Der Handel mit Derivaten ist ab 2016 auch in der Schweiz reguliert. Betroffen davon sind Schweizer Firmen und ihre ausländischen Tochtergesellschaften. Eine Übersicht über das neue Finanzmarkt-Infrastrukturgesetz.

Von Marc Raggenbass, Partner im Bereich Regulatory, Compliance & Legal bei Deloitte

Mit über 350 Artikeln und mehr als 150 Rechtsänderungen quer durch die Schweizer Gesetzessammlung, ist das ab 1. Januar 2016 geltende Finanzmarkt-Infrastrukturgesetz (FinfraG) zusammen mit der entsprechenden Bundesrats- und Finma-Verordnung ein rechtstechnisches Monstrum. Unverkennbar wurde hier die in der Schweiz sonst übliche, prinzipienbasierte Regulierung aufgegeben.

Dies in der Erkenntnis, dass ohne eine EU-kompatible Umsetzung der Schweizer Finanzmarkt-Infrastrukturen der Marktzugang in der EU erschwert oder sogar unmöglich würde. Dort, wo die regulatorische Äquivalenz zum EU-Recht nicht gefährdet war, hielten sich Parlament und Bundesrat jedoch an den helvetischen Grundsatz «so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig».

Unter Finma-Aufsicht

Das Gesetz verzichtet auf eine, gegenüber dem EU-Recht verschärfte Regulierung und sieht Erleichterungen vor, wo weder das System- noch das Gegenparteiausfallrisiko noch das operationelle Risiko strengere Regeln verlangen.

Ab 2016 werden erstmals in der Schweiz auf breiter Basis neben Finanzinstituten auch Finanzmarkt-Infrastrukturen – inklusive Börsen, multilaterale Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme – umfassend reguliert sowie von der Finma lizenziert/anerkannt und überwacht.

Zu den teilweise sehr technisch formulierten allgemeinen Bewilligungs-Voraussetzungen gehören unter anderem eine dem Geschäftsplan angemessene Organisationsstruktur und Informationstechnologie sowie Mindest-Kapitalvorschriften.

Liquide Sicherheiten

Ergänzend dazu sind auch infrastrukturspezifische Bewilligungsvoraussetzungen zu erfüllen: Handelssysteme haben die Vor- und Nachhandelstransparenz sowie den geordneten Handel und dessen Überwachung sicherzustellen und Zulassungskriterien zu definieren. Für zentrale Gegenparteien gelten spezifische Eigenmittel-, Risikoverteilungs- und Liquiditätsvorschriften. Zudem müssen sie von den Teilnehmern liquide Sicherheiten mit nur geringfügigen Kredit- und Marktrisiken verlangen.

Für den Zentralverwahrer gelten strenge Regeln zur Verwahrung, Verbuchung und Übertragung von Effekten sowie besondere Eigenmittel-, Risikoverteilungs- und Liquiditätsanforderungen. Für Transaktionsregister sieht das FinfraG hohe Anforderungen an den Umgang mit Daten vor. Und für Zahlungssysteme gelten schliesslich spezielle Vorschriften zur Abrechnung und Abwicklung von Zahlungsverpflichtungen.

Regulierung der Derivativkontrakte

Ab 2016 gelten in der Schweiz für den Derivatehandel strenge Marktverhaltensregeln. OTC-Derivatkontrakte sind neu über eine von der Finma lizenzierte schweizerische oder von der Aufsicht anerkannte ausländische zentrale Gegenpartei abzurechnen, sofern sie nicht über einen Handelsplatz gehandelt werden und sofern die Gegenpartei eine gewisse Höhe an ausstehenden OTC-Derivatkontrakte ausstehend hat oder die Gegenpartei eine finanzielle Gegenpartei gemäss den Finanzmarktgesetzen ist.

Welche Derivatekategorien über eine zentrale Gegenpartei abgewickelt werden müssen, bestimmt die Finma unter Berücksichtigung der mit diesen Derivaten verbundenen systemischen Risiken und dem Gegenparteiausfallrisiko.

Künftig Meldung ans Transaktionsregister

Auf die Finma-Liste (ein Anhang zur Finma-Finanzmarkt-Infrastrukturverordnung) werden jedoch nur abwicklungspflichtigen Derivatekategorien aufgenommen, die über genügend standardisierte operative und rechtliche Rahmenbedingungen (zum Beispiel Master Agreements) und ein angemessenes Handelsvolumen mit entsprechender Liquidität verfügen. Zudem müssen Marktdaten verfügbar sein, die eine faire, zuverlässige und allgemein anerkannte Preisbildung sicherstellen.

Unabhängig der Standardisierung müssen Derivatkontrakte in Zukunft über ein von der Finma bewilligtes schweizerisches oder von ihr anerkanntes ausländisches Transaktionsregister gemeldet werden, wobei zentral abgewickelte Derivatkontrakte von der zentralen Gegenpartei gemeldet werden. Die Meldung muss die im Anhang zur Finanzmarkt-Infrastrukturverordnung aufgeführten Angaben enthalten.

Austausch von Sicherheiten

Darüber hinaus verlangt das Finanzmarkt-Infrastrukturgesetz, dass für Derivatkontrakte, die nicht über eine zentrale Gegenpartei abgewickelt werden (zum Beispiel wegen fehlender Standardisierung oder weil die Gegenpartei dazu nicht verpflichtet ist), Massnahmen zur Risikominderung umgesetzt werden.

Dazu gehören unter anderem der Austausch von Sicherheiten, das Aufsetzen eines Streitbeilegungsverfahrens, die periodische Portfoliokompression und das tägliche Bewerten ausstehender Derivatkontrakte.

Positionslimiten im nationalen Recht

Schliesslich enthält das Gesetz als weitere Markt-Verhaltensregel, eine Delegationskompetenz an den Bundesrat, mittels Verordnung Positionslimiten für Warenderivate einzuführen, sollte der internationale Standard dies verlangen.

Solche Positionslimiten sieht unter anderem die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente vor und werden die EU-Mitgliedstaaten ins nationale Recht aufnehmen müssen.