Eine ineffiziente Kapitalallokation auf Grund einer unorthodoxen Geldmarkt-Politik könnte grosse Probleme in der Weltwirtschaft verschleiern und schwerwiegende Folgen für das Wachstum haben, sagt Aron Pataki.


Herr Pataki, was halten Sie von der momentanen Politik der Zentralbanken?

Die Entscheidungsträger waren stets im Glauben, dass das schwächelnde Wachstum der Weltwirtschaft und der Deflationsdruck einfach auf einen Nachfragemangel und auf höhere Sparquoten in Schwellenländern zurückzuführen sind.

Aus meiner Sicht liegt der Grund für die Stagnation der Weltwirtschaft allerdings in strukturellen – nicht konjunkturellen – Problemen, wobei sich viele dieser strukturellen Schwierigkeiten in «Newton-Themen» wiederfinden, zum Beispiel Schuldenlast, alternde Bevölkerung, der Einfluss von China sowie Überfluss und Wohlstand.

«Die Strategie könnte auch zu untragbaren Marktverzerrungen führen»

Die Entscheidungsträger in der Geldmarkt-Politik denken, dass eine schwächelnde Nachfrage durch unkonventionelle geldpolitische Massnahmen wie Quantitative Easing (QE, dt. quantitative ‹geldpolitische› Lockerung) stimuliert werden könne, da die Wirtschaft sich wie eine Maschine verhalte. Sie sind überzeugt, sie könnten am einen Ende Geld in das System hineinpumpen und dies werde am anderen Ende zu höherer Nachfrage und schliesslich zu höherem Einkommen, besseren Gewinnen und steigendem Wirtschaftswachstum führen und somit das Problem lösen.

Worin liegen die Risiken?

Es ist gefährlich, sich auf dieses Modell zu verlassen. Das Problem liegt darin, dass die gleichen Entscheidungsträger nicht in der Lage waren, die Kreditkrise oder die New-Economy- und die Immobilienblase vorherzusehen. QE kann unter Umständen zu kurzfristigen Vorteilen führen, allerdings könnte die Strategie auch zu untragbaren Marktverzerrungen führen.

Wir sehen durchaus, dass eine kurzfristige, unorthodoxe Geldmarkt-Politik die Nachfrage ankurbeln kann, aber wir glauben auch, dass die erhöhte Nachfrage von heute lediglich vorgezogener Konsum von morgen ist, der durch zu viele Schulden finanziert wird. Wir denken, dass ein solches System letztlich nicht nachhaltig ist.

«Es scheint, als hätten die Entscheidungsträger eine neue Vermögensblase geschaffen»

Wir sind der Meinung, dass eine unkonventionelle Geldmarkt-Politik zwar sehr effektiv die Preise von Vermögenswerten erhöhen kann, allerdings weniger effektiv darin ist, nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen. Die tatsächliche, wirtschaftliche Wirkung dieser Massnahmen könnte sehr begrenzt sein. Für uns sieht es so aus, als hätten die Entscheidungsträger eine neue Vermögensblase geschaffen, die zu sehr gravierenden Problemen führen könnte.

Welche Konsequenzen könnten eintreten?

Die QE-Massnahmen könnten ernsthafte, ungewollte Auswirkungen im Markt nach sich ziehen und die unmittelbar bevorstehende Erholung des Markts, die häufig beschworen wurde, könnte unter Umständen irreführend gewesen sein. Was unvorhergesehene Auswirkungen anbelangt, lässt sich feststellen, dass die QE-Massnahmen die Immobilienpreise in die Höhe getrieben haben, so dass der Zugang zu Immobilien für die jüngere Generation zunehmend erschwert wird.

«Massnahmen wie QE haben die Investoren in risikoreichere Anlagen gedrängt»

Das billige Geld hat auch zu einer Inflation der Pensionsverpflichtungen geführt und geringe Erträge auf Staatsanleihen haben den Druck auf das Pensionskassen-System stark erhöht.

Wenn die Anlageerträge auch in Zukunft sehr niedrig bleiben, werden die Menschen mehr sparen müssen, um den erhofften Lebensstandard nach der Pensionierung erreichen zu können. Vor diesem Hintergrund ist Vorsicht geboten, wenn man von einer Markterholung und einer Marktnormalisierung, wie sie von Entscheidungsträgern häufig für den derzeitigen Markt zitiert wird, spricht.

Wie haben die QE-Massnahmen die Nachfrage der Investoren beeinflusst?

Massnahmen wie QE haben die Investoren in risikoreichere Anlagen gedrängt und somit ein möglicherweise gefährliches Ungleichgewicht geschaffen zwischen risikoreichen Vermögenswerten und denjenigen, die in sie investieren, aber die Risikofähigkeit dazu eigentlich nicht haben. Sich ankündigende, verminderte Liquidität könnte eine ernsthafte Bedrohung für die globalen Märkte darstellen.

«Es herrscht ein gefährliches Ungleichgewicht zwischen risikoreichen Assets und Anlegern»

Die Nachfrage nach «Kredit-Produkten» von nach Erträgen dürstenden Investoren hat mehr und mehr Unternehmen dazu verleitet, Kredite auf tiefem Renditeniveau auszugeben, mit diesen Geldern Aktienrückkäufe zu tätigen unproduktive Projekte zu finanzieren. Dies ist ein gutes Beispiel ineffizienterKapitalallokation.

Es ist fast unmöglich vorherzusagen, wie das enden wird. Aber es zeigt sich, dass ein sehr gefährliches Ungleichgewicht zwischen risikoreichen Assets und den Anlegern herrscht. Gleichzeitig werden höhere Fremdkapital-Quoten im System wahrscheinlich zu erhöhter Volatilität im Markt führen.

Das könnte wiederum zu vermehrten Zahlungsausfällen führen, in der die Zentralbanken nicht mehr auf wirtschaftliche Probleme in einer Art und Weise reagieren können, wie sie es unmittelbar nach der Finanzkrise konnten.


Aron Pataki besitzt 14 Jahre Investmenterfahrung und arbeitet seit neun Jahren für Newton. Als Portfoliomanager sowie Risikostratege für die Real-Return-Portfolios nimmt er eine global ausgerichtete Anlagesicht ein. Sein Fokus gilt insbesondere dem Einsatz von Derivaten und Sicherungstransaktionen.

Er ist der Lead Manager des BNY Mellon Global Real Return Fund. Aron Pataki stiess 2006 als Mitglied des Portfolio-Analyseteams zu Newton. In diesem Zusammenhang trug er die Verantwortung für die Risikoanalyse und die Strukturierung der Newton-Portfolios für institutionelle Investoren und Privatanleger. Vor seinem Wechsel zu Newton war er als quantitativer Analyst bei der Lacima Group tätig.