MiFID II ist in Kraft. Die liechtensteinische VP Bank, die das komplexe Regelwerk bereits vollumfänglich umgesetzt hat, zieht eine erste Zwischenbilanz.

Von Tobias Wehrli, Leiter Intermediaries der VP Bank Gruppe

Seit dem Beinah-Zusammenbruch des Finanzsystems Anfang 2008 verfolgen zahlreiche Regulierungsbehörden das Ziel, das Bankensystem sicherer zu machen und die Kunden besser zu schützen. So hat auch die EU eine Reihe von neuen Regulierungen erlassen, welche die Finanzmärkte effizienter, widerstandfähiger und transparenter machen sowie den Anlegerschutz verstärken sollen.

Eine der wichtigsten und umfassendsten Vorschriften hierzu stellt die Richtlinie 2014/65/EU, allgemein bekannt als MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive), dar. Damit einher geht die neue, direkt anwendbare MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation).

Nach MiFID folgt Fidleg

Als Liechtensteiner Institut musste die VP Bank Gruppe das komplexe Regelwerk bis 3. Januar 2018 vollumfänglich umsetzen. In der Schweiz kommt MiFID II bisher ausschliesslich für Kunden mit Domizil EU/EWR zur Anwendung.

MiFID II wird jedoch in einer eigenen Variante in Form des Finanzdienstleistungsgesetzes (Fidleg) und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) umgesetzt. Damit ist nach heutigem Stand aber frühestens Mitte 2019 zu rechnen. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Umsetzung der neuen Richtlinien äusserst anspruchsvoll ist.

Auf den letzten Drücker

Banken und externe Vermögensverwalter wurden organisatorisch und finanziell vor grosse Herausforderungen gestellt. Die Tatsache, dass die Regulatoren verschiedene Detailfragen erst kurz vor Inkrafttreten geklärt und darüber informiert haben, stellte nebst den bestehenden Anforderungen eine zusätzliche Schwierigkeit dar.

Bei der VP Bank Gruppe setzte dies insbesondere IT- und Legal-Abteilungen unter Druck, aber auch die jeweilige Kundenkommunikation und die Schulung der Mitarbeitenden erforderten zahlreiche Sondereinsätze und äusserst viel Flexibilität. Alle nötigen Prozesse konnten schliesslich innerhalb der VP Bank Gruppe zeitgerecht implementiert und die Systeme darauf abgestimmt werden.

Komplett veränderte Spielregeln

Für Vermögensverwalter und Banken bringen die neuen Richtlinien erhebliche Änderungen mit sich, zumal die Vorgaben von MiFID I deutlich ausgeweitet wurden. So führen zum Beispiel die neuen Massnahmen zur Produktverantwortung und der damit verbundenen Zielmarkt-/Geeignetheitsprüfung zu einer markant höheren Dokumentationspflicht.

Der Verwalter auf der einen Seite muss bei Kauf oder Umschichtungen von Wertpapieren für jeden Anleger Überprüfungen durchführen und jeweils eine entsprechende Dokumentation bezüglich Eignung erstellen. Der Kunde muss mit den neuen Vorschriften zur Kostentransparenz bereits vor Ausführung eines Handelsauftrages über die Ausführungskosten sowie über die Kosten der betreffenden Anlage im Detail aufgeklärt werden.

Auch im Rahmen der Reportingpflichten bei Anlageberatung und Vermögensverwaltung sind die dem Kunden auferlegten Kosten der jeweiligen Dienstleistung wie auch der getätigten Anlagen detailliert auszuweisen.

Starke Partnerbank für Intermediäre

Bei der Umsetzung von MiFID ll werden die Intermediärkunden der VP Bank als professionelle Kunden eingestuft. Diese können aufgrund ihrer Erfahrung auf Teile des erhöhten Anlegerschutzes verzichten, womit Aufträge weiterhin effizient aufgegeben und zügig ausgeführt werden können.

Die VP Bank bietet zudem neue exklusive Dienstleistungen, mit welchen die Intermediäre ihre eigenen MiFID II Pflichten einfacher erfüllen können. Zudem stellen wir den Intermediärkunden mit ProLink eine Informationsplattform zur Verfügung, die nebst einer Vielzahl von Informationen zum Marktgeschehen auch einen Wissenspool mit allen relevanten steuerrechtlichen und anderen gesetzlichen Themen bietet.

Die Plattform bereitet komplexe Themen wie FATCA oder MiFID II verständlich auf und ermöglicht die Teilnahme an Calls zu regulatorischen Entwicklungen.

Agieren und profitieren

«Aus der Not eine Tugend machen» scheint eine passende Devise zu sein, um Regelwerke wie MiFID II zu seinen eigenen Gunsten zu nutzen. In diesem Sinne integrieren wir neue Richtlinien konsequent in unsere Geschäftsprozesse und verbessern so die eigene Service- und Anlageberatungsqualität.

Das Schreckgespenst MiFID II bringt schliesslich auch positive Themen mit sich – in Bezug auf Endkunden, Intermediäre und Banken. So wird beispielsweise die klassische Vermögensverwaltung bei einer Bank oder einem Vermögensverwalter attraktiver, da die Verwaltung durch einen professionellen Marktteilnehmer mehr Möglichkeiten bietet.

Zudem werden Banken und Intermediäre durch die steigenden Auflagen für Beratungskunden gezwungen, ihre Prozesse zu überdenken und Optimierungen vorzunehmen. Durch die Automatisierung vieler Standardprozesse gewinnt man letztlich wiederum wichtige Zeit – Zeit, die sinnvoll in die hybride Kundenbetreuung investiert werden kann.


Tobias Wehrli ist Leiter Intermediaries der VP Bank Gruppe, Vaduz