Welche Branchen könnten sich 2015 als anfällig auf den Sirenengesang der Investmentbanker erweisen?

Von Richard Dunbar, Deputy Head of Global Strategy, Aberdeen Asset Management

Das abgelaufene Jahr war für Fusionen und Übernahmen (Mergers and Acquisitions, M&A) besonders ereignisreich. Der Wert der in den ersten neun Monaten getätigten Transaktionen belief sich auf 2,8 Billionen Dollar. Dies stellt gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum eine Zunahme von 34 Prozent dar sowie den höchsten 9-Monats-Wert seit dem Boom-Jahr 2007 dar.

So konnten die Investmentbanker, die sieben Jahre lang darben mussten, ein rauschendes Weihnachtsfest feiern. Doch werden sie auch in diesem Jahr wieder jubeln können?

Frisch im Gedächtnis

Dafür spricht allein schon die Tatsache, dass viele Unternehmen regelrecht in Geld schwimmen. In den USA haben sie fast 2 Billionen Dollar gehortet. Dieses Hamstern ist nicht einmal überraschend, denn die extrem restriktive Kreditvergabe durch die Banken und die Austrocknung der Obligationenmärkte ist den meisten Managern noch allzu frisch im Gedächtnis.

So streben sie nach mehr Unabhängigkeit, was angesichts der unzuverlässigen Geldgeber vielleicht sogar ein kluger Schachzug ist. Allerdings haben 2014 einige Finanzvorstände die Schatullen bereits weit geöffnet, zumal das Vermögen der US-Wirtschaft im Zuge des sich langsam aufbauenden Aufschwungs kräftig gewachsen ist.

Empfänglich wie Teenager

Die verbesserten Perspektiven für die grösste Volkswirtschaft der Welt haben die Befürchtung der Firmenchefs zerstreut, ein Konjunkturabschwung könnte ihre M&A-Gelüste plötzlich der Lächerlichkeit anheim geben. Die US-Wirtschaft dürfte 2015 im Aufwind bleiben.

Bei Fusionen und Übernahmen sind die Konzernlenker für Modetrends so empfänglich wie Teenager. Dies führt häufig zu einer geradezu obsessiven Fokussierung auf einen bestimmten Sektor. Prescht ein Unternehmen vor, folgen ihm seine Peers alsbald.

Fortgesetzter Herdentrieb

Dies führte dazu, dass in dem mit Ertragsrückgängen kämpfenden Pharmasektor M&A zur «Strategie du Jour» wurde. So haben GSK, Novartis, Pfizer, Valient und AbbVie, um nur einige zu nennen, allesamt Transaktionen getätigt, die, so versicherten sie, Shareholder Value schaffen würden. Dieser Herdentrieb wird 2015 mit Sicherheit weitergehen.

Doch welche Sektoren könnten sich in diesem Jahr sonst noch als anfällig auf den Sirenengesang der Investmentbanker erweisen? Der Druck auf die Erträge dürfte einige Unternehmen in der Rüstungs- und Ölindustrie zu Käufen verleiten, die Synergien bei Erträgen und Kosten versprechen.

Übernahmen im Finanzsektor

Ausgeschlossen sind Übernahmen auch im Finanzsektor nicht, der sich davon eine bessere Kapitalausstattung und mehr regulatorische Sicherheit verspricht. Fusionen und Übernahmen stehen erneut auch im Bereich der Sozialen Medien zu erwarten.

Natürlich sollten wir aber daran denken, dass bisher noch alle Manager, die eine Fusion oder Übernahme planten, den erwerbenden Gesellschaftern den Himmel auf Erden versprachen. Aber die Theoretiker und Ökonomieprofessoren – und eigene schmerzhafte Erfahrungen – rufen uns in Erinnerung, dass nur die wenigsten Transaktionen halten, was sie versprechen.