Denkanstösse und Impulse zur Vorsorge aus der Gesamtperspektive vermittelte kürzlich eine Podiumsdiskussion der B+B Vorsorge AG in Basel.

«Die AHV funktioniert derzeit noch wegen der Zuwanderung und des Wirtschaftswachstums», sagte Bernhard Madörin am Vorsorgepodium der B+B Vorsorge AG, das Ende Mai 2011 in Basel stattfand, einleitend.

Der Basler Treuhänder und Steuerexperte, der selbst nicht mit einem Rentenbezug rechnet, geht davon aus, dass die AHV in den nächsten zwanzig Jahren drastische Änderungen erfahren werde. Das BVG sei wegen der angesparten Gelder sicherer. Allerdings nütze dies wenig, da die Kassen nicht genügend Zinsen erwirtschaften könnten.

Staat als Feindbild

Rudolf Rechsteiner, Alt SP-Nationalrat und heute Berater und Publizist, bestätigte, dass die 1. ebenso wie die 2. Säule für demografische Veränderungen anfällig sei. Er konstatierte, dass mehr alte Leute zwangsläufig mehr kosten. Allerdings habe das Wirtschaftwachstum bislang die Mehrkosten aufgefangen.

Für diejenigen aber, die den Staat als Feinbild betrachten, sei die AHV natürlich immer «krank», warf er ein. Er hält die Probleme in der AHV für lösbar, indem die Beiträge erhöht, die Risiken reduziert sowie die Effizienz gesteigert und damit die Verwaltungskosten gesenkt werden.

Mangelndes Interesse

Schwierigkeiten sieht er auf der Anlageseite. Es sei immer mehr Geld, das nach sicheren und rentablen Anlagemöglichkeiten suche. Und dieses gelte es, zu investieren, ohne eine Blase – wie derzeit im Immobilienbereich – zu provozieren. Vor diesem Hintergrund plädierte Rudolf Rechsteiner für einen Abbau der 2. Säule und einen Ausbau der 1. Säule.

Jürg Marx, Studiengangleiter und Dozent am Institut für Personalmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten, stellt unter den Studierenden ein geringes Interesse an Vorsorgethemen fest. Das mangelnde Interesse beunruhige ihn insofern, als dass die Betroffenen das Thema für sich in der Regel auch zu spät aufgriffen.

Kaum genutzte Beratung

Rudolf Rechsteiner bezweifelte, dass mehr Eigenverantwortung in der Vorsorge das Interesse stärken könne und der Einzelne seine Vorsorgegelder besser verwalten könne als eine Pensionskasse.

Bernhard Madörin führte an, dass das Interesse mit steigendem Einkommen und wachsender Sparquote tendenziell zunehme. Allerdings stellte er selbst bei seinen Mitarbeitenden fest, dass die Beratung, die er ihnen einmal jährlich kostenlos anbiete, kaum genutzt werde.

Als kritisch erachtete er die Komplexität, würden doch 90 Prozent der Versicherten weder den Pensionskassenausweis noch die Funktionsweise der Vorsorgeeinrichtung verstehen.

Bloss keine Freizeitbeschäftigung

Jürg Marx votierte dafür, die Arbeitgeber- wie die Arbeitsnehmervertreter im Stiftungsrat gut auszubilden und die Anlagekommission mit Finanzspezialisten zu besetzen. Generell sollten Stiftungsratsmandate keine «Freizeitbeschäftigung» sein, sondern als Teilzeitpensum der Anstellung behandelt werden, forderte er.

Rudolf Rechsteiner wies darauf hin, dass die heutigen Alten vermögender seien und mehr Angst haben, etwas zu verlieren. Angst machten ihnen dabei aber eher Themen wie Technologie, Klimawandel oder Isolationismus, sagte Rechsteiner und fragt sich deshalb, ob Pensionskassengelder nicht vermehrt direkt und zukunftorientiert investiert werden sollten, beispielsweise in Windfarmen und Photovoltaik-Anlegen, um einen langfristig positiven Ertrag zu erwirtschaften.

Mindestverzinsung als Konsumentschutzziel

Marx hält seinerseits das Vorsorgesystem eher für ängstlich denn für innovativ, findet es aber wichtig, neue Technologien zu unterstützen. Rechsteiner sprach sich dafür aus, dass die Politik angesichts der Anlagenot Anlagemöglichkeiten schaffen müsse, an denen sich Pensionskassen beteiligen können. So könnten Pensionskassen seines Erachtens eine positive Rolle bei der Entwicklung von alternativen Energien spielen. Für Madörin ist der Regulator in dieser Frage fehl am Platz.

Rudolf Rechsteiner hält die Mindestverzinsung für ein Konsumentenschutzziel, wobei nicht klar formuliert sei, wie Errungenschaften zu handhaben seien, weshalb es zu viele «Sickerfelder» gebe.

Sammelstiftungen müssen transparenter werden

Er plädierte dafür, Errungenschaften wie beispielsweise Retrozessionen an die Versicherten zurück zu geben. Hier sei mehr Transparenz nötig. So müssten die Treuhänder seines Erachtens prüfen, ob eine gegenseitige Begünstigung vorliege. Allerdings schaffe die Mehrheit der Vorsorgeeinrichtungen korrekt, sagte Rechsteiner.

Jürg Marx pflichtete Rechsteiner bei, dass insbesondere die Sammelstiftungen transparenter werden müssten, wogegen die autonomen Kassen professionell geführt würden. Es gelte in der Diskussion auch zu berücksichtigen, dass ein Drittel der öffentlichen Schulden Pensionskassen-Verpflichtungen seien, gab Bernhard Madörin zu bedenken.

AHV beibehalten

Er sprach sich dafür aus, das BVG dem freien Markt zu überlassen. In einem solchen Fall, so meinte Rechsteiner, brauche es aber erst recht Konsumentenschutzbestimmungen. Jürg

Marx sieht kein Patentrezept zur Lösung der Herausforderungen im Vorsorgebereich, die AHV sei aber unbedingt beizubehalten, während man bei der 2. Säule zur ursprünglichen Idee zurückkehren müsse. Die Mindestverzinsung und der Umwandlungssatz seien nicht Sache der Politik. Für die 3. Säule wünsche er sich attraktivere Produkte.

Flexibilisierung des Pensionsalters

Abschliessend darauf angesprochen, welches ein sinnvoller Pensionierungszeitpunkt sei, sprach sich Jürg Marx für eine Flexibilisierung und Liberalisierung abgestimmt auf die unterschiedlichen Berufskategorien und die gesundheitlichen Umstände aus.

Auch Rechsteiner pflichtete einer Flexibilisierung bei, die allerdings ohne Leistungsabbau erfolgen müsse, zumal mit tiefen Einkommen auch eine signifikant tiefere Lebenserwartung einhergehe. Madörin befürwortete eine Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre und eine Berücksichtigung der Beitragsjahre.

 

 

 

 

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