Der Vergleich der Renditeentwicklung deutscher und italienischer Staatsanleihen zeige, dass sich die Erträge abhängig vom makroökonomischen Umfeld unterscheiden würden, erklärt Wolfgang Bauer von M&G.

Von Wolfgang Bauer, Fondsmanager im Fixed Income Team von M&G Investments

Entsprechend stellt sich die Frage, ob Anleger für das eingegangene Risiko unter den aktuellen Umständen überhaupt adäquat entschädigt werden, oder die anhaltende Annäherung dieser beiden Anlageklassen die Bewertungsdifferenzen bereits vollständig aufgezehrt hat.

Wenn man sich die Renditen von Staatsanleihen aus den europäischen Randstaaten sowie den Kernländern Europas in den vergangenen zehn Jahren genauer anschaut, sind drei Phasen erkennbar. Als Indikatoren haben wir die auf Monatsbasis erhobenen Renditen 10-jähriger Anleihen aus den grössten Volkswirtschaften der Peripheriestaaten sowie der Kernländer (Italien respektive Deutschland) zugrunde gelegt.

Unmittelbar nach der Lehman-Pleite

er Übergang von der Phase einer engen Korrelation zu einem Auseinanderdriften vollzog sich schon unmittelbar nach der Lehman-Pleite; auf Grund ihres Status als «safe haven» sanken die Renditen deutscher Bundesanleihen seinerzeit deutlicher als die italienischer Papiere.

In der Folge gingen die Renditen an beiden Märkten zurück, bis die Eurokrise Fahrt aufnahm. Dann gaben die Renditen deutscher Anleihen sogar noch weiter nach, wohingegen die Renditen italienischer Papiere anstiegen. Auch an dieser Stelle markierte das öffentliche Bekenntnis von Mario Draghi zum Euro den Wendepunkt hin zu einer erneuten Annäherungstendenz.

MG Chart 500

Derzeit können Anleger eine Zusatzrendite von etwa 170 Basispunkten (BP) erzielen, wenn sie anstelle 10-jähriger deutscher Bundesanleihen in italienische Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit investieren.

Ein Blick auf die Spreads

Dieser Renditeaufschlag macht einen doch recht ordentlichen Eindruck, und zwar insbesondere im Vergleich zu Zinsdifferenzen zwischen Unternehmensanleihen mit Investmentstatus aus den europäischen Randstaaten und den Kernländern, der lediglich mickrige 18 BP beträgt.

Da die Zinsdifferenzen von einem Niveau von seinerzeit über 450 BP in den letzten zwei Jahren deutlich gesunken sind, stellt sich für Anleiheninvestoren nun aber zwangsläufig die Frage, wie stark die Spreads noch schrumpfen können.

Noch Spielraum

Die Antwort auf diese Frage hängt in erster Linie davon ab, welchen Referenz-Zeitraum die Anleihenmärkte als angemessen ansehen. Falls man am Markt tatsächlich die Auffassung vertreten sollte, dass die Eurokrise inzwischen ein für alle Mal überwunden worden ist, braucht man nicht allzu viel Fantasie, um sich einen vollständigen Wegfall der Renditedifferenzen auszumalen (wie in der ersten Phase der obigen Grafik).

Schaut man sich aber einen 10-Jahreszeitraum an, scheint durchaus noch Spielraum für eine weitere Annäherung zu bestehen. Schliesslich liegt die aktuelle Renditedifferenz innerhalb des dritten Quartils; sollten die Anleihenmärkte aber ein erneutes Aufflammen der Turbulenzen in der Eurozone für realistisch erachten, wären die letzten fünf Jahre wohl ein geeigneterer Referenzzeitraum.

Risikoprämien aufgezehrt

In diesem Fall wirkt die derzeitige Renditedifferenz nicht mehr so gross und rangiert nur noch im zweiten Quartil. Die letzt genannte Zahl scheint die aktuelle Stimmungslage am Markt allerdings nicht widerzuspiegeln. Dafür spricht zumindest der Umstand, dass sich die Renditen in den vergangenen Monaten unvermindert einander angenähert haben.

Insgesamt scheinen die Risikoprämien, die Engagements in den europäischen Peripherieländern gegenüber den Kernstaaten bieten, inzwischen bereits grösstenteils aufgezehrt worden zu sein. Deshalb sind Anleihen aus den Randstaaten mittlerweile auch zweifellos nicht mehr so attraktiv bewertet wie noch vor zwei Jahren.

Bessere Renditechancen

Im Gegensatz zu den Zinsdifferenzen von Unternehmensanleihen mit Investmentstatus scheinen Staatsanleihen trotz einer fortschreitenden Konvergenz aber noch bessere Renditechancen zu bieten – und zwar sowohl im Hinblick auf die aktuellen Spreads zwischen Peripherie-Papieren und Anleihen aus den Kernländern als auch bezüglich einer möglichen relativen Outperformance von Anleihen aus den europäischen Randstaaten gegenüber ihren Pendants aus den Kernländern.

Allerdings müssten die Anleihenmärkte auch wirklich davon überzeugt sein, dass die Eurokrise der Vergangenheit angehört, damit die aktuelle Konvergenztendenz anhält.