Die Blockchain-Technologie stellt die Integrität einer Datenbank sicher, indem Datensätze kryptographisch verkettet werden. Banken haben ein ganz besonderes Interesse an dieser Technologie.

Von Philippe Meyer, MD Avaloq Innovation, und Michael Rogenmoser, General Manager Schweiz/Liechtenstein, Avaloq

Die bislang am weitesten verbreitete Anwendung der Blockchain-Technologie ist der Bitcoin. Die Kryptowährung hat eine Erfolgsgeschichte geschrieben, aus der unbestreitbar Innovationen hervorgegangen sind. Der damit einhergehende Nachfragedruck wird Banken zwingen, Plattformen einzuführen, auf denen die Bitcoin-Anlagen ihrer Kunden direkt visualisiert werden.

Die zweite Blockchain-Anwendung, die in der Branche mittelfristig erwartet wird, ist die Legitimationsprüfung. Sie ist regulatorisch vorgeschrieben und dient dazu, die Identität und das Profil eines Klienten zu verifizieren, um Geldwäscherei zu verhindern. Die Know-Your-Customer-Prüfung (KYC) macht es für Banken zunehmend anspruchsvoller und komplexer, Neukunden zu gewinnen.

Aber auch für Kunden selbst wächst die Komplexität, müssen sie doch zahllose Formulare ausfüllen. Darum ist es sehr gut vorstellbar, dass die Blockchain-Technologie hier helfen wird, indem Teile der KYC-Informationen zwischen verschiedenen Banken übertragen und ausgetauscht werden könnten. Entsprechend gross ist das Interesse, generiert KYC bislang nur Kosten, ohne wertschöpfend zu sein oder Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Geschäftsmodell «KYC-Zertifikat»

Wenn man einen vielfältigen KYC-Service aufbauen möchte, ist es erforderlich, gewisse vertrauliche Informationen auszutauschen. Wenn ein Kunde beispielsweise die Legitimationsprüfung mit Bank A durchlaufen hat und sich dann entschliesst, Geschäfte mit Bank B zu tätigen, könnte er das ursprüngliche Zertifikat von Bank A nutzen, um Bank B gegenüber zu belegen, dass er den KYC-Prozess bereits abgeschlossen hat. Dies spart nicht nur dem Kunden Aufwand, sondern auch der Bank B.

Diese wird Bank A gerne eine Gebühr bezahlen, wenn sie dadurch die weit höheren Kosten einer neuerlichen KYC-Prüfung vermeiden kann. Zudem wird die Bank B aus dem Grossteil der vertraulichen Informationen, die getauscht werden, keine Wettbewerbsvorteile ziehen können – Bank A entstehen also keine Nachteile.

Revolution internationaler Zahlungen

Die Blockchain ist auch ein Werkzeug, das grenzüberschreitende Zahlungsvorgänge vereinfacht. Die Firma Ripple Labs beispielsweise hat ein Blockchain-Netzwerk für Zahlungsvorgänge aufgesetzt, das Banken weltweit verbindet.

Der typische Anwendungsfall für das Open-Source-Zahlungsprotokoll Ripple ist die grenzüberschreitende Zahlung zwischen zwei KMUs. Aktuell ist das übliche Korrespondenzbank-System recht ineffizient, benötigt der Transfer doch in der Regel fünf Tage. Beim herkömmlichen System besteht auch die Gefahr, dass die zwischengeschaltete Bank zahlungsunfähig wird, so dass eine Transaktion nicht abgeschlossen werden kann.

Avaloq Philippe Meyer 500

Philippe Meyer, MD Avaloq Innovation

Die Blockchain-Lösung bietet wesentlich mehr Effizienz: Ripple hat dazu eine interne Währung geschaffen, deren Kurs autorisierte Marktmacher festlegen. Zahlungen sind in Minuten abgeschlossen und hängen nicht mehr davon ab, dass «Nachrichten» ausgetauscht werden. Weil allerdings die interne Währung keine wirkliche digitale Währung ist, benötigt jede Bank gewisse Beträge, um die Transaktionen zu garantieren.

Trotz dieser Einschränkung erscheint die Lösung durchaus vielversprechend. Zudem wird es die neue PSD/2-Richtlinie Klienten gestatten, alle Konten, die sie bei verschiedenen Banken haben, durch eine einzige Nutzeroberfläche zu verwalten.

Aussicht auf smarte Verträge

Die Blockchain-Technologie kann auch dazu dienen, «smarte Verträge» aufzusetzen, die anhand definierter Kriterien automatisch ausführbar sind. Auch Avaloq forscht aktuell in diese Richtung, unter Einsatz von Blockchain-Technologien wie Ethereum und Hyperledger.

In diesem Anwendungsszenario dient die Blockchain dazu, den Lebenszyklus von Finanzprodukten zu überwachen, die komplexer als blosse Zahlungen sind. Die Natur von Derivaten macht es für die Gegenparteien erforderlich, stets die Marktbedingungen zu überwachen und zu monitoren, wann Barrieren erreicht werden. Denn sobald bestimmte Marktbedingungen eintreten, werden Zahlungsflüsse generiert.

Mehrere hundert oder tausend solcher Produkte zu überwachen, benötigt beträchtliche Ressourcen und erfordert einigen Aufwand für den Finanzabgleich. Es wäre darum effizienter, diesen Prozess zu automatisieren: Smarte Kontrakte auf der Blockchain-Basis könnten dazu dienen, diese Zahlungsflüsse zu terminieren.

Der Blockchain gehört die Zukunft

Natürlich würde gerade auch der Wertpapierhandel von der Blockchain-Technologie extrem profitieren. Dennoch wird die Umsetzung hier voraussichtlich langsamer verlaufen. Man denke nur daran, dass Prozesse, die vor vier Jahrhunderten im Handel zwischen Amsterdam und London etabliert wurden, noch bis heute Spuren hinterlassen. Auch haben viele Akteure, wie Broker und Treuhänder, kein besonderes Interesse an einer Disruption, die sie überflüssig macht.

Noch mag es bei den Blockchain-Lösungen einen Mangel an Standardisierung geben. Aber es ist unbestritten: Die Technologie wird Bestand haben. Denn die Blockchain gestattet es, alle Vermögenswerte zu digitalisieren. So gesehen gehört der Blockchain die Zukunft.