Von der Duration zur Liquiditätsfalle: Die Jagd nach Rendite ist riskant. Doch jetzt sind die Anleger bereit, mehr zu wagen, sagt Alfonso Papa, CEO von ING Investment Management in der Schweiz.

Herr Papa, die Jagd nach Rendite bleibt ein allgegenwärtiges Thema. Wie verhalten sich die Märkte bisher im noch jungen 2014?

Tatsächlich gehen viele Anleger, so auch die meisten Pensionskassenverwalter, immer noch von einem längerfristig anhaltenden tiefen Zinsniveau aus. Die Jagd nach Rendite treibt die Märkte an. 2013 waren die Aktienrenditen speziell durch die äusserst lockere Geldpolitik getrieben. 2014 werden nun die Ertragsdaten der Unternehmen die Erwartung der Anleger bestätigen müssen.

Zu Jahresbeginn sind wir von einem erhöhten Risikoappetit ausgegangen, was die Entwicklung der Aktienkurse für 2014 gerade in Europa begünstigen sollte. Die jüngsten Entwicklungen trüben die Stimmung aber etwas. Dies ist dann auch in der Risikoaversion der Anleger feststellbar.

«Wir sehen Anleihen aus Schwellenländern als grösste Gefahr»

Es ist unseres Erachtens aber zu früh, um ein pessimistisches Bild zu malen, und wir gehen deshalb von einer temporären Korrektur des Risikoappetits aus. Zumal die Erholung der globale Konjunktur anhält und keine signifikante Schädigung der fundamentalen Trends zu verzeichnen sind.

Welche Gefahren sehen Sie?
Anleger sind nach wie vor auf merklich höhere Renditen angewiesen, welche der klassische festverzinsliche Bereich nicht liefern wird. Deshalb bewegen sich auch viele Investoren in Märkten, in denen sie bisher wenig Erfahrung hatten und die zuweilen sehr empfindlich auf kurzfristige Entwicklungen reagieren können.

Das Wachstums-Momentum in Schwellenländern schwächt sich weiter ab, was natürlich ein Risiko per se darstellt. Die Länder und Regionen, die derzeit als Treiber des globalen Wachstumszyklus angesehen werden können (USA, Japan, UK, Deutschland, europäische Peripheriestaaten), befinden sich auf dem stärksten Expansionskurs seit der Krise.

«Der Anleger ist gewillt, Risiken einzugehen, die er zu wenig versteht»

Im festverzinslichen Bereich sehen wir Anleihen aus Schwellenländern als grösste Gefahr. Wie gesagt, es ist zu früh, um sich für eine pessimistische Entwicklung der Märkte zu positionieren. Wir sehen aber insgesamt ein erhöhtes Anlagerisiko und bevorzugen die fundamentale Diversifikation der Anlagen. Gerade das festverzinsliche Portfolio sollte hierbei nicht vernachlässigt werden.

Wie meinen Sie das?

Anleger haben verstanden, dass Durationsrisiken sich vehement auswirken können. Deshalb gilt es, sich gegen langfristig steigende Zinsen zu schützen, zumal die aktuellen Renditen einfach nicht genügend Ertrag abwerfen, um das Risiko zu rechtfertigen. Der Anleger ist aber auch auf absolute Rendite angewiesen und deshalb gewillt, Risiken einzugehen, die er unter Umständen zu wenig versteht und mit denen er wenig Erfahrung hat.

Globale Kreditmärkte ziehen Anleger dank historisch tiefen Ausfallraten und relativ attraktiven Verzinsungen an. Sie bergen aber auch Gefahren in Form von erhöhten Liquiditätsengpässen in Stressphasen auf. Ein Anleger sollte sich deshalb nur unter Beratung durch einen professionellen und erfahrenen Manager in diesen Märkten bewegen.

«Man sollte alle Risikoaspekte in Betracht ziehen»

Zudem gilt es, einen diversifizierten Ansatz zu pflegen. Ein bisher durch Staatsanleihen und/oder Unternehmensanleihen höherer Bonität geprägtes Portfolio sollte nicht einzig durch eine High-Yield-Investition angereichert werden. Vielmehr muss das Portfolio alle Risikoaspekte in Betracht ziehen und entsprechend diversifiziert einsetzen: Zinssensitivität, Ausfallrisiken, Währungsrisiken, Branchenrisiken, makroökonomische Aspekte, Liquiditätsrisiken aber auch technische Marktrisiken, welche vor allem durch das Verhalten der Marktteilnehmer geprägt sind.

Wo sehen Sie die grössten Chancen im festverzinslichen Bereich?

Ein gut diversifiziertes Portfolio ist Voraussetzung. Ich würde erfahrene Anleger auf europäische Asset Backed Securities (ABS) aufmerksam machen. Die Spreads bewegen sich über dem langfristigen Durchschnitt, die Ausfallraten sind äusserst niedrig, die Regulation unterstützt ABS (Stichwort Solvency II in Europa), das Gesamtangebot hat sich während der Krise stark reduziert und kommt weit weniger konzentriert daher. Ausserdem bieten sie ähnlich wie Senior Secured Loans einen Schutz gegen steigende Zinsen.


Alfonso Papa ist Geschäftsführer von ING Investment Management (Schweiz), Zürich