In diesem Jahr ist die erste Kakao-Ernte in Afrika katastrophal ausgefallen. Hat das Auswirkungen auf den Kurs der Lindt-Aktie?

Von Laurent Bakhtiari, Marktanalyst bei der IG Bank

Lindt ist eine Aktie, die einen sehr engen Bezug zur Schweiz hat, und gleichzeitig ist die Tätigkeit des Unternehmens relativ einfach zu verstehen. Die Firma erwirtschaftet ihre Erträge aus einer einzigen Aktivität: der Herstellung und dem Verkauf von Schokolade.

Diese Tatsache vereinfacht die Analyse der Aktie erheblich. Wie sehen wir also Lindt, und welche Entwicklung können wir uns dabei vorstellen?

Der Haupt-Rohstoff

Es wäre zu einfach zu sagen, dass der Kakaopreis, immerhin der Hauptrohstoff von Lindt, den Aktienkurs durch seine Entwicklung steuert. Wir können diese Theorie sogar an einem einfachen Beispiel veranschaulichen: Wenn der Preis des Kakao-Futures-Kontraktes steigt, nehmen auch die Kosten der Schokoladenherstellung zu.

Erhöht Lindt daraufhin die Preise nicht, reduziert sich die Gewinnmarge zwangsläufig, und in der Folge führt das zu einem fallenden Aktienkurs.

Signifikante Korrelation

Tatsächlich ist das Grundprinzip aber gerade umgekehrt, denn je höher der Kakaopreis steigt, desto höher steigt auch der Wert der Lindt-Aktie. Die Erklärung hierfür kann sein, dass Lindt im High-End-Segment positioniert und die Gewinnmarge der Produkte ausserordentlich hoch ist.

Aus diesem Grund müssen die Konkurrenten aus dem Low-End-Segment bei steigenden Kakao-Preisen auch die Preise für ihr Endprodukt erhöhen, was die Verbraucher wiederum dazu veranlasst, auf das High-End-Produkt umzusteigen.

Die Korrelation zwischen Kakao und dem Aktienkurs von Lindt ist signifikant. In den vergangenen zwei Jahren lag sie auf Monatsbasis bei +0,35.

Die Kakaonachfrage

Die Kakaonachfrage ist ein entscheidender Faktor für jeden Schokoladenhersteller. Sie lag bis 2014 dank China und Indien hoch, Länder, die historisch gesehen nur wenig Schokolade verzehrten, sich in den vergangenen Jahren jedoch mehr und mehr darauf eingelassen haben.

Darüber hinaus waren die Dürren in Afrika ein weiterer Preistreiber. Allerdings hat sich die Nachfrage in Asien, Europa und Nordamerika stark abgeschwächt und ist sogar niedriger als die Prognosen der International Cocoa Organization (ICCO). Diese Zahlen können jedoch nur einen temporären Rückgang darstellen. Denn immerhin bleibt das Unternehmen Barry Callebaut, das für einen Fünftel der weltweiten Schokoladenproduktion aufkommt, zuversichtlich für das laufende und auch für das folgende Jahr.

Der künftige Preis der Aktie

Wir müssen berücksichtigen, dass die Kakaoherstellung in zwei Stufen erfolgt: Diejenige von März bis Juni, die fast ein Viertel der Jahresproduktion darstellt, und diejenige von September bis Januar, die drei Viertel darstellt. Die Presse hat vor ein paar Wochen bereits berichtet, dass die erste Ernte in Ghana katastrophal war und bleibt auch für die restliche Jahresernte pessimistisch.

Dies hat den Kakaopreis um fast 10 Prozent auf mehr als 3'100 Dollar pro Tonne gesteigert, was den höcshten Stand des laufenden Jahres darstellt. Dies könnte theoretisch den Kurs der Lindt-Aktie unterstützen. Allerdings bleibt eine Sorge: Ghana – Hauptlieferant von Lindt – wurde von den Ausfällen sehr stark getroffen. 

 

Ein realistisches Kursziel

Wir glauben jedoch, dass das mediale Aufheben bezüglich der schlechten Ernte wahrscheinlich etwas übertrieben ist, und dass die Aktie nach wie vor Potential hat. Obwohl wir die nächsten Halbjahreszahlen von Lindt und der Konkurrenz noch analysieren müssen, gehen wir von einem weiteren Umsatzwachstum aus. 

Das ist denn auch der Grund, dass wir bis im März 2016 mit einem Kursziel von 63'000 Franken je Aktie rechnen.