Der technische Fortschritt prägt unsere Gesellschaft. Der nächste Schub könnte von der Robotertechnologie ausgehen. Dies eröffne Chancen für Anleger, sagt Thomas Heller von der Schwyzer Kantonalbank.

Von Thomas Heller, Leiter Research und Investmentchef bei der Schwyzer Kantonalbank (SZKB)

Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffs «Roboter». Vereinfacht gesagt ist ein Roboter ein mechanischer Apparat, der dem Menschen Arbeit abnimmt. Die erste Generation (ab den 1960er-Jahren) konnte nur ganz einfache Abläufe, wie etwa Aufheben eines Gegenstands in einer «artgerechten» Umgebung durchführen. Sensoren gab es noch nicht. Roboter erledigten zum Beispiel Stanzarbeiten am Fliessband.

Heute ist die zweite Generation im Einsatz. Diese Roboter sind mit Sensoren ausgestattet und können daher mit der Umgebung interagieren. Der schwedisch-schweizerische Technologiekonzern ABB produziert und verkauft beispielsweise einen kollaborativen Zweiarm-Roboter namens YuMi, der mit dem Mensch Hand in Hand bei der Montage von Elektro-Kleinteilen zusammenarbeiten kann.

Roboter im Gesundheitswesen

Experten rechnen damit, dass in den nächsten 10 bis 20 Jahren die dritte Generation unser Leben vereinfacht. Diese Roboter werden sich vor allem durch Autonomie und eine verbesserte künstliche Intelligenz (Lernfähigkeit, selbstständiges Planen, adaptives Verhalten) auszeichnen. Darunter fallen auch die selbstfahrenden Autos, an denen einige Konzerne forschen.

Das bekannteste und wichtigste Einsatzgebiet ist die Industrie. Aber auch im Gesundheitswesen dürften Roboter verstärkt eingesetzt werden. In Japan helfen bereits jetzt Roboter Betagten aus dem Bett oder verteilen das Mittagessen.

Billiger, kleiner, sicherer

Roboter dürften in den nächsten Jahren viele Bereiche der Wirtschaft prägen und Produktivität, Qualität sowie Sicherheit erhöhen. Man kann davon ausgehen, dass der Roboter-Anteil in praktisch allen Bereichen unserer Gesellschaft deutlich zunehmen wird.

Seit 1980 sind Roboter stets billiger, kleiner, schneller, sicherer und energieeffizienter geworden. Die Anschaffungskosten sind deshalb deutlich schneller amortisiert (vgl. nachstehende Tabelle).

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Roboter sind seit 1980 billiger, kleiner, schneller, sicherer und energieeffizienter geworden. Die Anschaffungskosten sind deshalb deutlich schneller amortisiert (Quelle: SG Research, KUKA Roboter).

Währenddessen sind die Lohnstück-Kosten in vielen Schwellenländern deutlich angestiegen (China +100 Prozent in 16 Jahren). Als Folge davon scheint sich der Trend der Produktionsverlagerung in Niedriglohn-Länder langsam umzukehren. Das jüngste Beispiel einer solchen Entwicklung hat Adidas vorgestellt.

Individuell gestaltete Schuhe

Der Sportartikel-Gigant hat im deutschen Ansbach eine vollautomatische Laufschuh-Produktion aufgebaut. Die dort produzierten 500'000 Paar sind allerdings im Verhältnis zum konzernweiten Ausstoss von über 300 Millionen noch gering. Der Vorteil dieser so genannten Speedfactory ist die Individualität und die Geschwindigkeit der Herstellung.

So sollen Kunden im Fachgeschäft ihren selber gestalteten Schuh bestellen und am Abend abholen können. Diese bedarfsorientierte Produktion macht einen Lageraufbau unnötig. Ab 2017 läuft die Serienproduktion; eine zweite Speedfactory ist bereits geplant.

Wachstumstreiber und Aussichten

Wenig überraschend ist in den technologisch führenden Industriestaaten die Dichte an Robotern am höchsten, allen voran in Südkorea, Japan, Deutschland und in den USA. Deutliches Aufholpotenzial hat China. Pro 10'000 Arbeiter wurden 2014 nur 36 Roboter eingesetzt, in Japan und Deutschland hingegen neun- respektive achtmal mehr (vgl. nachstehende Grafik).

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(Quelle: IFR, Barclays Research)

Im Jahr 2014 sind im Reich der Mitte 57'000 Industrieroboter verkauft worden. Das jährliche Wachstum dürfte in den nächsten Jahren über 20 Prozent betragen. Ausserdem fördert die Regierung aktiv die Robotertechnologie: Bis 2020 soll die Dichte über 100 Roboter pro 10'000 Angestellte erreichen.

Global rechnen Experten bis 2025 mit einem jährlichen Wachstum von 10 Prozent. Die Hauptreiber für eine «robotisierte» Wirtschaft sind folgende:

  • Demografie: Trotz weniger Arbeitnehmern und alternder Bevölkerung kann so die Produktivität gesteigert werden. Mit Robotern wird auch die Lebensqualität von Senioren verbessert.
  • Nachhaltigkeit: Ressourcen können effizienter genutzt werden. Ausserdem geht der Trend hin zu lokaler Produktion, Güter müssen weniger um den Erdball transportiert werden.
  • Konsument: Die Verbraucher wünschen immer mehr massgeschneiderte Produkte und bessere Qualität. Hinzu kommt der Wunsch nach schnellstmöglicher Lieferung. Dank Robotern können diese Bedürfnisse kosteneffizienter befriedigt werden.

Der technologische Fortschritt und die stetig sinkenden Kosten machen Roboter erschwinglicher und attraktiver für Unternehmen. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) werden aus Kostenüberlegungen vermehrt auf Roboter setzen. Insbesondere in China ist das Potenzial immens. Die Roboterdichte dürfte somit weiter zunehmen.

Unternehmen mit einem hohen Exposure zur Roboter-Thematik können davon profitieren: In der Schweiz gehört ABB als einer der führenden Technologiekonzerne in diese Kategorie. ABB macht rund 20 Prozent seines Konzernerlöses im Bereich Robotertechnologie. Für eine bessere Diversifikation eignet sich der Einsatz von Kollektivanlagen, wie der Robotics-Fonds der Genfer Bank Pictet.