F. Ch'ien
John R. Coomber
Rajna Gibson Brandon
Bénédict G.F. Hentsch
Hans Ulrich Maerki
Bob Scott
Kaspar Villiger
Sekretär: Felix Horber

 

 

 

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