Sie sind angetreten, um mit Kryptowährungen das System der Notenbanken auszuhebeln. Doch der Erfolg der Erzeuger fördert auch Missgunst. Wunderkind Vitalik Buterin ist der Kragen geplatzt.

Dieser Tweet ist ein Ausdruck für das zunehmend gereizte Klima in der Welt der Kryptowährungen und ihrer Evangelisten: Vitalik Buterin, Programmier-Wunderkind und Miterfinder der Ether-Kryptowährung schrieb am vergangenen Samstag auf Twitter an einen ProfFaustus: «Stop being a fraud, please. You are not Satoshi».

Krypto-Insider werden dazu ihre eigene Meinung haben, für finews.ch-Leser mit einem nicht ganz so tiefen Verständnis für diese Welt: Hinter dem Twitter-Profil ProfFaustus steckt Craig Steven Wright, ein australischer Unternehmer und Universalgelehrter. Und Satoshi, Satoshi Nakamoto, ist das Pseudonym des eigentlichen und sich lange Zeit in der Cyber-Obskurität versteckenden Erfinders des Bitcoin.

Aus dieser Schattenwelt ist der Australier Wright vor rund zwei Jahren an die Öffentlichkeit gespült worden, als das Tech-Magazin «Wired» und andere Medien ihn als eben diesen Satoshi Nakamoto outeten.

Kultfigur und rotes Tuch

Der 47-jährige Wright (Bild unten) zierte sich zunächst, gab dann aber zu, dieser Satoshi Nakamoto zu sein und lieferte auch Beweise der virtuellen Identität des Bitcoin-Erfinders und -Entwicklers. Seither ist Wright für einen Teil der Bitcoin-Liebhaber eine Art Kultfigur geworden.

Craig Wright

Aber längst nicht für alle. In der Crypto-Community stösst es vielen sauer auf, dass sich Wright als der alleinige Bitcoin-Erfinder darstellt und für seine Firma immer wieder auf Bitcoin bezogene Patente beantragt.

Bislang vorgelegte Beweise reichen nicht

Zudem werden die von ihm vorgelegten Beweise, er sei der Mann hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto, immer wieder angezweifelt. Wright hatte im Mai 2016 kryptografische Beweise vorgelegt: Codes der ersten überhaupt geschaffenen Bitcoin und der ersten Transaktion.

Schon damals kamen die ersten Betrugsvorwürfe: Wright habe bloss Kopien einer Bitcoin-Transaktion vorgelegt, die 2009 von Satoshi Nakamoto getätigt worden sei. Wright reagierte darauf wie ein verkanntes Genie. Er verweigerte bislang das Vorlegen weiterer Beweise, dass er Satoshi Nakamoto ist, behauptet dies aber weiterhin.

Satoshi Nakamoto ist verstummt

Bevor Wright geoutet worden war, hatte es verschiedene Versuche gegeben, Satoshi Nakamotos Identität zu entschlüsseln – worüber sich dieser dann jeweils lustig machte. Seit Wright die Identität für sich beansprucht, ist Nakamoto jedenfalls verstummt.

Für Vitalik Buterin ist der Australier mit mehreren Doktortiteln und Universitätsabschlüssen jedenfalls keine Kultfigur. Der russisch-kanadische Programmierer setzte sich als Journalist einige Jahre intensiv mit Bitcoin auseinander.

Ringen um Vertrauen

Mit seinen Ideen einer Weiterentwicklung stiess er aber auf taube Ohren, worauf er mit Gleichgesinnten die Stiftung Ethereum gründete, eine offene Blockchain-Plattform für industrielle Anwendungen, mit Ether als Währung.

Dass Buterin den vermeintlichen Bitcoin-Erfinder Wright nun öffentlich als Hochstapler bezeichnet, ist für die gegenwärtige Stimmung in der Crypto-Community bezeichnend.

Diese ringt derzeit um Glaubwürdigkeit und Vertrauen, nachdem Regulatoren von China bis in die USA sowie prominente Vertreter von Finanzinstitutionen im Zusammenhang mit dem rasanten Wertanstieg von Bitcoin und der Welle täglich neu geschaffener Kryptowährungen die Worte «Betrug» und «Schneeballsystem» in den Mund genommen haben.

Ethereum-Stiftung im Mittelpunkt

Die Vorwürfe mündeten beispielsweise in China und in Südkorea in Verbote von Handelsplattformen und von sogenannten Initial Coin Offerings (ICO). Diese Form der Unternehmensfinanzierung ist im laufenden Jahr förmlich explodiert: Startups sammeln für ihre Geschäftsideen Geld ein und geben den Investoren im Gegenzug sogenannte Token ihrer eigens geschaffenen neuen Kryptowährung. Diese bislang völlig unregulierte Form der Finanzierung hat auch Betrügern Tür und Tor geöffnet.

Im Mittelpunkt des ICO-Booms steht Buterins Ethereum-Stiftung, weil solche Coin-Offerings über das öffentliche Etherum-Netzwerk vollzogen werden. Entsprechend genervt ist Buterin über die Welle von «dummen» ICO, die seinen Namen für undurchsichtige Geschäfte missbrauchen wollen, wie aus diversen seiner Tweets hervorgeht.

Schaden für Bitcoin und die Gemeinschaft

Sollen sich Kryptowährungen tatsächlich als alternative Zahlungsmittel etablieren, brauchen sie das tief verankerte Vertrauen der Gesellschaft. ICO-Betrügereien, hochvolatile Krypto-Währungen und Personen mit angeschlagenem Ruf fügen der Bewegung Schaden zu, bremsen die Entwicklung und erzeugen falsche Aufmerksamkeit, nämlich jene von Regulatoren und der Justiz.

Buterins Tirade gegen Wright geschah vor diesem Hintergrund. Wright sei Satoshi geworden, um einen einfachen Weg zu Bekanntheit und Ruhm zu nehmen, so Buterin. «Er schadet sowohl der Bitcoin-Community als auch der weiteren Krypto- und Blockchain-Gemeinschaft.»

Im Gegensatz zu Satoshi Nakamoto ist Craig Wright jedenfalls ein Mann aus Fleisch und Blut, der mit seinem Unternehmen Nchain weitere Bitcoin-Projekte vorantreibt. Wer die kontroverse Figur live erleben will: Wright spricht am 24. Oktober 2017 an einem Anlass der Bitcoin Association Switzerland in Zürich.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.63%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.55%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.21%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.15%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.46%
pixel