Verschiedene Indikatoren deuten auf einen anhaltend starken US-Konsum hin. Dies sollte sich sowohl auf die Konjunktur als auch auf die Aktienmärkte positiv auswirken.

Von Dominic Rossi, Global Chief Investment Officer, Equities, bei Fidelity International

Der in den letzten Jahren rasante Aufstieg Chinas zu einer der grössten Volkswirtschaften der Welt lässt hin und wieder die Tatsache in den Hintergrund treten, dass noch immer der US-Konsum der wichtigste Einflussfaktor für die Weltwirtschaft ist. Denn der US-Konsum hat, gemessen in Marktwechselkursen, mit 16,8 Prozent einen grösseren Anteil an der Weltwirtschaft als Chinas gesamte Volkswirtschaft (15,6 Prozent).

Derzeit stehen die Zeichen gut für eine überraschend positive Entwicklung des US-Konsums. Dafür sorgt zunächst einmal der gesunde Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote hat sich seit Oktober 2009 von damals 10 Prozent auf aktuell 5 Prozent halbiert, und es sind 13,7 Millionen neue Stellen geschaffen worden. Einzig die Erwerbsquote trübt das Bild ein wenig, da sie mit 63 Prozent noch immer unter dem Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre von 65,7 Prozent liegt.

Mindestlöhne angehoben

Es gibt aber nicht nur mehr Jobs in den USA, sie werden zudem auch besser bezahlt. Nachdem die Reallöhne seit 2008 nur um 2,2 Prozent gestiegen sind, mehren sich nun die Anzeichen, dass sich dieser Anstieg beschleunigt. Denn bereits in den ersten drei Monaten dieses Jahres ist der nominale Stundenlohn um 2,3 Prozent gestiegen, was den stärksten Anstieg seit der Finanzkrise markiert.

Zudem wurden vielerorts die Mindestlöhne angehoben. Nicht zuletzt auch bei Walmart, einem der grössten privaten Arbeitgeber des Landes, der den Stundenlohn um durchschnittlich einen Dollar erhöht hat. Steigende Reallöhne werden dem Konsum zusätzliche Impulse verleihen.

Immobilienmarkt als tragende Säule

Indes dürfte sich die Gefahr, dass die amerikanische Notenbank (Federal Reserve, Fed) als Reaktion auf die anziehenden Löhne auch die Zinsen in absehbarer Zeit anhebt, in engen Grenzen halten. Zumal eine Zinserhöhung auch dem Immobilienmarkt einen Dämpfer verpassen würde, der derzeit von günstigen Finanzierungsbedingungen und bezahlbaren Preisen profitiert und floriert.

Seit 2012 hat sich der Immobilienmarkt als eine tragende Säule der wirtschaftlichen Erholung erwiesen, was sich am für die USA führenden Immobilienpreisindex, dem Case-Shiller-Index, ablesen lässt, der seither um 30 Prozent gestiegen ist.

Grösster Importeur von Konsumgütern

Eine deutlich spürbare Entlastung für das Portemonnaie der Konsumenten hat darüber hinaus der niedrige Ölpreis mit sich gebracht. So mussten sie 2015 insgesamt 2 Prozentpunkte oder 350 Milliarden Dollar weniger für Energie ausgeben als im Vorjahr. Die Konsumenten können dadurch aber nicht nur mehr Geld für den Konsum verwenden, sie bekommen zudem auch mehr für ihr Geld, da der Dollar auf handelsgewichteter Basis seit 2013 um 25 Prozent gestiegen ist.

Dies hat die Kaufkraft der US-Konsumenten erhöht, die für importierte Waren und Dienstleistungen entsprechend weniger aufwenden müssen – zumal die USA der weltgrösste Importeur von Konsumgütern ist und allein im Jahr 2015 entsprechende Waren im Wert von 598 Milliarden Dollar importiert hat. Allerdings ist es auch möglich, dass sich die jüngste Periode eines wieder etwas schwächeren Dollars als langfristiger Trend erweist, was die Kaufkraftgewinne der letzten beiden Jahre wieder schmelzen liesse.

Konsumwerte werden profitieren

Insgesamt überwiegen derzeit jedoch die Faktoren, die für einen anhaltend starken, wenn nicht sogar in nächster Zeit überraschend starken US-Konsum sprechen. Das wird sich auch auf den Aktienmarkt auswirken, wo insbesondere die Konsumwerte profitieren dürften.

Allerdings führt ein starker Ausblick für eine gesamte Branche nicht zwangsläufig zu attraktiven Investmentchancen am Aktienmarkt – vor allem dann nicht, wenn ein Sektor bereits seit einiger Zeit hervorragend abgeschnitten hat.

Gezielte Titelauswahl

Gerade in einer solchen Situation ist die gezielte Titelauswahl der Schlüssel zum Erfolg. Ein detailliertes Research über die gesamte Bandbreite fundamentaler Kennziffern der jeweiligen Gesellschaften ist unerlässlich, ebenso wie eine potentielle Reaktionsfähigkeit auf eine allfällige Veränderung breiter makroökonomischer Indikatoren.