Die Unsummen von Geldern, die in nachhaltige Anlagen gesteckt werden, sind zwar kein unwirksames Placebo. In diesen Krisenmonaten muss diese Anlageform allerdings den ersten echten Härtetest bestehen, wie sich an einer Konferenz in Zürich herausstellte.

Bis zum Jahr 2030 sollen die 25 grössten europäischen und amerikanischen Banken gemäss dem Beratungsunternehmen Alvarez & Marsal 13 Billionen Euro in nachhaltige Finanzprodukte investieren. Das ist kein Pappenstiel: Immerhin entspricht diese Summe 37 Prozent der gesamten Bilanzsumme oder 15 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts.

Gleichzeitig haben sich die meisten Banken gemäss der Umfrage verpflichtet, die Finanzierung von Kohle in der EU sowie in den Ländern der OECD bis 2030 und weltweit bis 2040 auslaufen zu lassen.

Moral und Fakten

Auf den ersten Blick entwickelt sich also der Trend zu nachhaltigen Anlagen in der Bankenwelt äusserst dynamisch. Allerdings ist dabei genau unter die Lupe zu nehmen, wieweit diese Gelder lediglich in Anlagen mit soliden Renditen plus einem Nachhaltigkeits-Etikett investiert werden und wieweit sie als sogenannte Impact-Investments dem Gemeinwohl dienen sollen.

Genau um solche Fragen drehte sich die Konferenz «How Finance Enables Positive Change», die das Swiss Finance Institute (SFI) und Swiss Sustainable Finance (SSF) am Donnerstag im Zürcher Lake Side durchführten. Wichtige Fakten zur teilweise emotional aufgeladenen Debatte lieferte dabei der Finanzexperte Alexander Wagner. Der SFI-Professor machte unter Bezugnahme auf seine Analyse deutlich, dass nachhaltige Anlagen gerade in diesen Krisenmonaten ihren ersten echten Härtetest bestehen müssen.

ESG-Portfolios sind weniger diversifiziert

Ein Makel eines Portfolios mit einem Schwerpunkt auf ESG-Anlagen besteht gemäss seinem Befund darin, dass auf eine optimale Diversifikation verzichtet wird. Deshalb weist ein ESG-Portfolio ein relativ hohes Risiko aus. Besonders deutlich wurde dies gemäss Wagner  in der ersten Hälfte des Jahres 2022. ESG-Anlagen verpassten zwangsläufig das Kursrally der Energietitel und erlitten gleichzeitig Verluste, weil sie in Technologietiteln übergewichtet sind, deren Wert stark einbüsste.

Die Kritik ist aber teilweise noch viel Grundsätzlicher. Das Magazin «Economist» bezeichnete ESG-Investitionen in einem Spezialbericht sogar als «eine kaputte Idee», die gestrafft und seiner Scheinheiligkeit entledigt werden müsse.

Kein Selbstläufer

In der Tat ist es ein gefährlicher Irrglaube, dass der Boom von ESG-Investitionen automatisch grosse Geldsummen zur Finanzierung des Wandels zu einer nachhaltigeren Wirtschaft umlenkt. So bieten zwar einige Banken «grünen» Unternehmen Zugang zu günstiger Finanzierung, während andere Banken «braunen» Unternehmen immer noch attraktive Finanzmittel offerieren.

Zudem sind nach Ansicht von Wanger die derzeit existierenden ESG-Bewertungsmethoden nicht in der Lage, zuverlässig Unternehmen zu identifizieren, die gegen alle Krisen gewappnet sind. Zwar zeigten einige Studien, dass die Unternehmen mit guten ESG-Ratings zu Beginn der COVID-19-Krise aufgrund eines hohen Vertrauens der Anleger gut abschnitten. Jedoch haben ESG-Scores in den Tagen nach dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Kriegs die Kursentwicklung globaler Aktien nicht beeinflusst, wie Wagner nachwies.

«Greenflation» trifft die Schwächsten

Eine weitere Kehrseite hat mit der Teuerung zu tun. Die stärkere Betonung einer grünen Wirtschaft kann nämlich für sich genommen zu einer höheren Inflation führen («Greenflation»). Dies wird dann problematisch, wenn die Inflation wegen steigender Energiepreise aufgrund knapp werdender fossiler Brennstoffe («Fossiflation») ohnehin schon ansteigt. In dieser Konstellation, welche die schwächsten Bevölkerungsteile am härtesten trifft, müssen nach Ansicht von Wagner politisch heikle Entscheide gefällt werden.

Immerhin ist Sustainable Finance kein gefährliches Placebo, das den Wandel zu einer klimafreundlichen Politik verlangsamt. Im Gegenteil: Wenn Regierungen in ihrer Klimapolitik versagen, übt der ESG-Finanzmarkt nachweislich Druck auf schnelleres produktives Handeln aus, belegte Wagner anhand verschiedener Untersuchungen.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.27%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.29%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.71%
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