Wir haben an dieser Stelle ja schon aufs Phänomen hingewiesen, dass die weltwirtschaftlichen Perspektiven in den USA weitaus freundlicher dargestellt werden als in Europa. 

Jetzt kommt Rudolf Walser mit einer ähnlichen Beobachtung: Der Berater des Think Tank Avenir Suisse verglich die weltwirtschaftlichen Prognosen, welche das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft Seco, die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich und der deutsche Sachverständigenrat soeben abgaben; und er bemerkte, dass die Schweizer Auguren deutlich optimistischer wirkten («Talsohle durchschritten») als die deutschen Sachverständigen.

KreuzungDas Phänomen liesse sich natürlich ganz banal erklären: Die eigene Lage färbt den Blick nach draussen (respektive nach vorne).

Aber Walser erinnert an etwas anderes, nämlich dass sich in der Differenz Unsicherheit manifestiert – und dass Unsicherheit immer auf konjunkturelle Wendepunkte hindeutet.

Seine Folgerung: Die Weltwirtschaft stehe möglicherweise vor einer entscheidenden Weggabelung: «Entweder führen die weltweit lockere Geldpolitik und die in einigen Ländern eingeleiteten Strukturanpassungen und Fiskalkonsolidierungen zu einem allmählichen Übergang in ein selbsttragendes Wachstum. Oder aber die Wirkung der Geldpolitik verflüchtigt sich – weil die Zeit für die unumgänglichen Wirtschaftsreformen nicht genügend genützt wird –, und die fehlende Wirtschafsdynamik verfestigt sich mit allen sozialen und politischen Spannungen, die man sich dabei vorstellen kann.»

• Rudolf Walser, «Unsicherheit an der Prognosefront», Avenir Suisse

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