Wäre jemand gekommen, der ihm versichert hätte, eine wirklich neue Bank zu bauen, hätte ihn das interessiert, sagt der Ex-UBS-Ökonom Klaus Wellershoff im Interview mit finews.ch. Doch es kam anders. 


Herr Wellershoff, Nationalbank-Präsident Thomas Jordan hat unlängst wieder bekräftigt, dass es für eine Zinserhöhung noch zu früh sei. Aber eigentlich sollte die SNB doch schon längst an der Schraube drehen?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist seit der Finanzkrise mit Abstand die expansivste Zentralbank aller Industrienationen. Wenn uns das historische Verhaltensmuster der SNB und die Preisstabilität noch als Richtschnur dienen, das Verhalten der SNB in die Zukunft zu prognostizieren, dann ist es klar, dass das Institut seine Politik bald ändern wird.

Was ist denn das Gefährliche an einer so grossen Bilanz wie sie die SNB nun hat?

Zentraler Punkt ist, dass der Aufbau der Bilanzsumme über die Ausweitung der Notenbankgeldmenge erfolgte, also über die Basisgeldmenge, welche die Notenbank der Wirtschaft zur Verfügung stellt, um daraus Kredit zu schöpfen.

«Wir sprechen hier nicht von Simbabwe»

Seit der Finanzkrise ist die Geldmenge in der Schweiz um 1'200 Prozent gestiegen. Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht von Simbabwe. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist bei 300 Prozent angelangt, und alle regen sich darüber auf, wie schlimm ihr Präsident Mario Draghi sei. Da haben wir ein Thema.

Und was bedeutet das für die Schweizer Wirtschaft in zehn Jahren?

Die meisten Zentralbanken der Industrienationen, auch die Schweiz, haben die Preisstabilität als Zielsetzung – immer unter der Annahme, dass sich die Konjunktur vernünftig entwickelt. Wir haben aktuell Vollbeschäftigung und Wachstum, und deshalb wird die mittelfristige Preisstabilität wieder in den Mittelpunkt der Beurteilung rücken.

Wir wissen seit Jahrhunderten, dass die Geldmenge und das Preisniveau etwas miteinander zu tun haben. Mit dem historischen Wissen um diese Zusammenhänge und über den gegenwärtigen Zustand der Geldmengen-Entwicklung hinaus, muss man annehmen, dass wir in zehn Jahren ein deutlich höheres Preisniveau haben werden.

Aufgrund der tiefen Zinsen kam es auch zu einer starken Expansion des Wohneigentums. Mit der aktuellen Belehnung könnte es für viele Immobilienbesitzer eng werden.

Nur wenig Leute wissen, dass die Gesamtverschuldung der Schweiz gemessen am Volkseinkommen kaum tiefer ist als in Italien. Das starke Hypothekarwachstum der vergangenen Jahre ist ein Kollateralschaden der sehr einseitig auf den Wechselkurs ausgerichteten Geldpolitik. Die SNB hat zwar davor gewarnt, dass die Immobilienpreise weiter steigen könnten. Doch die damit verbundenen Risiken hat sie zähneknirschend in Kauf genommen.

«Keiner hat Lust darauf, dies zu wiederholen»

Es wäre sicher stimmig, wenn die SNB den steigenden Wohnimmobilien-Preisen ein sehr grosses Gewicht beimessen würde. Das Platzen der Immobilienblase in den 1990er-Jahren hat zu einem sehr bedeutenden Abschreibungsbedarf bei den Geschäftsbanken geführt und dazu beigetragen hat, dass die Schweiz während sieben Jahren gar nicht gewachsen ist. Keiner hat Lust darauf, dies zu wiederholen.

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