Franz-Josef Lerdo über die Erfolgsaussichten grosser und kleiner Schweizer Banken im hart umkämpften deutschen Onshore-Markt


Der deutsche Private-Banking-Markt – gemessen an der Zahl der Millionärshaushalte (in US-Dollar) – ist mit 430‘000 Haushalten nach Grossbritannien der zweitgrösste in Europa. Zu diesem Schluss kommt der «Global Wealth Report 2010 der Boston Consulting Group (BCG). Andere Studien sehen diesen Markt sogar als die Nummer 1 an.


Das liquide Vermögen dieser Haushalte dürfte überwiegend onshore, also bei in Deutschland domizilierenden Banken investiert sein. Wie hoch der im Ausland von deutschen Steuerinländern gehaltene Vermögensanteil ist, ist nicht bekannt. Der Anteil so genannter Steuerneutraler Gelder dürfte rückläufig sein. Korrespondierend dazu steigen die Zahlen der Selbstanzeigen von Deutschen markant.

Dezentrale Ausprägung

Die Akteure im Private-Banking-Geschäft in Deutschland sind Grossbanken, Regionalbanken, Privatbanken sowie Auslandsbanken, darunter auch einige Schweizer Banken. Daneben werden auch die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken immer aktiver. Sie profitieren von der Verzahnung mit dem jeweiligen Firmenkundengeschäft.

Die Besonderheit des deutschen Private-Banking-Markts besteht darin, dass im Unterschied zu Ländern wie Frankreich und England die geographische Verteilung der Millionärshaushalte sich nicht auf die grossen Zentren wie Paris oder London beschränkt, sondern sehr dezentral und damit regional ist. Dieser Tatbestand korrespondiert mit der mittelständischen Struktur der deutschen Wirtschaft, die ebenfalls als sehr dezentral/regional anzusehen ist.

Regionale Herausforderung

Für die Banken, die im Private Banking tätig sind, bedeutet dies, dass sie ebenfalls eine korrespondierende dezentrale Aufstellung benötigen. Ausgenommen ist der Wettbewerb um die Reichsten dieser Millionärshaushalte, die möglicherweise auch zentral – mit höchster Fachkompetenz über alle Sparten – betreut werden können.

Diese Ultra High Networth Individuals (UHNWI) sind häufig über eigene Family Offices organisiert und daher von ihren Ansprüchen an ihre Bankpartner eher mit institutionellen Anlegern, wie Versicherungen und Pensionskassen, vergleichbar.

Die deutschen Grossbanken, verblieben sind mit Deutscher Bank und Commerzbank noch zwei Anbieter, haben in der Regel eine dezentrale Struktur. Die deutschen Privatbanken und teilweise die Auslandsbanken haben diese in den letzten Jahren teilweise sukzessive aufgebaut.

Ob sich das rechnet, muss sich noch zeigen. In der Vergangenheit war für viele Marktteilnehmer in diesem Bereich die dezentrale Aufstellung eine wenig rentable Angelegenheit.

Schweizer Ableger als Kompetenzzentren

Die örtlichen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken weisen einen natürlichen Standortvorteil aus, da sie in sehr vielen Städten und Gemeinden vertreten sind. Häufig fehlt es aber noch an der Fachkompetenz und dem Ausbildungsstand der Kundenberater.

Diese Nachteile dürften in den nächsten Jahren durch intelligente Strategien aufgeholt werden. Dabei könnte den Schweizer Kompetenzzentren dieser Institutsgruppen eine besondere Rolle zufallen.

Chancen der Schweizer Banken

Die beiden Schweizer Grossbanken besitzen bereits eine dezentrale Struktur und kommen dabei dem Anspruch auf Kundennähe nach. Sie bündeln dies mit dem Angebot, verschiedene Booking-Plattformen (Multi-Shoring) nutzen zu können, sowie mit der «OneBank-Strategie».

Dieser Ansatz ermöglicht die Lösung komplexer Fragestellungen für Kunden, in engem Zusammenspiel der Sparten Private Banking, Asset Management und Investment Banking.

Kombiniert mit der Swissness und der jahrzehntelangen Tradition im Private Banking könnten sie die Herausforderer der deutschen Grossbanken und Privatbanken sein.

Kleinere Schweizer Banken, ob Privatbanken oder einzelne Kantonalbanken, werden nur selektiv diesen lösungsorientierten Ansatz realisieren können und dürften daher eher Nischenanbieter bleiben. Dort konkurrieren sie aber wiederum mit den deutschen Privatbanken, die ebenfalls häufig auf Tradition und langjährige Kompetenz setzen.

Was meinen Sie?

Werden sich die Ansätze der Schweizer Banken im Onshore-Markt Deutschland gegen die einheimischen Grossbanken, Privatbanken, regionale Banken (Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken) durchsetzen? Welche Institute werden die Nase vorn haben?

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