Die Facetten der Vorsorge aus einer Gesamtperspektive standen im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion, welche die B+B Vorsorge vor kurzem in Aarau veranstaltete.

Den Verantwortlichen der Pensionskassen wird verschiedentlich unprofessionelle Führung vorgeworfen. Kerstin Windhövel, Professorin am Institut für Finanzen und Vorsorge der Hochschule für Wirtschaft in Fribourg, hielt diesen Vorwurf für gerechtfertigt, insbesondere bezogen auf den Stiftungsrat.

Sie stellte dabei nicht das Milizsystem des Gremiums in Frage, sondern votierte für eine stärkere Professionalisierung des Gremiums, vor allem hinsichtlich der strategischen Ausrichtung der Pensionskasse. Sie hielt es für unabdingbar, der gesetzlichen Weiterbildungspflicht verstärkt nachzukommen und vermehrt Experten beizuziehen, wenn es an Kompetenz in den eigenen Reihen mangelt.

Professionalisierung des Stiftungsrats

In den USA ist dies bereits der Fall. Eine dort durchgeführte Studie belegt ausserdem, dass gut ausgebildete Stiftungsräte höhere Renditen erwirtschaften. Wenn allerdings der Stiftungsrat selber nicht viel weiss, kann er auch die Qualität der Berater zu wenig beurteilen. Für eine Professionalisierung des Stiftungsrats braucht es zudem klare Abläufe, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen.

Hermann Dörig, Geschäftsführer der Pensionskasse der Stiftungen der Tamedia, erachtete die Weiterbildung im Stiftungsrat ebenfalls als wichtig und stellte fest, dass sie in grösseren Pensionskassen meist besser gewährleistet ist.

Ueli Mettler, Partner der auf Asset- & Liability-Management spezialisierten c-alm in St. Gallen, sah keinen direkten, messbaren Zusammenhang zwischen dem Produktionsziel der Pensionskassen und den getroffenen Massnahmen. Dementsprechend kontrovers wird auch Best Practice diskutiert. Vor diesem Hintergrund plädierte Ueli Mettler für einen verstärkten Informationsfluss, um die bestehende Informationsasymmetrie zu beseitigen.

Zum einen sind den Versicherten die Vorsorgemechanismen verständlich zu machen, und zum anderen ist ihnen die Anlagestruktur transparent aufzuzeigen. Der Informationsfluss muss auch innerhalb des Stiftungsrats verstärkt werden, um eine bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Allerdings stellte Ueli Mettler keinen direkten Zusammenhang zwischen einem guten Entscheid und der Güte des Stiftungsrats fest.

Regulierung fördert Komplexität

An die Adresse des Gesetzgebers richtet sich immer wieder der Vorwurf, das System der beruflichen Vorsorge sei zu stark reguliert, was es übermässig komplex mache. Hermann Dörig bestätigte, dass Pensionskassen in immer kürzerer Kadenz neu eingeführte Regulierungen umsetzen müssen. Dies zwingt insbesondere kleinere Pensionskassen zunehmend zum Anschluss an Sammelstiftungen. Hermann Dörig würde es begrüssen, wenn einige Aspekte, die heute der Gesetzgeber bestimmt, der Kompetenz des Stiftungsrats überlassen würden, beispielsweise der Umwandlungssatz.

Windhövel wies darauf hin, dass viele Regelungen Soll-Regeln sind, dass aber die darüber hinausstrebenden Möglichkeiten von den Vorsorgeeinrichtungen häufig gar nicht genutzt werden. So kann in begründeten Fällen mit der Aufsichtsbehörde beispielsweise eine höhere Aktienquote vereinbart werden.

Nach Ueli Mettler hat sich die Branche die derzeitige Regulierungssituation selbst zuzuschreiben, da neue Regelungen eingeführt werden, wenn die Öffentlichkeit findet, dass der freie Markt nicht funktioniert.

3-Säulen-System als Sahnehäubchen

Windhövel hob hervor, dass das 3-Säulen-System im internationalen Vergleich als «Sahnehäubchen» zu werten sei. Sie sah allerdings Potenzial, es noch «cremiger» zu machen, in dem es der längeren Lebenserwartung Rechnung trägt, aber nicht noch stärker dem Solidaritätsgedanken folgt.

In der 2. Säule hat die Solidarität ihrer Meinung nach nichts verloren. Hermann Dörig teilte diese Meinung. Die Quersubventionierung zwischen aktiven und passiven Versicherten müsse aufhören.

Des Weiteren hielt Windhövel die einseitige Orientierung am Deckungsgrad für falsch. Die zukunftsorientierte Steuerung anhand dieser vergangenheitsbezogenen Grösse erachtete sie als schwierig und verglich sie mit einem Auto, das mit verhängter Frontscheibe fährt und versucht, sein Ziel allein durch den Blick in den Rückspiegel zu erreichen.

c-alm hat laut Ueli Mettler bereits 2005 ein zukunftsgerichtetes Modell entwickelt, mit dem sich messen lässt, wie risikofähig eine Pensionskasse in der Krise ist. Hieraus ergibt sich, dass eine Vorsorgeeinrichtung ihre Risiken verteilen muss, um Spielraum zu haben, wenn sich die Invaliditätsrate, die Langlebigkeit oder die Zinsen anders entwickeln als geplant.

Wahlfreiheit bleibt umstritten

Die freie Pensionskassenwahl ist ein Dauerbrenner in der Diskussion um die Zukunft der beruflichen Vorsorge. Allerdings haben sich die Parteien und Branchenverbände im jüngsten Bericht des Bundesrats zur Zukunft der 2. Säule klar gegen eine Wahlfreiheit ausgesprochen.

Windhövel würde die freie Pensionskassenwahl, wie sie die Arbeitgeber heute haben, auch für Arbeitnehmende begrüssen. Das Argument, dass dadurch das BVG-System zerstört wird, liess sie ebenso wenig gelten, wie das Argument, dass die freie Pensionskassenwahl die Kosten überdurchschnittlich erhöhe.

Denn Arbeitnehmende wechseln schon heute alle drei bis vier Jahre die Stelle. Sie könnte sich ein Grundpaket analog der Krankenversicherung vorstellen. Ueli Mettler, der grundsätzlich für die Wahlfreiheit ist, meinte, in diesem Fall muss die Pensionskasse comparisfähig werden.

Transparenz bei Kosten und Entschädigungen schaffen

Die Studie zu den Vermögensverwaltungskosten in der 2. Säule, die c-alm im Auftrag des Bundesrats erstellt hat, zeigt, dass mehr Transparenz bei den Informationen über die Kosten notwendig ist. Die Studie enthält keine absolute Handlungsempfehlung. Gemäss Ueli Mettler macht es auch keinen Sinn, einseitig nur Kosten senken zu wollen, vielmehr sei darauf zu achten, möglichst einfache Produkte zu wählen.

Hermann Dörig hielt es ausserdem für wichtig, verschiedene Szenarien durchzuspielen, um die Pensionskasse sicherer zu machen. Nach seinen Änderungswünschen hinsichtlich der 2. Säule befragt, äusserte Ueli Mettler dass er Transparenz bei den Entschädigungen der Versicherungsbroker schaffen würde.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.75%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.11%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.75%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.21%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.17%
pixel