Das regulatorische Umfeld sei in letzter Zeit moderater geworden, stellt Dean Tenerelli von T. Rowe Price fest. Darum wachse auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Anleger in nächster Zeit von tief bewerteten Bankentiteln profitieren können.

Dean TenerelliHerr Tenerelli, ist nun, da die Gefahr eines Zerfalls der Eurozone gebannt ist, mit einer stabileren Marktlage und einem positiveren Aktienumfeld zu rechnen?

Dean Tenerelli: Ganz gebannt ist diese Gefahr noch nicht. Sie hat sich jedoch deutlich verringert, seit Mario Draghi erklärt hat, die Europäische Zentralbank (EZB) würde nichts unversucht lassen, um den Euro zu retten. Die Massnahmen haben nicht nur einen starken Rückgang der Spreads auf Staatsanleihen bewirkt, auch andere Stressindikatoren des Finanzmarkts sind gefallen. Zudem haben die europäischen Aktienmärkte positiv darauf reagiert, dass sich Europa im 2. Halbjahr 2012 besser entwickelt hat als der Rest der Welt.

Es ist nicht unbedingt sicher, ob die getroffenen Massnahmen den Markt in der nächsten Zeit stabilisieren werden. Doch ich bin schon einiges optimistischer, zumal das Risiko für Extremereignisse deutlich abgenommen hat. So besehen bin ich von einer Top-Down-Perspektive aus viel zuversichtlicher als noch Anfang 2012. Und was noch wichtiger ist: Auch ohne diese Massnahmen finde ich nach wie vor in allen Anlagebereichen Qualitätsunternehmen, die unseren Kunden gute Erträge liefern sollten.

Wie stark haben Sie in Ländern an der europäischen Peripherie investiert? Zeichnen sich dort mehr Chancen ab?

Momentan halte ich eine leicht übergewichtete Position in den Peripherieländern Europas. In Italien und Spanien bin ich am stärksten präsent. Dort habe ich mein Engagement in letzter Zeit auch ausgebaut. In Portugal und Irland habe ich keine Anlagen.

In Spanien habe ich weitere Positionen in der Gasversorgungsbranche aufgebaut. In dieser Branche gibt es viele gute Beispiele für Qualitätsunternehmen, die ungerechtfertigterweise vom Markt bestraft wurden, weil die Stimmungslage in ihrem Land schlecht ist. Dazu möchte ich anmerken, dass mein Anlageprozess auf einer Bottom-Up-Strategie beruht. Das heisst, dass jede Marktpräsenz in einem Land letztendlich auf meinen individuellen Einschätzungen von Aktien beruht.

Wie halten Sie es zurzeit mit europäischen Banken?

Insgesamt halte ich eine untergewichtete Position an europäischen Banken, die ich in den vergangenen Monaten reduziert habe. Doch der Finanzmarkt bleibt nach wie vor eine der grössten untergewichteten Positionen. Verstärkt habe ich mein Engagement bei Aktien mit Merkmalen, auf die ich bei der Suche nach Anlagemöglichkeiten achte: Wert und Qualität. Ermutigend ist, dass sich nun mehr Chancen bieten, verstärkt im Bankenbereich zu investieren, da sich die wirtschaftlichen Aussichten langsam etwas bessern.

Trotzdem wird das Umfeld für Banken anspruchsvoll bleiben. Da die Zinssätze in absehbarer Zukunft kaum steigen dürften, bleibt es für traditionelle Banken schwierig, Gewinne zu generieren, wie sie dies in der Vergangenheit getan haben. Trotz allem glaube ich aber, dass sich die Bewertungen weiter normalisieren sollten, denn die Risikobereitschaft steigt. Ausserdem ist das regulatorische Umfeld in letzter Zeit moderater geworden. Daher ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Anleger weiter von den tiefen Bewertungen profitieren werden.

Welche Rolle spielt die Marktpräsenz in Schwellenländern bei Investitionen in europäische Unternehmen?

Sicher nicht die Hauptrolle in meinem Aktienauswahlprozess. Doch sie ist insgesamt betrachtet auch ein Einflussfaktor bei Investitionen in europäische Unternehmen. Zum Glück sind in Europa viele Unternehmen angesiedelt, die einen immer grösseren Anteil ihres Umsatzes in Schwellenländern generieren. Die rasch wachsenden Konsumentenbedürfnisse in den Schwellenländern haben die Nachfrage nach bedeutenden Marken, besonders von europäischen Luxusgütern, enorm gesteigert. Führende globale Unternehmen in Europa ziehen Nutzen aus dieser gesteigerten Nachfrage. Meiner Ansicht nach bietet der Kauf von Beteiligungen an multinationalen europäischen Unternehmen oft die Chance, ein Unternehmen von weltweiter Bedeutung zu kaufen.

Unter Ihren Beteiligungen finden sich viele Unternehmen aus der Gesundheitsbranche. Wie schätzen Sie diese Sparte ein?

Pharmaunternehmen bieten relativ stabile Gewinnaussichten und hohe Dividendenrenditen. Dadurch haben 2012 viele ein gutes Ergebnis erzielt. Ich habe aber auf Grund der starken Kursentwicklung solcher Aktien einige unserer Positionen zurechtgestutzt und bin jetzt untergewichtet. Doch ich besitze nach wie vor einige Unternehmen, welche die so genannte «Patentklippe» erfolgreich umschifft haben. Diese haben ihre Geschäftsmodelle diversifiziert, um sich auf vielversprechende Themen wie ‹Konsumenten in Schwellenländern› zu konzentrieren. Ich bin auch weiterhin in die Bereiche ‹medizinische Geräte› und ‹Gesundheitsversorgung› investiert.

Viele Anleger sind der Meinung, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um in Europa einzusteigen. Was raten Sie?

Wenn man die Bewertungen betrachtet, hat zwar in letzter Zeit eine Rückkehr zum Mittelwert stattgefunden. Doch die Bewertungen sehen weiterhin niedrig aus. Europäische Aktien sind mit tiefen Gewinnen unter dem langjährigen Durchschnitt bewertet und bleiben verglichen zu den meisten Regionen und anderen Asset-Klassen auf einem attraktiven Niveau.

Trotz der bevorstehenden Herausforderungen und der Notwendigkeit steuerlicher Konvergenz bleibt Europa meiner Ansicht nach eine vielfältige Region, die Anlegern Zugang zu weltweiten Marktführern und einzigartigen Assets eröffnet. Viele davon werden auf Grund der Politik ihrer Standorte gegenüber globalen «Peers» mit deutlichen Abschlägen gehandelt. Der Unternehmenssektor ist ebenfalls in robuster Verfassung, was Investitionen, M&A-Aktivitäten sowie Umsatz- und Gewinnwachstum fördert.

Das Umfeld wird weiterhin komplex bleiben. Doch dies bietet aktiven Anlegern wie mir die Chance, von Bewertungs-Anomalien zu profitieren. Ich denke, wenn man den Markt aus einer langfristigen Perspektive betrachtet, bieten die aktuellen Gegebenheiten gute Chancen für ein verstärktes Engagement in der Region – und dies auf attraktivem Niveau.


Dean Tenerelli ist Portfolio Manager bei T. Rowe Price Funds SICAV – European Equity Fund. Seine Einschätzungen zu weitreren Anlagechancen in Europa gibt es unter diesem Link

 


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