Caroline.VilsDer Bericht des Bundesrates über die Zukunft der 2. Säule ist bis Ende April 2012 in Anhörung, Was taugt er? Eine Einschätzung von Vorsorgeexpertin Caroline Vils.

Caroline Vils ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin die Rechtsberatung der B+B Vorsorge. Sie ist ausgebildete Juristin und verfügt über langjährige Erfahrung in der beruflichen Vorsorge. Sie schreibt regelmässig für finews.ch

Der Bundesrat ist von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, mindestens alle zehn Jahre einen Bericht zur Festlegung des Umwandlungssatzes zu publizieren.

Auf Grund des wuchtigen Neins bei der Abstimmung zur Senkung des Mindestumwandlungssatzes sah er sich dieses Mal veranlasst, sich über die Thematik des Umwandlungssatzes hinaus mit dem gegenwärtigen System und den bestehenden Herausforderungen der 2. Säule zu beschäftigen.

Der aus diesen Arbeiten entstandene «Bericht des Bundesrates zuhanden der Bundesversammlung über die Zukunft der 2. Säule» ist noch bis Ende April 2012 in Anhörung bei allen interessierten Kreisen, bevor er dann dem Parlament vorgelegt werden soll.

Sturm auf die Bastille

Diese inhaltliche Erweiterung des gesetzlichen Auftrages ist zu begrüssen, zumal eine übergreifende und umfassende Betrachtung der 2. Säule längst überfällig war. Den Sturm auf die Bastille weiss der Bundesrat indessen bereits zu Beginn des Berichtes zu verhindern. Eine Revolution, so stellt er im ersten Abschnitt fest, sei nicht geplant.

Was tatsächlich geplant ist, soll auf finews.ch in einer dreiteiligen Artikel-Serie aufgezeigt werden. Den Beginn macht ein Artikel zu den positiven Aspekten des Berichtes über die Zukunft der 2. Säule, gefolgt von je einem Artikel zu den neutralen und schliesslich den negativen Aspekten.

Die positiven Aspekte: ein guter Anfang

Die umfassende Betrachtung der 2. Säule eröffnet sowohl den Anbietern beruflicher Vorsorgelösungen als auch den Versicherten zahlreiche Chancen. Insbesondere sollte aber der Bundesrat erkannt haben, dass sich ihm die seltene Gelegenheit bietet, das BVG in Zukunft auf einer breit abgestützten Basis durchzuführen.

Der Bericht enthält denn auch Ausführungen und Lösungsansätze zu Problemen, die in der Vergangenheit ausgeblendet wurden und denen selbst kritische Stimmen der Branche zustimmen dürften.

Atypische Karriereverläufe

In diese Richtung geht die Auseinandersetzung mit den Folgen von Erwerbslücken und atypischen Karriereverläufen sowie der damit verbundenen Problematik, dass die Ersatzquote nicht erreicht wird. Ebenso erfreulich ist die Beschäftigung mit den Erschwernissen, die sich aus der Anknüpfung der Versicherungspflicht an eine unselbständige Erwerbstätigkeit ergeben können sowie den Barauszahlungsgründen und den Schwierigkeiten, die sich bei der Beendigung der Erwerbstätigkeit in hohem Alter stellen.

Der Bundesrat hat also viele der herrschenden Missstände zutreffend erkannt und aufschlussreich dargelegt. In nicht wenigen Fällen hat es der Bundesrat nicht bei der Darlegung der Missstände belassen, sondern gleich selber Lösungsansätze aufgezeigt.

Zweckentfremdung von Vorsorgegeldern

Einen in dieser Hinsicht besonders zu nennenden und unbedingt zu berücksichtigenden Lösungsansatz hat der Bundesrat in Bezug auf den Vorbezug zur Förderung des Wohneigentums gemacht.

Der WEF-Vorbezug hat volkswirtschaftlich an Bedeutung gewonnen und muss im Hinblick auf den Vorsorgegedanken überdacht werden. So zeigen aktuelle Erhebungen, dass viele WEF-Vorbezüge nicht zurückgezahlt werden und dementsprechend die Ersatzquote von 60 Prozent des ehemaligen Erwerbseinkommens nicht erreicht wird.

Zudem handelt es sich dabei um eine Zweckentfremdung von Vorsorgegeldern. Nach dem Bundesrat ist es denkbar, dass künftig jegliche Möglichkeit des Kapitalbezuges, so auch zur Finanzierung von Wohneigentum, abgeschafft werden soll. Diesem Lösungsansatz können wir ohne Vorbehalt zustimmen.

Emotional aufgeladene Debatte

Dass der Bundesrat auch vor unpopulären Entscheiden nicht zurück schreckt, zeigt er in der emotional aufgeladenen Debatte um den Rentenumwandlungs- und Mindestzinssatz. Den politischen Wogen möchte der Bundesrat zukünftig durch die Möglichkeit der Festlegung durch das paritätische Organ aus dem Weg gehen.

Solch mutige und sachlich zutreffende Ansätze hätten wir uns mehrere gewünscht, zumal ein Bundesorgan die nötige Unabhängigkeit besitzt, um sachlogische Entscheide zu treffen. Bedauerlicherweise vermag der Bericht diese Erwartungen nur streckenweise zu erfüllen und lässt die innovativen Ansätze auf weiten Teilen vermissen.

Das ist schade – umso mehr der Bundesrat den Beweis, dass es auch anders ginge mit dem Lösungsansatz unter Ziffer 8.4.4.1 des Berichts gleich selbst antritt: «Den kollektiven Sammeleinrichtungen [der Lebensversicherer] die Vollversicherung verbieten respektive nur noch die Risikorückdeckung erlauben» – sehr gerne, werter Bundesrat.

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