Der europäische ETF-Markt sei wie ein TGV, sagt Hector McNeil von WisdomTree. Wie der französische Hochgeschwindigkeitszug werde auch der Markt für Indexprodukte in Europa noch rasant wachsen.

Hector McNeil ist Co-CEO von WisdomTree Europa

Herr McNeil, WisdomTree hat sich recht lange Zeit gelassen, nach Europa und in die Schweiz zu expandieren. War der Markt noch nicht reif?

WisdomTree hat sich lange in Europa umgesehen und verwaltet mittlerweile bedeutende Summen von europäischen Kunden, die bereits in den USA gelistete Exchange Traded Funds (ETF) gekauft haben. Auf Grund des raschen Wachstums des Geschäfts in den USA ist es eine Frage der Prioritäten. Der Kauf der Marke Boost erlaubte uns, die Start-up-Phase zu verkürzen und ein eingespieltes Team einzukaufen. Dadurch konnten wir die Marke WisdomTree in weniger als sechs Monaten lancieren.

In der Branche heisst es, dass sich die Kundengelder in Indexprodukten in Europa bis 2017 verdoppeln werden. Richtig?

Interessant ist, dass amerkanischen ETF mehr als 2 Billionen Dollar umfassen. Das entspricht ungefähr 12 Prozent der Vermögen, die von Investmentfonds verwaltet werden. Europa steht bei rund 500 Milliarden Dollar, das sind nur 3 Prozent des Volumens von Investmentfonds. Die USA war 2006/2007 bei diesem Niveau. Das bedeutet, dass wir etwa acht Jahre zurück liegen.

«Der europäische Markt wächst schneller»

Wenn wir der gleichen Logik folgen, sollte sich der europäische ETF-Markt mindestens vervierfachen. Da die Entwicklung in den USA den Weg geebnet hat, dürfte Europa nicht so lange brauchen, um dieselben Niveaus zu erreichen. Wir haben die Entwicklung in den USA als eine hervorragende Fallstudie, von der wir lernen können.

Welche Innovationen sind von WisdomTree zu erwarten?

Unser Fokus liegt immer darauf, entweder Mehrwert zu schaffen oder einzigartig zu sein. Dies ist der Massstab, den wir uns setzen. Wir unterstützen auch alle unsere Bemühungen mit einem ausgezeichneten Service, ob das die Vorbereitung von Anlässen, das Makro-Research, die Unterstützung der Kapitalmärkte, Portfolio-Ideen oder anderes.

«Die Kraft der ETF-Story überzeugt»

Wir werden weiterhin innovative und Mehrwert-schaffende ETF und ETP anbieten und ebenso tiefere und stärkere Beziehungen zu unseren Kunden unterhalten.

Im Gegensatz zu den USA sind ETF in Europa und auch in der Schweiz noch nicht in den Depots vieler Retailkunden. Wie gehen Sie diesen Markt an?

Ich bin überzeugt von der Kraft der ETF-Story und denke, dass sie allmählich auch zu den europäischen Investoren durchdringt. Interessanterweise sind die italienischen Privatanleger überaus aktiv im ETF-Markt, vor allem im Short-und-Leverage-Markt. Im Lauf der Zeit erwarte ich, dass sich dies auch in der Schweiz der Fall sein wird.

«Wir holen zum US-Markt rasch auf»

Zudem werden auch Schweizer Vermögensverwalter zunehmend zu einem gebührenbasierten Modell greifen, was der Verbreitung unter Retail-Kunden massiv helfen wird. Die Vorteile der Liquidität, der Transparenz und der niedrigen Gebühren werden für alle Investoren auf der Suche nach Low-Cost-Portfolios offensichtlich sein. Auch das Wachstum der Renten-Ersparnisse spielt der ETF-Nutzung in die Hände.

Wie würden Sie einem Retailkunden Smart-Beta erklären?

Einfach ausgedrückt strebt Smart-Beta danach, den Markt zu übertreffen – oder bessere risikobereinigte Renditen zu schaffen als der Markt. Dies im Unterschied zum Beta, das eher die Performance aller investierbaren Aktien in einem Aktienmarkt misst.

Der ETF-Markt ist in den vergangenen 15 Jahren enorm gewachsen. Einige Firmen sind von grösseren übernommen worden. Was ist Ihre Prognose?

Der europäische ETF-Markt ist wie ein französischer TGV-Zug – er ist für Höchstgeschwindigkeiten gebaut. Wir holen rasch zum US-ETF-Markt auf und treffen unterwegs den lokalen Investmentfond-Markt und den für Strukturierte Produkte. Die ETF werden bei den Kundenvermögen die Schallmauer von 2 Billionen Dollar in weniger als fünf Jahren, vielleicht sogar in drei Jahren, übertreffen.

«Es wird Fondsschliessungen geben»

Auf dem Weg dorthin wird es eine signifikante M&A-Aktivität und Fondsschliessungen geben. ETF-Anbieter werden den Markt verlassen und ihn den grossen Firmen im Asset Management und fokussierteren Spezialanbietern überlassen. Beta, Smart-Beta und aktive ETF werden allesamt präsent sein und Milliarden von Euro, Dollar und Franken werden in jedes Segment investiert sein.


Hector McNeil ist ein Spezialist für ETF- und ETP-Produkte. Er verfügt über gut zehn Jahre Erfahrung in diesem Geschäft. McNeil startete seine Karriere an der Londoner Börse, weitere Stationen waren Morgan Stanley, Nomura und Susquehanna. Als Managing Partner von ETF Securities half er massgeblich, das Unternehmen vom Startup zum etablierten Asset Manager zu entwickeln.