Es gibt eine zuverlässige Methode für erfolgreiches Anlegen. Sie stammt aus dem Jahr 1934. Sie hat sich erwiesenermassen bewährt. Warum nur halten sich so wenige daran?

Manchmal übersieht man die bemerkenswertesten Gedanken, weil sie so offensichtlich sind. Ein gutes Beispiel dafür liefert uns Charles Mizrahi, der Macher eines Newsletters namens «Hidden Values Alert» in New York.

In einem Blogbeitrag widmet sich Mizrahi einem Phänomen: Während ständig neue Anlagebücher und Investitions-Theorien erscheinen und wieder verschwinden, gibt es daneben ein 79 Jahre altes Werk, das alle «New Economy»-, «New Normal»- und «New-Wasweissich»-Moden überlebt hat. Es ist «Security Analysis» von Benjamin Graham und David Dodd.

Seit es 1934 herauskam, wurde es wieder und wieder aufgelegt, die letzte deutsche Ausgabe stammt aus dem Jahr 2011.

Die Grunderkenntnis von Graham und Dodd: 

  • Es gibt Aktien, die an den Börsen zuwenig beachtet werden und unterbewertet sind.
  • Wer sich auf diese unterbewerteten Aktien konzentriert, kann solide Gewinne erzielen, ohne  viel zu riskieren.

Nun ist Ben Graham (Bild) ja keineswegs ein Unbekannter, sondern der anerkannte Urvater aller Value-Investoren; Warren Buffett schrieb einmal, Graham und Dodd hätten ihm die Landkarte für alle seine Investitionen in den letzten 57 Jahren ausgelegt: «Es gibt keinen Grund, eine andere zu suchen.»

Die Frage ist aber: Warum orientieren sich so wenige an dieser Karte?

Oder anders: Warum gibt es immer noch diese unterbewerteten Aktien, die alle vergessen (und die wenigen eine grosse Chance bieten)? «Security Analysis» ging zwar nicht vergessen, aber ein Bestseller ist es längst nicht mehr (die deutsche Version steht etwa auf Rang 250'000 unter den verkauften Amazon-Produkten…).

Aktie gleich Lotterielos

Interessante Erklärungen dazu bietet nun offenbar Bruce Greenwald, ein Finanzprofessor der Columbia University (an der auch Graham lehrte). Er ging der Frage nach, weshalb sich die meisten Anleger weigern, nach den günstigen und unentdeckten Perlen der Aktienmärkte überhaupt zu suchen.

Der Grund liegt, wo sonst, in den Köpfen.

Greenwalds Erklärungen:

  • Wir haben zu Aktien eine ähnliche Einstellung wie zum Lotterielos: Wir hoffen auf einen grossen schnellen Gewinn, aber ahnen, dass wir Geld verlieren werden. Diese Haltung fördert auch Blasen und Überbewertungen. Und sie hält davon ab, dass wir uns auf solide und langweilige Firmen konzentrieren.
  • Wir meiden das Unangenehme. Das heisst: Man kauft lieber Aktien, die in letzter Zeit positiv aufgefallen und gestiegen sind, statt Aktien, die herumdümpelten.
  • Wir sind zu selbstsicher. Wir verwechseln deshalb unsere eigenen Zukunftserwartungen mit der Realität. 

Tönt banal? Oder tönt es eher überzeugend? Jedenfalls: Die hier vertretene Einsicht, dass man sich mit Vorteil an ein altes, bewährtes Prinzip hält und zugleich die eigenen psychologischen Fallen überwindet, könnte durchaus bei vielen zur Verbesserung der Rendite beitragen.

Charles Mizrahi, «Relevance of Graham 79 Years Later», in: «Gurufocus», 18. Juni 2013