Die Schweizer Synpulse-Gruppe ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen, vor allem in Asien. Ausdruck der Dynamik ist, dass CEO Christoph Nützenadel nach Singapur gezogen ist.


Herr Nützenadel, Sie sind unlängst nach Singapur umgezogen. Was hat Sie veranlasst, dorthin zu wechseln?

Mein Wechsel ist eine Folge der Dynamik im asiatischen Raum. Wir haben schlicht mehr Partnerkapazität in Asien als in Europa gebraucht.

Was sind Ihre Eindrücke?

Ich bin überrascht, wie unterschiedlich der Blick auf die Welt ist, sei es von Europa aus oder von Asien. Hierzulande machen wir uns oft keine Vorstellung davon, wie die Zukunftstrends, beispielsweise im Urbanismus, in der Architektur, im Transport und eben auch im Finanzsektor mehr und mehr in Asien entwickelt werden.

Können Sie uns das noch genauer erklären?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In Europa gehe ich mit einem grossen Schlüsselbund und einem Portemonnaie mit mehreren Währungen in Scheinen und Münzen aus dem Haus. In Asien reichen mir das Mobiltelefon und ein kleines Kartenetui.

Was mich fasziniert, ist die Einstellung, die Offenheit der Menschen zu Veränderungen. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die Menschen in jüngster Zeit eine Phase verhaltnismässiger politischer Stabilität und wirtschaftlichen Wachstums erlebt haben.

Worin unterscheiden sich der europäische und asiatische Finanzmarkt?

Ganz drastisch kann man das in einem Vergleich zwischen der Schweiz und Singapur sehen: Die Schweizer Bankbranche hat in den vergangenen zehn Jahren rund ein Drittel ihrer Mitarbeiter verloren. In Singapur hingegen ist es der Finanzindustrie gelungen, die verwalteten Vermögen in den vergangenen fünf Jahren zu verdoppeln.

Was bedeutet das für die grossen Themen in der Finanzbranche dieser beiden Märkte?

Sowohl in Singapur als auch in der Schweiz sind die Digitalisierung und Regulationsthemen dominant. Aber eben unter ganz anderen Vorzeichen. Die Schweiz ist, vereinfacht gesagt, noch dabei, die Folgen des Endes des Bankgeheimnisses in neue Wettbewerbsfähigkeit umzusetzen. Deswegen stehen Effizienzthemen, neben der Umsetzung von Regulationsthemen im Vordergrund.

«Fintechs werden sich die weniger regulierten Nischen suchen und dort ihren Platz finden»

Wohingegen in Singapur das starke Wachstum und die hohen Ansprüche der Kunden dazu führen, dass Prozesse vielleicht nicht perfekt automatisiert, aber dafür mittels vermehrtem Resourceneinsatz skalierbar und kundenfreundlich umgesetzt sind.

Was kommt in nächster Zeit auf die Finanzbranche zu?

Mike Corbat, der CEO der Citigroup, wird gern mit dem Statement zitiert «Wer ein höchstreguliertes Geschäft sucht, dessen Firmen nur zum 9-fachen des Jahresgewinns gehandelt werden, ist herzlich willkommen». Ich bin überzeugt, es ist nicht so einfach für Banken und Versicherungen, die neue Konkurrenz abzutun.

Fintechs werden sich genau die weniger regulierten Nischen suchen und dort ihren Platz finden. Jeder Bankkunde weiss, dass im Bereich Kundennutzen sowie Kosten enormes Potential besteht, die etablierten Anbieter zu konkurenzieren.

Erfüllt die Branche bereits die Erwartungen einer modernen, digital orientierten Kundschaft?

Umfragen zeigen keine extrem hohe Zufriedenheit der Kunden, gleichwohl sehen wir in den meisten Märkten eine erstaunlich grosse Trägheit der Kunden bei der Bewirtschaftung ihrer Anlage- und Versicherungsbedürfnisse.

«Wir haben den Vorteil, dass wir unsere Kunden viel persönlicher betreuen können»

Wo man die Bereitschaft zur Veränderung aber beispielwese spürt, ist beim Zahlungsverkehr. Generell eignen sich oft auftretende Kundenanliegen, etwa Zahlungsvorgänge, eben besser zur Digitalisierung, als seltene, komplexe Bedürfnisse, wie individuelle, massgeschneiderte Beratungsleistungen.

Die Geschichte von Synpulse begann 1996 in Zürich. Heute beschäftigen Sie mehr als 400 Mitarbeitende an weltweit zwölf Standorten. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Mit unserem Fokus auf die Finanzbranche sind wir in der Lage, die Herausforderungen unserer Kunden auf Augenhöhe und gemeinsam zu meistern. Gleichzeitig gehören wir in unseren Zielmärkten bereits zu den grösseren Anbietern und können unseren Kunden entsprechend umfassend helfen – von der Strategie bis zur erfolgreichen Umsetzung.

Synpulse bezeichnet sich als partnerschaftlich geführtes Boutique-Unternehmen. Welche Vorteile besitzt es in dieser Grössenordnung im Vergleich zu Beratungskonzernen?

Wir haben den Vorteil, dass wir unsere Kunden viel persönlicher betreuen können, insbesondere auch durch unsere Partner.

«Wir versuchen immer, Zufall und Risiko aus der Abwicklung von Projekten zu eliminieren»

Davon profitiert nicht nur die Projektarbeit, sondern häufig entstehen daraus langjährige Kundenbeziehungen. Und schliesslich, auch das hören wir öfters, mache es Spass, mit uns Projekte zu realisieren.

Wie unterscheiden Sie sich mit Ihrem Angebot von der Konkurrenz?

Wir haben schon immer versucht, Zufall und Risiko aus der Abwicklung von Projekten zu eliminieren. Mit unserer Strategie gehen wir einen Schritt weiter und sind dabei, Teile unseres Angebots zu «produktifizieren», also noch schneller und sicherer Kundennutzen zu generieren.

Was heisst das konkret?

Statt mit einem Kunden ein Problem immer wieder massgeschneidert anzugehen, giessen wir unsere Erfahrung in sehr standardisierte Beratungsansätze oder gar in Softwarelösungen. Die Lösungen selber sind natürlich sehr individuell, aber der Weg dazu standardisiert, schneller, sicherer und auch kosteneffizienter.

Was können wir 2019 von Synpulse erwarten?

Wir haben uns geographisch weiterentwickelt und sind neu auch in Sydney und Manila tätig. Zudem erweitern wir unser Angebot an hoch qualifiziertem Management-Consulting, an standardisierten Beratungsansätzen und beratungsnahen Produkten. Kurzum, 2019 sind wir in der Lage, für fast alle Kundenanliegen Lösungen und nachhaltigen Mehrwert zu bieten.


Christoph Nützenadel ist seit 2001 bei Synpulse tätig und seit Juli 2015 CEO der Gruppe. Er lebt und arbeitet in Singapur. Er studierte Meteorologie und Physik an der Universität Karlsruhe und im schweizerischen Fribourg. Während seiner Promotion zum Thema Speicherung von Wasserstoff in Nanostrukturen forschte er an der University of California in Irvine in den USA sowie am Institut Laue-Langevin in Grenoble in Frankreich. Seine berufliche Laufbahn begann er während des E-Business-Booms mit der Programmierung von Avataren für Banken und Versicherungen. Neben der Führung der Synpulse-Gruppe betreut er Versicherungs-Kunden in der ganzen Welt.