Caroline.VilsDer Bundesrat hat sich mit dem gegenwärtigen System der 2. Säule und den Herausforderungen beschäftigt. Eine Analyse von Caroline Vils, von der Firma B+B Vorsorge.

Caroline Vils, Leiterin der Rechtsberatung der B+B Vorsorge, fasst in einer dreiteiligen Serie zusammen, was vom knapp 170 Seiten umfassenden Bericht zu halten ist. Den Beginn machte letzten Monat ein Artikel zu den positiven Aspekten des Berichts, gefolgt vom heutigen Beitrag.

Er befasst sich mit den neutralen Aspekten. Nächsten Monat erscheint der dritte Artikel, der sich den negativen Gesichtspunkten widmen wird.

Der Bericht über die Zukunft 2. Säule verfolgt das Ziel, die Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge zu lokalisieren und ihnen mögliche Lösungsansätze gegenüber zu stellen. Hierzu hat der Bundesrat den Auftrag erteilt, Themen zu behandeln, die in der beruflichen Vorsorge wiederholt zu Diskussionen Anlass gegeben haben.

Dies ist an sich erfreulich, doch schon im ersten Abschnitt warnt der Bundesrat vor allzu weit reichenden Änderungen eines an sich erfolgreichen Systems. Das System ist indessen nicht so erfolgreich wie unterstellt wird und der Bericht wäre eine Chance gewesen, die Unzulänglichkeiten und Mängel mit Hilfe fundierter Analysen aufzudecken. Hingegen mündete die Arbeit des Bundesrates zum grössten Teil in einer Aneinanderreihung mehr oder weniger bedeutsamer Inhalte der beruflichen Vorsorge.

Ziel erreicht?

Weit vorne im Bericht erwähnt der Bundesrat das Verfassungsziel. Die 2. Säule soll nämlich zusammen mit der 1. Säule die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Seit den Anfängen des BVG wird dieses Ziel bei einer Ersatzquote von 60 Prozent des letzten Brutto-Erwerbseinkommens als erreicht erachtet.

Nach bald 30-jährigem Bestehen des BVG stellt sich der Bundesrat richtigerweise die Frage, ob dies wirklich in jedem Fall zum Leben reicht. Leider erfolgt anschliessend keine über die zwei Säulen übergreifende Auseinandersetzung mit der Thematik.

Bloss eine Feststellung

Gestützt auf den 3-Säulen Bericht, der aufgezeigt hat, dass die Ersatzquote bei tiefen und mittleren Einkommen eben nicht ausreicht, um den bisherigen Lebensstandard angemessen fortzuführen, begnügt sich der Bundesrat schliesslich mit der Feststellung, dass die Frage nach einer allfälligen Erhöhung der Ersatzquote im Rahmen der AHV-Revision geführt werden muss, da die erste Säule für die tiefen und mittleren Einkommen eine grössere Rolle spielt als die berufliche Vorsorge.

Wenn wir eine Antwort geben wollen, wohin die 2. Säule in Zukunft gehen soll, wäre eine mit der 1. Säule koordinierte Gesamtbetrachtung wünschenswert gewesen.

Komplexes BVG

Viele im Bericht gemachte Feststellungen sind korrekt, jedoch lässt der Bundesrat die notwendige Konsequenz vermissen. So erkennt er einige Seiten weiter zutreffend, dass die Rahmenbedingungen der beruflichen Vorsorge in verschiedensten Erlassen enthalten sind, was die Übersicht für den Anwender stark erschwert. Einen wünschenswerten Vorschlag zur Beseitigung dieser wachsenden Problematik macht der Bundesrat mit dem Lösungsansatz, die Regelungen zu konzentrieren oder sogar vollständig zu überarbeiten.

Dies ist sehr zu begrüssen, denn die Komplexität des BVG stellt für alle Beteiligten eine immer grösser werdende Herausforderung dar.

Überregulierung befürchtet

Von einem Rahmengesetz der Anfänge ist schon lange nicht mehr die Rede. Unglücklicherweise nehmen die Ausführungen zu dieser revolutionären Idee gerade mal einige wenige Zeilen in Anspruch und verhallen so wohl ungehört.

Vielmehr sind Tendenzen in die komplett entgegen gesetzte Richtung zu befürchten. Die meisten der vom Bundesrat formulierten Lösungsvorschläge werden zu einer weiteren Überregulierung führen, was insbesondere aus Kostengründen in jedem Falle zu vermeiden ist.

Massive Verwaltungskosten

Den Vorschlag einer freien Pensionskassenwahl können wir nur bedingt gutheissen. So lehnen wir eine völlig freie Wahl ab, da eine solche Lösung zu massiven Verwaltungskosten, unter anderem auf Grund des erhöhten Werbeaufwandes, führen dürfte. Hingegen plädieren wir für eine eingeschränkte Pensionskassenwahl der Versicherten im Teilliquidationsfalle einer sich in Unterdeckung befindlichen Vorsorgeeinrichtung.

Die Betroffenen sind heute häufig doppelt gestraft, wenn ihnen über den Arbeitsplatzverlust hinaus auch noch das Pensionskassen-Guthaben aufgrund der Unterdeckung gekürzt wird. Würde der Versicherte selbst über den Zeitpunkt, wann seine Austrittsleistung an die neue Vorsorgeeinrichtung übertragen wird, entscheiden können, könnte manch schmerzhafte Kürzung vermieden werden.

Unschöne Kürzungen

Dieses ernsthafte Thema findet unter dem Kapitel der Härtefallregelungen nochmalige Berücksichtigung. Hier macht der Bundesrat darauf aufmerksam, dass unterdeckungsbedingte Kürzungen der Altersguthaben insbesondere bei älteren Arbeitnehmern zu Härtefällen führen können, da eben diese Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters vielfach keine Stelle mehr finden und dementsprechend zusätzlich zu der Kürzung keine Äufnung des Altersguthabens mehr stattfinden würde.

Diese Ausführungen sind sicherlich nicht falsch, indessen darf nicht vergessen werden, dass solche Kürzungen alle Versicherten betreffen können. Kürzungen bei den Guthaben der Versicherten sind immer unschön und sollten vermieden werden, nicht nur bei älteren Arbeitnehmenden. Solche halbherzigen Massnahmen – und dieses Fazit lässt sich für den gesamten Bericht ziehen – führen lediglich zu weiteren Flickarbeiten an einem ohnehin schon komplizierten BVG, das eigentlich hoher Schneiderkunst, sprich einer Totalrevision, bedürfte.


Caroline Vils ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin der Rechtsberatung der B+B Vorsorge. Sie ist ausgebildete Juristin und verfügt über langjährige Erfahrung in der beruflichen Vorsorge. Sie schreibt regelmässig für finews.ch

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