Warum das Fundamental Indexing bei globalen Staatsanleihen-Investments interessant ist, weiss William de Vries von Kempen Capital Management.

William de Vries ist Head of Core Fixed Income bei Kempen Capital Management

Die internationalen Kapitalmärkte und erst recht die internationalen Staatsanleihen-Märkte werden als liquide und effizient wahrgenommen. Doch wir haben es hier mit unvollkommenen Märkten zu tun, so dass Staatsanleiherenditen nicht immer alle den Anlegern zur Verfügung stehenden Informationen angemessen berücksichtigen.

Angesichts der Tatsache, dass die Marktbewegungen vom nicht rationalen Handeln politischer Entscheidungsträger und der Öffentlichkeit geprägt sind, erweist sich ein Investment in Staatsanleihen über einen nach der Marktkapitalisierung gewichteten Rentenindex offenbar nicht als kluge Wahl.

Die Gründerväter

Das aktuelle Interesse an Anleihestrategien, mit denen sich ein so genanntes alternatives Beta erzielen lässt, ist also verständlich. Einen wichtigen Beitrag für eine geeignete Staatsanleihenstrategie haben Rob Arnott und Jason Hsu von Research Affiliates (RAFI) geleistet, die als die Gründerväter des Fundamental Indexing gelten. Die Grundidee fundamentaler Investmentstrategien besteht darin, dass der Anleger den mit marktkapitalisierungsgewichteten Indizes einhergehenden «Buy high, sell low»-Effekt vermeidet. Zur Bestimmung der Assetallokation eines Portfolios wird daher ein preisunabhängiger Faktor verwendet.

Gestreutes Ausfallrisiko

Anleger, die in den vergangenen vier Jahren auf Sicherheit gesetzt und in deutsche Bundesanleihen investiert haben, konnten hohe Renditen verbuchen. Sie profitierten von der Flucht in Qualitätswerte, die dazu führte, dass die deutschen Staatspapiere bei unter 2 Prozent rentierten.

In Anbetracht der niedrigen Renditen für die meisten erstklassigen Schuldner (AAA-Rating), fragen sich Anleger zu Recht, ob sich nicht ein breiter diversifiziertes internationales Staatsanleihen-Portfolio konstruieren lässt, das gleichzeitig eine Streuung des Ausfallrisikos erlaubt.

Starke Gewichtung

Die Eurokrise hat deutlich gezeigt, wie Anleger mit einem globalen Staatsanleihenportfolio fahren, das einen marktkapitalisierungsgewichteten Index nachbildet. In einem solchen Portfolio machen die grössten Schuldner den überwiegenden Anteil aus. Doch wollen Anleger wirklich das Gros ihres defensiven Portfolios in hochverschuldete Länder wie die USA, Japan, Italien und Frankreich investieren?

Diese vier Emittenten haben zusammen eine Gewichtung von über 70 Prozent in einem auf der Marktkapitalisierung basierenden Standardindex. Noch beunruhigender ist dabei, dass die Renditen der betreffenden Staatsanleihen von den jeweiligen Zentralbanken durch eine massive quantitative Lockerung künstlich niedrig gehalten werden.

Bedeutung der Weltwirtschaft

Der Marktmechanismus, wonach der grösste Schuldner die Anleger für das höhere wahrgenommene Ausfallrisiko auch mit einer höheren Rendite entschädigen muss, scheint ausgehebelt. Eine Alternative bietet Fundamental Indexing-Strategie, denn auch sie setzt auf ein breit diversifiziertes globales Anleiheportfolio. Das Wesentliche der Strategie ist jedoch, dass nicht mehr die Marktkapitalisierung über die Gewichtung eines Landes im Index entscheidet, sondern vielmehr dessen Bedeutung für die Weltwirtschaft.

Um diese Bedeutung näherungsweise zu bestimmen, werden die Länder gleichmäßig nach Bruttoinlandprodukt (BIP), Fläche, Bevölkerung und Energieverbrauch gewichtet. An diesen Grössen lassen sich die Verfügbarkeit von Kapital, Arbeit und Rohstoffen sowie die Produktivität eines einzelnen Landes ablesen.

Wer kann Schulden tilgen?

Somit wird vermieden, dass die Länder mit den meisten Schulden automatisch die höchste Gewichtung in einem Staatsanleiheportfolio erhalten. Die Gewichtungen der einzelnen Portfoliobestandteile richten sich bei dieser Strategie nach vier unabhängigen volkswirtschaftlichen Kennzahlen und wird jährlich zurückgesetzt.

Der Ländergewichtung liegt die Annahme zugrunde, dass auf lange Sicht nur solche Staaten ihre Schulden tilgen können, die über die Fähigkeit und die wirtschaftlichen Ressourcen verfügen, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen. Die Strategie erscheint in jeder Hinsicht plausibel, und auch die Backtests zeigen, dass das Fundamental Indexing Anlegern auf der Suche nach einem breit diversifizierten globalen Staatsanleiheportfolio eine robustere langfristige Investmentlösung bietet.

Auf Grund der besseren globalen Diversifikation erzielt die Strategie nicht nur höhere, sondern auch weniger volatile Renditen (siehe Abbildung).

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Wie die Rückberechnungen auf Basis unserer Analysen für den Zeitraum Oktober 2001 bis Oktober 2013 zeigen, war die annualisierte Rendite der Fundamental Indexing-Strategie für globale Staatsanleihen 1,3 Prozent höher als die des entsprechenden marktkapitalisierungsgewichteten Index. Von grösserer Bedeutung ist allerdings, dass dieser Renditevorsprung sogar bei einer deutlich geringeren Volatilität – 5,5 Prozent im Vergleich zu 7,2 Prozent – erzielt wurde.

Noch offensichtlicher wird der Unterschied, wenn die letzte volatile Phase der Staatanleihenmärkte betrachtet wird. Für den Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2013 ergibt sich für die Fundamental Indexing-Strategie eine 0,3 Prozent höhere annualisierte relative Rendite als für den entsprechenden marktkapitalisierungsgewichteten Index. Die Volatilität der mit der Fundamental Indexing-Strategie erzielten Rendite blieb stabil in der Nähe von 5,5 Prozent, während die Rendite des marktgewichtungsbasierten Index mit einer Volatilität von 9,2 Prozent erheblich stärker schwankte.

Wie funktioniert die Theorie in der Praxis?

Die «Citi RAFI Sovereign Developed Markets Bond Index Series» bildet ein Engagement in 22 Staatsanleihenmärkte von Industrieländern ab. Momentan enthält der Index 920 Staatsanleihen und wird in allen Finanzmarktmedien veröffentlicht.

Er ist eine praxistaugliche Lösung für Anleger, die nach einer Strategie zur Generierung von alternativem Beta im globalen Staatsanleihenuniversum suchen. Als Weiterentwicklung dieses Ansatzes wurde vor Kurzem der «Citi RAFI World Corporate Investment-Grade Bond Index» mit 4'670 Werten aufgelegt.

Ob dieser Index seine Praxistauglichkeit am weniger liquiden und schwierigerem globalen Unternehmensanleihemarkt ebenso gut unter Beweis stellen wird wie der Industrie-Staatsanleihen-Index, bleibt eine spannende Frage für die nahe Zukunft.