Die Wirkung der Massnahmen der verschiedenen Zentralbanken scheint immer stärker nachzulassen. Was sind die Konsequenzen für die Anleger?

Von Andreas Ruhlmann, Marktanalyst bei der IG Bank

Die Europäische Zentralbank (EZB), die amerikanische Notenbank (Federal Reserve, Fed) und überraschenderweise auch die Zentralbank von Japan (Bank of Japan, BoJ) zeigten sich im April zurückhaltend. Die Warnungen beim Treffen der G20 des Internationalen Währungsfonds und der BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) vor einer langfristigen Wirkungslosigkeit von Negativzinsen scheinen Gehör gefunden zu haben.

Nach einem langen Zeitraum, der von den Zentralbanken, deren Niedrigzins-Politik und den massiven Liquiditätszufuhren bestimmt wurde, stellt das Innehalten der Banken einen Wendepunkt dar.

Die Untätigkeit der Zentralbanken

Die Wirkung der Massnahmen der Zentralbanken scheint, wie in Japan, immer stärker nachzulassen. In Japan verbesserte sich der Yen trotz der Einführung der Negativzinsen im Dezember letzten Jahres weiter, und die Wirtschaft verschlechterte sich weiterhin.

Die Untätigkeit der Zentralbanken führte zu einem Rückgang des Dollar, als die Anhebung des Zinssatzes eingestellt wurde. In Japan wurden die Hoffnungen auf weitere Lockerungen durch die Nicht-Entscheidung der Zentralbank von Japan gedämpft, was dazu führte, dass der Yen seinen Höchststand seit dem Jahr 2014 erreichte. Der europäischen Zentralbank ihrerseits scheint es an Möglichkeiten zu mangeln, da die erhoffte Wirkung der Zinssenkungen auf die Bankdarlehen bislang ausgeblieben ist.

Kapitalflucht verhindern

Dennoch steigt die Risikobereitschaft weiterhin an, und die Aktienmärkte bleiben vor allem dank des Rückgangs des Dollar stabil. Dadurch sinkt wiederum der Druck auf China, das seine Währung (indexgebunden an den Dollar) bereits abwerten und zugleich eine Kapitalflucht verhindern musste. Das bedeutete zudem einen Wiederanstieg der Rohstoff-Preise, insbesondere des Ölpreises mit einem Anstieg von 75 Prozent seit dem niedrigsten Stand im Februar.

Das wiederholte Eingreifen der Zentralbanken seit mehr als fünf Jahren hat sich zweifelsohne auf die Aktienmärkte ausgewirkt und die Bewertungen langfristig auf ein überdurchschnittliches Niveau geführt. Logischerweise müsste das Beenden dieser Massnahmen eine Aufwertung der Wertpapiere zur Folge haben.

Heikle Lage in Europa

Auf Grund des schwachen Dollar sind die amerikanischen Indizes nur einige Prozentpunkte von den historischen Höchstständen entfernt. In Europa ist die Lage durch den Anstieg des Euro etwas heikler, doch dank des Optimismus in den Vereinigten Staaten halten sich auch die europäischen und schweizerischen Aktienmärkte über Wasser.

Gleichzeitig treten die ersten Anzeichen für eine steigende Angst angesichts des Goldpreises auf, der neue Höchststande seit über einem Jahr erreicht. Auch dieses Thema wurde vor Kurzem in folgendem Artikel behandelt: «Gold ist 2016 ein Muss».

Nichts kann ewig dauern

Auch wenn die amerikanische Notenbank es schafft, Zeit zu gewinnen, indem sie das Verfallsdatum der geldpolitischen Straffungsmassnahmen hinauszögert, kann sie dies vor allem auf Grund des Anstiegs der Rohstoff-Preise nicht ewig so weiterführen, da dadurch das Risiko für eine Zunahme der Inflationsrate steigt.