Dank der jüngsten Notenbank-Beschlüsse sollten die Aktienmärkte – zumindest bis Ende Jahr – noch steigen. Aber ein weiteres Mal nicht aus den richtigen Gründen, sagt Andreas Ruhlmann von der IG Bank.

Von Andreas Ruhlmann, Marktanalyst bei der IG Bank

Vergangene Woche hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi (Bild), seinen Auftritt vor den Medien brillant gemeistert. Denn es ist ihm gelungen, den Euro weiter abzuwerten. Dies, zum einen mit der Feststellung, dass die Geldpolitik im Dezember überprüft werde, und zum andern, dass eine weitere Senkung des Einlagesatzes zur Debatte stehe – was klar den früheren Ankündigungen widerspricht, wonach die Zinsen ihren Tiefpunkt erreicht hätten.

Das Ergebnis war fulminant: Auch wenn keine neuen Massnahmen eingeführt wurden, stürzte der Euro ab, während die Aktienmärkte abhoben, da die Investoren die Version 2.0 des Programms der quantitativen Lockerung (QE) durch die EZB antizipierten.

Nur China reagierte

Der Rückgang des Euro verhalf den Exporten aus dem Euroraum. Dies ist natürlich nicht besonders positiv für die Schwellenländer, die dadurch an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die Aussnahme stellte China. Denn die Regierung reduzierte den Leitzinssatz um 0,25 Prozent und verringerte darüber hinaus die Anforderungen für Bankreserven um 0,5 Prozent.

Mit der Bank of Japan, die möglicherweise auch Ende dieses Monats reagieren könnte, sollten die Aktienmärkte, zumindest bis zum Ende des Jahres, weiter steigen. Jedoch ein weiteres Mal nicht aus den richtigen Gründen.

Bloss nicht gegen die Zentralbanken ankämpfen

Eigentlich bedarf es einer deutlichen Verbesserung der Weltwirtschaft und der Unternehmensgewinne und ebenso einer Stärkung der Inflation, damit der positive Impuls für einen längeren Zeitraum anhält.

Trotzdem, für den Moment ist es besser, nicht gegen die Zentralbanken anzukämpfen. Vielmerh sollten Anleger europäische Aktien den amerikanischen vorziehen. Denn in den Vereinigten Staaten sind viele Titel mittlerweile eher teuer, und die US-Notenbank steht möglicherweise bald vor der ersten Zinserhöhung seit vielen Jahren.

Keine guten Nachrichten für die Schweiz

Für die Schweiz ist der Druck auf den Euro keine gute Nachricht. Das Devisenpaar Euro/Franken fiel erstmals seit September unter die Marke von 1.08 Franken (zum Schlusskurs) und steuert nun gar auf 1.07 und danach potenziell auf 1.05 zu. Ein weiterer Rückgang scheint indessen unwahrscheinlich, da der Negativzins langfristige Anleger aus Investments in den Franken abhält.

Die Verantwortlichen der Schweizerischen Nationalbank treffen sich eine Woche nach dem Meeting der EZB im Dezember. Angesichts der zu erwartenden Beschlüsse ist eine weitere Zinssenkung der SNB nicht ausgeschlossen.