Nicht Kosteneinsparungen sollten primär eine Superbank definieren, sondern Qualität, Sicherheit und profitables Wachstum.

Von Micha Bitterli, Head Managed Services, Deloitte

Vor kurzem hat Tidjane Thiam angekündigt, zusammen mit einem noch zu kommunizierenden anderen Finanzinstitut, die Superbank in Angriff zu nehmen. Hauptgrund für diesen Schritt sind, aus Sicht des Konzernchefs der Credit Suisse (CS), notwendige Kosteneinsparungen.

Die Grundidee einer Superbank wird mittlerweile von vielen Akteuren des Schweizer Finanzplatzes angepriesen. Aber sollten Kosteneinsparungen wirklich der Hauptgrund für den Aufbau einer Superbank sein? Oder sollte eine solche zentrale Plattform nicht einen grösseren Nutzen für den Finanzplatz stiften?

Industrialisierung führt zu Kosteneinsparungen...

Warum ist diese Frage wichtig? Weil die Hauptbeweggründe für ein Projekt – in diesem Fall die Kosten – massgeblich das Design der angestrebten Lösung beeinflussen. Entsprechend sind die üblicherweise genannten Gebiete einer Zusammenarbeit momentan auf eher technische Bereiche (Zahlungsverkehr, IT-Infrastruktur) limitiert.

Diese weisen bereits heutzutage einen hohen Grad an Automatisierung auf und können entsprechend mit relativ geringem Aufwand zusammengelegt werden.

Natürlich macht es Sinn, diese Kosten weiter zu optimieren. Einige kleinere und mittlere Banken haben dies auch bereits getan. Gemäss der Studie Industrialisierung – Die Effizienz und Flexibilität der Schweizer Bankenbranche erschliessen von Deloitte sollte das von Schweizer Banken angestrebte Industrialisierungsniveau zu Kosteneinsparungen von 10 bis 15 Prozent führen.

...aber auch zu anderen positiven Effekten

Die Hauptprobleme eines Grossteils der Schweizer Finanzinstitute liegen jedoch nicht in den reinen Abwicklungskosten, sondern im Umgang mit den Kunden und den Produkten. So stellt sich nicht primär die Frage nach den Kosten einer Transaktion, sondern ob man den Kunden, für welchen man die Transaktion durchführt, überhaupt betreuen sollte und kann, und ob das zugrunde liegende Produkt für den Kunden geeignet ist.

Die Automatisierung dieser und ähnlicher Prozesse sowie die damit zusammenhängenden Überwachung führen (gemäss derselben Studie) nicht nur zu fast einer Verdopplung der möglichen Einsparungen, sondern bringen weitere positive Effekte mit sich.

So können durch die Standardisierung von komplexen Prozessen die Qualität erhöht und Regeln für den Umgang mit Cross-Border-Beziehungen zur Verfügung gestellt werden. Bei mittleren und kleineren Banken kann dies zudem zu einer Erhöhung des Umsatzes und der Marge führen. Dies, da die Kundenbasis wieder ausgebaut und Produkte mit höheren Margen angeboten werden können.

Ein weiterer positiver Effekt einer Automatisierung respektive der Compliance-Prozesse: Wenn dies durch eine «unabhängige» Stelle oder gar Drittpartei gemanagt würde, könnten Banken das Risiko von Bussen minimieren. Das wiederum würde auch das Vertrauen in den Finanzmarkt stärken.

Was sollten Banken also automatisieren?

Wenn also die Automatisierungen von komplexen Prozessen einen höheren Mehrwert bringt als die weitere Automatisierung von bereits hochautomatisierter Prozesse, warum steht diese dann nicht im Vordergrund? Die Hauptargumente sind:

  • Die von den Grossbanken genannten Bereiche sind einfacher zusammenzulegen, da sie bereits fundamentalen Standards folgen (Datenmodel (SIX), Mitteilungen (SWIFT) und entsprechend in einem hohen Masse vereinheitlicht sind.
  • Die Dienste können durch eine lokale Einheit erbracht werden. Dies im Gegensatz zum regulatorischen Bereich, wo Regeln global erarbeitet werden müssen.
  • Die Grossbanken verfügen bereits über einen Grossteil der Funktionalitäten (Leverage der bestehenden Infrastruktur)
  • Entsprechend kann mit einer blossen Steigerung der Volumen eine Senkung der Kosten pro Transaktion erzielt werden.

Es gilt jedoch zu beachten, dass komplexe Regulationen, welche von mittleren und kleinen Banken aus Kostengründen nicht umgesetzt werden können, einen Wettbewerbsvorteil für grössere Banken darstellen. Fairerweise sollte man erwähnen, dass Grossbanken sich bereits überlegt haben, ihre Regeln teilweise dem Markt zur Verfügung zu stellen, dies aus Haftungsgründen jedoch nicht getan haben.

Wie die Superbank-Lösung aussehen könnte

Für den Aufbau der Superbank (oder falls CS und UBS sich nicht einigen können sogar Superbanken?) wird der Set-up entscheidend sein. Insbesondere die Fragen wem diese gehört und wer den grössten Einfluss haben wird, sind im Zusammenhang mit Kundendaten entscheidend.

In diesem Spannungsfeld könnte die Lösung darin liegen, dass die verschiedenen Teile der Superbank von unterschiedlichen Anbietern betrieben werden. Den eher technischen Teil könnte eine Gesellschaft leisten, an welcher sich mehrere Banken beteiligen (analog SIX); den Bereich betreffend komplexerer Prozesse und Fragestellungen, eine von den Banken unabhängige globale Institution.

Schliesslich stellt sich in diesem Szenario die Frage, ob sich die Grossbanken – zum Nutzen des gesamten Finanzmarktes – ebenfalls an der Automatisierung der komplexen Prozesse beteiligen würden.