Der turbulente Jahresbeginn an den Finanzmärkten hat zahlreiche Anleger verunsichert. Thomas Heller, Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank, ist sich der Ängste bewusst und gibt eine Einordnung.


Herr Heller, das Börsenjahr 2016 zeigt sich bislang von seiner unberechenbaren Seite. Was raten Sie verunsicherten Anlegern?

So aussergewöhnlich war der Jahresauftakt auch wieder nicht. Auf die deutliche Korrektur der Aktienmärkte folgte ab Mitte Februar eine Erholung. Solch kurzfristige Zyklen durchlaufen die Märkte sehr oft. Anleger sollten sich auf die Eckpunkte ihrer einmal festgelegten Anlagestrategie zurückbesinnen.

Was bedeutet das konkret?

Dazu gehört auf jeden Fall der bewährte Grundsatz der Diversifikation, die sich am Risikoprofil des Anlegers orientiert. Fatal wäre meines Erachtens, in einer etwas turbulenteren Phase sein Risikoprofil zu verändern und entweder aggressiver zu investieren, um verlorenes Terrain wieder gutzumachen, oder aber defensiv zu werden respektive sich ganz vom Markt zurückzuziehen und sich so jegliche Chancen auf einen Wertzuwachs des Portfolios zu nehmen.

«Eine cash-ähnliche Anlage, die Erträge abwirft, gibt es nicht»

Hat der Anleger seine Anlagestrategie sorgfältig erarbeitet, gibt es keinen Grund, verunsichert zu sein. Ist man es dennoch, muss man womöglich tatsächlich seine Strategie überdenken.

Zu diesen bewährten Investment-Prinzipien gehört auch der Faktor Zeit. Sprechen die Lehren aus der Finanzkrise von 2008 für einen tendenziell längeren Anlagehorizont?

Einerseits nein, denn die Zeitkomponente ist abhängig vom Anlagehorizont des Anlegers. Das hat nichts mit der Finanzkrise zu tun, sondern ist integraler Bestandteil des Risikoprofils. Andererseits in einem gewissen Sinn schon: Das hängt mit dem Tiefzinsniveau zusammen, das letztlich eine Folge der Finanzkrise ist.

Können Sie uns das genauer erklären?

Das lässt sich aus der Sicht eines reinen Cash-Portfolios gut illustrieren: Liquide Mittel sind jederzeit verfügbar, haben also keine Laufzeit. Nur wirft Cash zur Zeit auch keine Rendite ab. Eine cash-ähnliche Anlage, die Erträge abwirft, gibt es nicht. Für den Anleger bedeutet dies: Für einen zusätzlichen Ertrag muss er sich von seiner «Null-Laufzeit-Position» wegbewegen.

«Zur praktischen Umsetzung der Diversifikation eignen sich vermögensverwaltende Strategien»

Ferner gewinnen in diesem Umfeld alternative Anlagen, wie Private Equity oder versicherungsbasierte Anlagen, immer mehr an Bedeutung. Diese sind meist nicht täglich, sondern beispielsweise nur monatlich – oder noch weniger häufig – handelbar. Ausserdem gilt für diese Anlagen eine längere empfohlene Haltedauer, damit sich das Renditepotenzial materialisieren lässt und zwischenzeitliche Wertverluste «aussitzen» lassen. Insofern resultiert daraus tendenziell tatsächlich ein etwas längerer Anlagehorizont.

Wie tragen Sie dem Rechnung?

Zur praktischen Umsetzung der Diversifikation eignen sich vermögensverwaltende Strategien. Die Schwyzer Kantonalbank (SZKB) bietet deshalb seit vielen Jahren für Privatkunden sowie institutionelle Anleger, welche die taktischen Anlageentscheide an einen professionellen Asset Manager delegieren, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Mandatslösungen an.

Mit der Lancierung der hauseigenen Strategiefonds hat die SZKB vor wenigen Monaten auf ein breites Kundenbedürfnis reagiert und die Angebotspalette ergänzt. Wie die Mandate werden auch die Strategiefonds kongruent zur Anlagepolitik des Hauses verwaltet. Mit den Fonds investiert der Kunde in ein diversifiziertes, risikoüberwachtes Anlageinstrument.

Mit welchen Prozessen wird die Qualität gesichert?

Neben der konsequenten Risikoüberwachung wird auf eine effiziente Umsetzung der Anlageentscheide geachtet. In allen Märkten wird zu einem wesentlichen Teil in passive Kollektivanlagen (zum Beispiel Exchange Traded Funds, ETF) investiert, welche den breiten Markt abbilden.

«Die tiefen Zinsen werden uns noch eine ganze Weile begleiten»

Dadurch wird eine optimale Diversifikation sichergestellt, und es lassen sich bei Bedarf sehr schnell Anpassungen vornehmen. Wo immer möglich, kommen dabei privilegierte, nicht für alle Privatanleger zugängliche kollektive Kapitalanlagen zum Einsatz. Diese werden durch Einzeltitel ergänzt, welche wir nach einem stringenten Selektionsprozess aussuchen.

Wie geht es an den Märkten weiter?

Das Marktumfeld bleibt anspruchsvoll. Die tiefen Zinsen werden uns noch eine ganze Weile begleiten, und das Potenzial an den Aktienmärkten scheint begrenzt. Das verlangt eine gewisse Ausdauer und manchmal auch gute Nerven. Ist man gemäss seinem Risikoprofil investiert, besteht aber kein Anlass, in Hektik oder übertriebenen Aktivismus zu verfallen.


Thomas Heller ist Leiter Research und Investmentchef bei der Schwyzer Kantonalbank (SZKB). Die Position hat er seit März 2014 inne. Karriere machte der ausgebildete Ökonom und eidgenössisch diplomierte Finanzanalytiker bei der Credit Suisse, im Asset Management der Bank Julius Bär sowie von 2005 bis 2013 bei der Liechtensteiner Fürstenbank LGT in Pfäffikon SZ. Dort verantwortete er zuletzt den Bereich Product Services & Communication.