Welchen Einfluss haben die US-Wahlen auf Healthcare-Aktien? Jérôme Pfund von Sectorial Asset Management erläutert die Ausgangslage und kommt zu einer überraschenden Schlussfolgerung.  


Herr Pfund, wo im Zyklus befindet sich der Biotechnologie-Markt für Investoren im Augenblick?

Wir befinden uns aktuell an einem sehr attraktiven Punkt, was die Bewertungen angeht. Denn das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von Biotechnologie-Titeln liegt unter denjenigem im Pharmabereich. Dies war in der Vergangenheit bisher nur sehr selten der Fall. Letztes Jahr war zudem ein Rekordjahr in Sachen neuer Produkteinführungen. Insgesamt wurden 45 neue Medikamente lanciert.

Was waren das für Produkte?

Die meisten von ihnen kommen aus dem Biotechnologie-Sektor. Auch die Regulierung kommt der Sparte zugute. Wir sind Zeitzeugen grosser Innovationen im Bereich der Krebsforschung, Gentherapie und vieler weiterer Bereiche. Die Voraussetzungen sind also gut und seit letztem Sommer hat sich die Bewertung auf ein attraktives Level zurückbewegt.

Sind Generika der grösste Treiber für Kursgewinne?

Die Antwort auf diese Frage ist extrem abhängig vom Zeitraum, über den wir sprechen. Nachdem sich beispielsweise Hillary Clinton im September letzten Jahres dazu äusserte, die steigenden Preise für verschreibungspflichtige Medikamente bekämpfen zu wollen, mussten die Hersteller von Generika wie auch von Spezialpharmazeutika Verluste einstecken.

«Aktuell befinden wir uns in punkto Bewertung an einem sehr interessanten Punkt»

So sind die Titel der Generikaproduzenten seit Jahresbeginn um durchschnittlich mehr als 20 Prozent gefallen. Zu den grössten Treibern für Kursgewinne innerhalb des Healthcare-Sektors zählen in diesem Jahr bisher die Medtech-Titel.

Wie ist der Healthcare-Sektor derzeit bewertet?

Aktuell befinden wir uns in punkto Bewertung an einem sehr interessanten Punkt. Die Biotechnologie-Branche weist ein KGV von 13 auf und ist damit tiefer bewertet als Pharma-Titel, die bei einem Verhältnis von 16 liegen.

Zudem wachsen die Gewinne der Biotechnologie-Branche um 16 Prozent, jene im Bereich Pharma jedoch nur um 10 Prozent. Das heisst, man kann in einem Bereich investieren, der schnell wächst aber ein tieferes KGV hat.

Wie weit sind M&A-Aktivitäten ein Performance-Treiber? Wie gehen Sie damit um?

Im Gesundheitswesen sind Fusionen und Akquisitionen permanent ein Thema. Grosse, kapitalstarke Pharmakonzerne sind ständig auf der Suche nach innovativen kleinen Bio- und Medtech-Partnern. Gleichzeitig sind diese kleineren Unternehmen auf die Vertriebsmöglichkeiten grosser Pharmakonzerne angewiesen.

«Healthcare hängt im Vergleich zu anderen Branchen nicht allzu stark von der Geld- und Währungspolitik ab»

Wenn wir bei Sectoral nach neuen Firmen suchen, in die wir investieren können, legen wir jedoch keinen Fokus darauf, ob diese ein attraktives Übernahmeobjekt sind. Dieses Vorgehen schliesst jedoch nicht aus, dass unsere Research-Aktivitäten ergeben, dass wir am Ende zum gleichen Ergebnis kommen wie die Business Development Teams grosser Unternehmen im Gesundheitswesen.

Lässt sich eine Korrelation zwischen dem Healthcare-Sektor und der übrigen Börsenentwicklung erkennen?

Der Bereich Healthcare hängt im Vergleich zu einigen anderen Branchen nicht allzu stark von der Geld- und Währungspolitik ab. Denn in entwickelten Ländern muss nur ein kleiner Teil der Arzneimittelkosten aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Daher ist die Branche weniger abhängig vom Wirtschaftszyklus.

Natürlich gibt es Wechselwirkungen, denn wir handeln mit Aktien und diese sind Teil des Marktes. Aber der Healthcare-Sektor ist wahrscheinlich einer der Bereiche, die am wenigsten mit anderen Branchen korreliert ist.

Welchen Einfluss haben die US-Wahlen auf auf die Börse respektive auf Healthcare-Aktien?

Basierend auf der Tatsache, dass der Healthcare-Sektor 17 Prozent bis 19 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, überrascht es nicht, dass das Thema auch im Wahlkampf präsent ist. Generell wächst die Nachfrage nach Healthcare-Leistungen und Produkten in den Vereinigten Staaten schneller als das Bruttoinlandprodukt (BIP). Denn ein grosser Teil der für den Endkunden anfallenden Kosten wird durch Versicherungen und Regierung übernommen.

«Aus diesem Grund sehen wir die Risiken eher bei grossen Schlagzeilen in den Medien»

Daher ist die Situation so, dass es keinen Rückgang bei der Nachfrage geben wird und entsprechend Druck auf der Finanzierung dieser Nachfrage liegt. Diese Situation erzeugt, unabhängig davon wer die Wahl gewinnen wird, Druck auf die Medikamentenpreise. Aus diesem Grund sehen wir die Risiken eher bei grossen Schlagzeilen in den Medien denn in fundamentalen Veränderungen des Gesundheitswesens der USA.

Das Gesundheitswesen ist unter Präsident Barack Obama in den vergangenen Jahren bereits weitgehend reformiert worden. Die Unternehmen, welche den Veränderungen in der Politik am ehestens ausgesetzt sein werden, sind jene mit undifferenzierten oder älteren Medikamenten im Angebot.


Jérôme Pfund gründete Sectoral Asset Management in Montreal zusammen mit Michael Sjöström im Jahr 2000. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Verwaltung von globalen Healthcare-Portfolios. Ziel dabei ist, eine überdurchschnittliche Rendite für Investoren zu erzielen, basierend auf einem umfassenden Primär-Research. Im Juni 2013 eröffnete Sectoral eine Niederlassung in Hongkong, um die Expansion und das Research in dieser Region zu beschleunigen. 

Vor der Gründung von Sectoral arbeitete Pfund für Pictet in Genf, und zwar von 1989 bis 1997, zuerst als Portfolio-Manager im Bereich des institutionellen Asset management, dassn als als Chief Investment Officer (CIO) dieser Abteilung. Im Jahr 1997 wechselte Pfund nach Montreal die den Posten des CEO für Pictets Geschäfts in Nordamerika zu übernehmen.

Jérôme Pfund promovierte 1987 an der Hochschule St. Gallen und besitzt einen MBA in Banking.