Private Banking der neuen Art, verspricht Alpian-CEO Schuyler Weiss im ersten Interview seit Erhalt der Schweizer Banklizenz. Die Bank funktioniert zwar digital, doch das hält sie nicht davon ab, in der ganzen Schweiz Geschäftsstellen zu eröffnen, wie Weiss im Gespräch mit finews.ch verrät. Das sind seine Pläne.  


Herr Weiss, Alpian hat soeben die Banklizenz von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma erhalten. Wann nehmen Sie den Geschäftsbetrieb auf?

Offiziell wird das im dritten Quartal 2022 sein, wobei wir bereits zahlreiche Tests durchgeführt haben und intern für unsere Mitarbeitenden schon früher starten werden, um erste konkrete Erfahrungen zu sammeln.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie die Banklizenz erhalten haben?

Rund zwei Jahre, wir haben uns Ende April 2020 darum bemüht.

Gab es Hindernisse, die den Prozess verzögert haben?

Nein, es sind ganz einfach hohe Anforderungen, welche die Finma mit dem Erhalt einer Schweizer Banklizenz verknüpft. Insofern gab es keine Verzögerungen. Die Einstiegshürden sollten auch hoch sein, zumal uns die Kundinnen und Kunden ihr Vermögen anvertrauen. Dass die Finma dafür ihre Zeit braucht, ist auch nachvollziehbar.

Um welche Lizenz handelt es sich genau?

Wir haben selbstverständlich die Fintech-Lizenz geprüft. Sie kam für uns allerdings nicht in Frage, da wir damit nicht alle Produkte und Dienstleistungen hätten anbieten können. Deshalb haben wir uns um eine Lizenz als vollregulierte Schweizer Bank beworben.

Wie viele Leute beschäftigt Alpian jetzt?

Es sind 35 in Genf. Darüber hinaus haben wir Büros in London und Rom, so dass wir auf insgesamt etwa 70 Personen kommen.

«Im Laufe dieses Jahres wollen wir eine Niederlassung in Zürich eröffnen»

Wir sind sehr schnell gewachsen. Vor zwei Jahren war ich noch der erste und einzige Mitarbeiter, damals noch im Sold der Bank Reyl als Chief Digital Officer. Im Laufe dieses Jahres werden wir eine weitere Niederlassung in Zürich eröffnen. Mittelfristig wollen wir mit weiteren Standorten in der ganzen Schweiz vertreten sein.

Wie steht es mit dem Tessin – ist ein Office in Lugano geplant?

Ja, absolut, und zwar unabhängig von Reyl oder Intesa Sanpaolo, die beide bereits in Lugano vertreten sind. Das Tessin ist ein wichtiger Markt für uns. Wir wollen überall in der Schweiz unseren Kundinnen und Kunden nahe sein und ihre Sprache sprechen.

Als digitale Bank können Sie doch ohnehin von überall her Ihre Dienstleistungen anbieten. Warum wollen Sie trotzdem in der ganzen Schweiz physisch präsent sein?

Die Kommunikation in der richtigen Sprache ist für uns zentral. Da sind wir auf fähige Mitarbeitende angewiesen, die es für unsere Kundenansprache in insgesamt vier Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch) nur begrenzt auf dem Genfer Arbeitsmarkt gibt. Wir müssen ausreichende Ressourcen mit den richtigen Kompetenzen verbinden können. Und nochmals, wir werden eine landesweit präsente, digitale Schweizer Privatbank sein.

Wer ist Ihre Zielkundschaft?

Wir wollen ausschliesslich Kunden bedienen, die in der Schweiz ansässig sind. Natürlich höre ich oft, dass die Schweiz zu klein sei, um mit diesem Anspruch profitabel zu sein. Aber wir sind nun einmal eine digitale Schweizer Privatbank und sehen unser Kerngeschäft im hiesigen Markt. Schweizer Kundinnen und Kunden sollen unmittelbar von den Vorteilen unseres Angebots profitieren können.

Wie in früheren Ankündigungen zu lesen war, wollen Sie die Klientel der sogenannten Affluents ansprechen. Wie definieren Sie dieses Kundensegment?

Es ist sicher nicht so, dass wir einzelne Kundinnen oder Kunden ablehnen werden, weil sie eine bestimmte Geldsumme nicht mitbringen. Aber unsere Bandbreite liegt tatsächlich zwischen 100'000 Franken und einer Million Franken. Unsere Anlagepalette beruht auf einem Private-Banking-Ansatz, der auf eine Klientel abzielt, die über ein gewisses Vermögen verfügt. Wir sind keine Retailbank.

«Bei einer Kontoeröffnung muss die erste Überweisung mindestens 10'000 Franken betragen»

Wir wollen unseren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit bieten, ihr Vermögen substanziell zu vermehren; 5'000 Franken beispielsweise genügen dafür nicht. Da ist der «Impact» unserer Anlageprodukte zu gering. Um es nochmals klarzustellen, wir lehnen Kleinkunden nicht kategorisch ab. Doch der Nutzen bei Alpian ist für sie sehr gering.

Wie wird man Kunde von Alpian?

Bei einer Kontoeröffnung muss die erste Überweisung mindestens 10'000 Franken betragen. Die Kundinnen und Kunden können zwischen diskretionären Mandaten und Advisory-Mandaten aussuchen. Bei einem diskretionären Mandat ist die Mindestsumme 30'000 Franken; für das Advisory-Mandat 10'000 Franken. Das ist weniger als bei einer klassischen Privatbank. Doch für uns unterstreichen diese Beträge eine gewisse Verbindlichkeit des Kunden, mit uns zusammenzuarbeiten.

Was erhält die Kundin oder der Kunde für sei Geld?

Da muss ich etwas ausholen. Neobanken wie Revolut oder N26 bieten ihrer Klientel zwar den Zugang zu allen möglichen Finanzprodukten. Doch der Kunde muss dann selbst entscheiden, was er tun will. Im Gegensatz dazu haben wir keine reine «Open-Architecture», sondern ein kuratiertes Angebot, das wir mit unserem Know-how aus dem globalen Anlageuniversum für unsere Klientel zusammengestellt haben.

«Bis Jahresende wollen wir 5'000 Kunden gewinnen.»

Über unsere App können die Kundinnen und Kunden mit uns kommunizieren und sich beraten lassen, was für sie das beste Investment ist. Damit werden wir unserem Anspruch einer digitalen Schweizer Privatbank gerecht. Es sind erfahrene Kundenberaterinnen und -berater von führenden Banken, die bei uns arbeiten.

Und damit wir den Anforderungen einer Bank auch tatsächlich gerecht werden, offerieren wir unserer Klientel auch Zahlungsmöglichkeiten, Währungskonvertierungen sowie eine Debit-Karte für Alltagsgeschäfte. Um es nochmals zu betonen: Wir sind kein Fintech oder Robo-Advisor, sondern eine volllizenzierte Bank, die attraktive Investitionsmöglichkeiten und Beratung bietet, sowie die üblichen Dienstleistungen für tägliche Zahlungsmodalitäten.

Was sind Ihre Ziele?

Bis Jahresende wollen wir 5'000 Kundinnen und Kunden gewinnen.

Das scheint nicht besonders ambitioniert.

Natürlich, sofern Sie das mit anderen Digitalbanken vergleichen. Doch unser Ziel besteht nicht darin, ein Maximum an Kundinnen und Kunden zu bedienen. Wir sind eine digitale Privatbank, die mit jedem Kunden eine personalisierte Partnerschaft eingeht. Man soll dabei auch spüren, dass reines Volumenbolzen nicht unser Ziel ist.

Haben Sie sich bei den verwalteten Vermögen auch ein Ziel gesetzt?

Ja, allerdings kann ich Ihnen dieses Ziel nicht verraten. Wir dürfen am Anfang nicht erwarten, dass die Leute ihr gesamtes Vermögen zu uns bringen. Das braucht seine Zeit. Wir beginnen mit einer realistischen Vorgabe und bauen weiter auf. Schon jetzt eine konkrete Zahl zu nennen, würde ein falsches Signal aussenden. Vertrauen braucht seine Zeit.

Wann wollen Sie profitabel sein?

Das ist nicht unser Ziel in diesem Jahr. Zunächst geht es darum, ein solides Geschäftsmodell aufzubauen. Im Gegensatz zu vielen anderen Neobanken möchten wir es vermeiden, einfach Cash zu verbrennen. Konkret streben wir die Gewinnschwelle bis 2025 an. Das ist eine faire Zielvorgabe.

Wie muss ich mir ein Mandat vorstellen, das ich bei Alpian abschliesse?

Wir haben in unserem Anlageuniversum eine Vielzahl von Finanzprodukten kuratiert, die wir unseren Kunden je nach Bedürfnis und Risikoneigung anbieten. Wir gehen dabei viel individueller und gesamtheitlicher als bei einer gewöhnlichen Digitalbank vor, wo der Kunde auf sich selbst gestellt ist.

«Alpian wird eine sehr wettbewerbsfähige vermögensabhängige Verwaltungsgebühr erheben»

Im Rahmen einer Befragung in der Alpian-App finden wir heraus, was die Kundin oder der Kunde genau will. Das geht dann in Richtung «aktives Investieren» und zwar für Leute, die das zuvor nicht in Anspruch nehmen konnten, weil sie nicht bei einer Privatbank waren.

Was muss der Kunde dafür bezahlen?

Alpian wird eine sehr wettbewerbsfähige vermögensabhängige Verwaltungsgebühr erheben, die weniger als 100 Basispunkte betragt. Sie beinhaltet die Empfehlungen und das Management, die Produktauswahl und -überwachung, das Alpian Investment Research, die Partnerschaften mit Dritten für Daten und Erkenntnisse, die Transaktions- und Verwahrungsgebühren sowie den Zugang zu Spezialisten.

«Insgesamt sind 48 Millionen Franken investiert worden»

Hinzu kommen Produktkosten (und Steuern), die je nach dem Portfolio des jeweiligen Kunden variieren. Für die Produkte, die Alpian auswählt und anbietet, ist es erwähnenswert, dass wir keine Retrozessionen von den Vermögensverwaltern, mit denen wir zusammenarbeiten, akzeptieren, und dass wir für unsere Kunden vorteilhafte Anteilsklassen aushandeln, die normalerweise für Privatkunden nicht verfügbar sind.

Digitale Vermögenswerte sind besonders bei der jüngeren Klientel im Trend. Wie sieht da Ihr Angebot aus?

Vorläufig werden wir keine direkten Investitionen in digitale Vermögenswerte zulassen. Wir werden der Kundschaft jedoch ein begrenztes Engagement in Krypto-Assets anbieten, sofern sie dies wünscht.

Wieviel Geld ist bisher in Alpian geflossen?

Das Gründungskapital (Seed Money) stammte 2020 von der Genfer Bank Reyl. Das Projekt war damals noch Teil der Bank und ich war der Chief Digital Officer. In zwei Finanzierungsrunden beteiligten sich dann externe Investoren und zuletzt hat sich der Private-Banking-Arm des italienischen Finanzkonzerns Intesa Sanpaolo beteiligt. Insgesamt sind so 48 Millionen Franken investiert worden.

Wer sind heute die Mehrheitsaktionäre?

Es gibt lediglich bedeutende Minderheitsaktionäre. Das sind die Bank Reyl sowie Fideuram Intesa Sanpaolo. Wie es im Private Banking in Sachen Diskretion oft der Fall ist, geben wir die weiteren Aktionärinnen und Aktionäre nicht bekannt.

Und sind Sie auch beteiligt?

Ja, über ein entsprechendes Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm.


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Der schweizerisch-amerikanische Doppelbürger Schuyler Weiss ist seit knapp zweieinhalb Jahren CEO der digitalen Privatbank Alpian. Zur Bank Reyl, welche Alpian initiierte, stiess er 2018, wo er deren Chief Digital Officer war. Davor arbeitete er für die US-Investmentbank Morgan Stanley sowie als Berater für IBM. Er wuchs in Rhode Island bei New York auf; sein Grossvater wanderte aus der Schweiz in die USA aus; für Schuyler Weiss ist es entsprechend denkwürdig, dass er nun wieder in Genf lebt und arbeitet.

 

 

 

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