Was bringt eine gute Datenanalyse? Dirk Heitmann von IBM erklärt, wie sich dank Smarter Analytics selbst Social-Media-Daten für Unternehmen effektiv nutzen lassen.

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Herr Heitmann, Business Analytics ist das grosse Schlagwort bei vielen Firmen. Inwiefern werden Business-Analytics-Erkenntnisse in der Finanzbranche genutzt?

Die Finanzbranche steht mit allen Unternehmensbereichen vor immer grösseren Herausforderungen: dem enormen Effizienz- und Kostendruck, dem Nachweis ihres direkten Anteils an der Wertschöpfung sowie immer höher werdenden Anforderungen durch staatliche Regulierungsbehörden.

Durch die hohe Affinität zu Finanzdaten und Kennzahlen liegt der Fokus aus Business Analytics Sicht im besonderen auf folgenden Merkmalen.

  • Flexibilität: Nutzer wollen bei der Analyse die Zahlen im Sinne von Szenarien auch verändern können, um so die Zukunft aktiv zu gestalten (was wäre, wenn?)
  • Performance/Usability: Schnelle Antwortzeiten des Systems auch insbesondere auf mobilen Plattformen sind gefordert. Die Anwender erwarten zunehmend die Nutzerfreundlichkeit und Leistung, die sie auch aus dem privaten Bereich auf mobilen Endgeräten, zum Beispiel Smartphones kennen.
  • Qualität und Zuverlässigkeit: Sind imperativ auf Grund staatlicher Regulierungen. Der Einsatz von Analytics spielt zunehmend auch in der Auswertung und Optimierung der Interaktion mit dem Endkunden eine Rolle, beispielweise zur Anpassung von Angeboten an die Marktnachfrage. Nicht zuletzt wird Business Analytics künftig auch im Bereich Vertriebssteuerung an Bedeutung innerhalb der Banken und Versicherungen gewinnen.

Sie leiten die Smarter Analytics-Initiative von IBM. Worum geht es dabei?

Die Initiative richtet sich an alle Anwender im Unternehmen. Wie erwähnt ist die effiziente Nutzung von Daten, insbesondere vor dem Hintergrund ständig wachsender Datenvolumina für alle Aufgabenfelder relevant.

So sind im Kundenmanagement nicht mehr nur die klassischen Daten wie Kundenvertragsdaten relevant, verstärkt haben auch externe, unstrukturierte Daten, zum Beispiel aus Social-Media-Plattformen, einen Wert für das Unternehmen, wenn man sie mit strukturierten Daten verknüpft, um etwa die Kundenbindung zu erhöhen oder neue Angebote zielgerichtet adressieren zu können.


«Ziel ist es, alle relevanten Bereich zu orchestrieren»


Wir beraten und begleiten im Rahmen der Smarter-Analytics-Initiative unsere Kunden dabei, die Komplexität der Daten und Systeme zu vereinfachen und sie somit für die Anwender erlebbar, auswertbar und verständlich zu machen. Dabei differenziert uns das Zusammenspiel von marktführenden Softwarekomponenten und erstklassiger Beratungsexpertise.

Ziel ist es, alle relevanten Bereiche (von der Datenhaltung über das Datenmanagement bis hin zur analytischen Komponente) so zu orchestrieren, dass die Nutzer zum Beispiel ein Controller oder CFO bestmöglich bei ihrer täglichen Arbeit unterstützt werden. Hierzu ist die Kenntnis der Kundenprozesse, die Bündelung unserer Dienstleistungen und Software zur Schaffung eines messbaren Wertbeitrags von IBM unser Differenzierungsmerkmal.


«Wir bieten intuitive Informationssysteme»


Was sind die Nutzen von Smarter-Anaytics-Tools für Unternehmen?

Wir stehen insbesondere durch Big Data und Analytics einer Revolution des Informationszeitalters gegenüber. Besonders in der Finanzbranche, bei den Banken und Versicherungen, sind die Daten des Unternehmens das wertvollste Gut.

Unser Anspruch ist es, die Kunden dabei zu unterstützen, alle im Unternehmen vorhandenen Informationen wertschöpfend zu nutzen, um eine bessere, optimierte und automatisierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Unser Geschäft ist es auch, den Anwendern intuitive Informationssysteme anzubieten, um so jederzeit alle notwendigen Informationen rechtzeitig und in der richtigen Form zur Verfügung zu stellen.


«Unsere Lösung minimieren die Fehlentscheidungen»


Der gezielte Einsatz unserer Lösungen erlaubt es unseren Kunden, Entscheidungen auf quantitative Grössen und qualitativ gesicherte Daten zu stützen und so die Anzahl an Fehlentscheidungen zu minimieren.

Ausserdem erlauben unsere Lösungen die Dokumentation und Abstimmung zwischen einer Vielzahl von Entscheidern, die Sicherung von Wettbewerbsvorteilen durch schnellere Entscheidungsfindung und die Absicherung von Vorhersagen auf kundenspezifischen Prognosemodellen.


«Business Analytics analysiert das Kerngeschäft»


Inwiefern stehen Business Analytics und Outsourcing in einem Zusammenhang?

IT-Abteilungen stehen wachsenden Anforderungen aus den Fachbereichen gegenüber. Komplexe Systeme müssen auf Grund von sich häufig ändernden Marktanforderungen schnell den Anforderungen der Fachbereiche angepasst werden. Es müssen zeitlich begrenzt Systemkapazitäten zur Verfügung gestellt werden, die im Outsourcing über intelligente Cloud-Konzepte kostengünstig angeboten werden können.

Business Analytics erlaubt darüber hinaus auch durch geschickte Analyse des Kerngeschäfts, wertschöpfende von weniger wertschöpfenden Prozessen zu trennen, etwa im Bereich der Analyse der Supply Chain. Prozesse, die immer weniger zur Wertschöpfung beitragen, dabei aber enorme Kosten verursachen, können ein erster Indikator dafür sein, diese auszulagern und an ein Partnerunternehmen zu vergeben. Business Analytics kann hier zeitnah helfen, erste quantitative Grössen zu liefern und diese mittels Benchmark mit anderen Unternehmen der gleichen Branche zu vergleichen.


«Hoch profitable Geschäfte müssen überprüft werden»


Die Finanzbranche befindet sich in einem geradezu epochalen Umbruch. Was spüren Sie davon aus Sicht von IBM?

Unsere Kunden spüren einen enormen Kosten- und Innovationsdruck. Nehmen Sie zum Beispiel im Bereich Versicherungen die Sparte Lebensversicherungen. Durch regulatorische Vorgaben verbunden mit dem extrem niedrigen Zinsniveau ist ein Teil unserer Kunden dazu gezwungen, einen über Jahrzehnte hoch profitablen Geschäftsbereich zu überprüfen. Sie müssen Anpassungen vornehmen und diese Entscheidungen können nur auf Basis von fundierten und validierten Informationen getroffen werden.

Anhand von Marktdaten werden Prognosen und Vorhersagemodelle erstellt, um diverse Szenarien zu simulieren bevor sie als marktreif eingestuft werden. Unsere Kunden müssen sich neue Produktbereiche erschliessen. Hierbei wird das Thema «Real Time Analytics» immer wichtiger. Der CIO der Allianz hat dazu eine spannende Einschätzung abgegeben.


«Wir wollen die Komplexität verringern»


Wir nehmen wahr, dass unsere Kunden weiterhin und verstärkt in das Thema Business Analytics investieren und über Jahre gewachsene Informationssysteme standardisieren, um einheitliche Sichten auf die im Unternehmen vorliegenden Informationen zu gewährleisten und diese bestmöglich auszuwerten.

Welchen Beitrag kann IBM Business Analytics zu den Veränderungen in der Finanzwelt beitragen?

Wir helfen die Komplexität zu verringern, so dass die Anwender Informationssysteme als intuitiv und erlebbar empfinden. Wir widmen uns ganz der Maxime «Mobile First». Durch den breiten Zugang von Informationen in alle Fachbereiche ermöglichen wir den Kunden, Informationen als wertschöpfend wahrzunehmen. Themen wie Next Best Action unterstützen in Kombination mit Real Time Analytics zum Beispiel neue kundenindividuelle Versicherungsmodelle.


«Die Versicherungen öffnen sich neuen Geschäftsansätzen»


So ist es absolut denkbar, dass in nur drei bis fünf Jahren Versicherungen und Banken Vertragskonditionen in einen zeitlichen Kontext stellen, wie wir es z.B. bereits heute von der Preissetzung eines Flugtickets kennen. Eine Reiserücktrittsversicherung könnte dann einen ganz anderen Preis haben, wenn wir über soziale Medien von unserem Kunden wissen, dass er nächste Woche in den Urlaub in eine Krisenregion fliegt.

Sie haben eine Zeitlang auch für Versicherungskunden gearbeitet. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Die Versicherungen öffnen sich zunehmend neuen und innovativen Geschäftsansätzen für Endkunden, sei es im Bereich Mobile oder auch in der Optimierung der Interaktion mit dem Kunden. Hierbei werden beispielsweise analytische Lösungen zu einer effizienteren Kundensegmentierung genutzt, um die dringend notwendigen Wettbewerbsvorteile und auch die Möglichkeiten zur Kostenoptimierung gleichermassen abzubilden.


«Big Data ist eine regulatorische Notwendigkeit»


Analytics und Big Data sind gerade für die Versicherungen, die ihre Kunden langzeitlich und umfassend betreuen und binden wollen, regulatorische Notwendigkeit und Differenzierungsmerkmal zugleich.

Welches sind aus Ihrer Sicht die Highlights am diesjährigen IBM Financial Analytics Summit 2013?

Wir konnten viele hochkarätige Sprecher für die Veranstaltung gewinnen, um somit ein möglichst breites Spektrum an Vorträgen zu bieten, welche sich an die verschiedensten Entscheidergruppen aus den Finanzbereichen richten.

Highlights sind dabei sicherlich die Keynote von Thomas Borer (Gründer Dr. Borer Consulting) und seine Vision über die Zukunft der Schweiz sowie die Live-Kundenbeispiele von Hoffmann-La Roche, der Takeda International und der Firma Walter Meier, die veranschaulichen, wie diese Kunden unsere Produkte in ihren Unternehmen einsetzen.


heitmann_dirk_ibm_2Dirk Heitmann führt als Business Unit Executive seit Januar 2012 den Geschäftsbereich Business Analytics in der IBM Software Group in DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz). Gleichzeitig leitet er die Smarter-Analytics-Initiative der IBM, bei der er bereichsübergreifend – Hardware, Software und Consulting Services – für die Integration und Koordination des Leistungsspektrums der IBM verantwortlich ist.

Heitmann war als Dealmaker im Grossvertragsgeschäft von IBM GTS Strategic Outsourcing tätig und leitete von 2007 bis 2010 als Direktor IBMs kaufmännischen Gesamtvertrieb für Versicherungskunden in Norddeutschland.

In seiner letzten Aufgabe war er als Executive Assistant des IBM General Managers Europa in Zürich tätig. Heitmann hat seine Wurzeln in der IBM Unternehmensberatung Global Business Services, wo er für grosse Integrationsprojekte im Bereich Multichannel und E-Business für Kunden aus dem Automobil- und Financial Services Sektor verantwortlich war.

Heitmann hat an der Universität Stuttgart, TU Dresden, TU Braunschweig und Polytechnico Milano Architektur studiert.