Die Behauptung ist kühn: hat das berufsbedingte, intensive Verfolgen der Börsenaktivitäten einen Einfluss auf das Augenlicht?

Von François Huwiler

Die Antwort lautet klar und deutlich: nicht nur.

Mit dem Alterungsprozess geht bis auf wenige löbliche Ausnahmen naturgemäss auch die Sehkraft salopp gesprochen in die Binsen. Im vorliegenden Falle nahm die Myopie immer «klarere» Züge an. Während der Woche mutierten die Bildschirme zu nasalen Touchscreens bis die Augen zündrot glühten und sich ein angenehmes Kopfweh einnistete. Auf den Gehwegen wurden offensichtlich bekannte Individuen mit grösster Bestimmtheit namentlich angesprochen oder gar mittels Hebens des gesamten Oberarms euphorisch gegrüsst , welche sich bei näherer Betrachtung als wildfremde Menschen herausstellten. Es ist müssig, die darauffolgenden Reaktionen und Blicke zu interpretieren. Deshalb wurden diese «experimentellen» Begegnungen zur allgemeinen Entwarnung tunlichst eingestellt. Jetzt wird man dafür als Misanthrop bezeichnet, aber was soll's; man kann's bekanntlich nicht allen Recht machen.

Als durchaus gewagt darf auch das diagonale Überqueren des Paradeplatzes zur Mittagsstunde bezeichnet werden; da schiessen dem Kurzsichtigen auf leisen Fahrradreifen die «ich-bin-auch-ein-Tram»-VelofahrerInnen um die Bundfalten, dass nur durch mutiges Eingreifen des Gesprächspartners Schlimmeres vermieden werden kann.

Gott behüte, Panik streuen und somit andere Verkehrsteilnehmer von der Strasse abzuhalten wäre völlig am Ziel vorbeigeschossen. Aber der Umstand, dass seit geraumer Zeit auch die chauffierten Familienmitglieder bei der richtigen Streckenwahl einbezogen werden müssen ist – gelinde formuliert - gewöhnungsbedürftig. Andererseits verursacht das angestrengte Zusammenkneifen der Sehorgane Ermüdungserscheinungen, das Vorrücken an die Windschutzscheibe Nackenschmerzen. Äusserst spannend um nicht zu sagen abenteuerlich gestaltet sich das Ganze bei einbrechender Dunkelheit, aber auch regnerisches Wetter macht das Abzweigen zum richtigen Zeitpunkt zur Lotterie.

Aufgrund obenerwähnten, nicht gänzlich risikofreien Situationen und weil auch während zahlreicher Besuche des Stadtzürcher Lieblingsfussballvereins permanent die Copains bemüht werden mussten, wer denn nun von «uns» der ballführende Spieler sei......wurde in einem raffinierten, langwierigen Entscheidungsprozess ein absolutes high-end Varilux-Brillengestell mit allen Schikanen erworben – welches bis anhin jedoch lediglich dem Arbeitgeber zu Gute kommt!