Eine grössere Geschlechter-Diversität, insbesondere in der Geschäftsleitung, kann finanzielle Verbesserungen und positive soziale Veränderungen nach sich ziehen, sagt Soliane Varlet von Mirova.


Soliane Varlet ist Portfoliomanagerin bei Mirova, einer Tochtergesellschaft von Natixis Investment Managers


Frau Varlet, einer Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) zufolge würde in Japan nur jeder fünfte Mann eine Frau als CEO «sehr gut» finden. Inwieweit beeinflusst für Sie die Kultur eines Landes die Zukunft von Frauen in Führungspositionen?

Die Einstellungen zu Frauen in leitenden Positionen sind ganz offensichtlich von Land zu Land und von Sektor zu Sektor unterschiedlich. Es existieren noch immer starke Stereotype sowie hohe Einstiegsbarrieren.

All das hat sich als Teil eines umfassenderen Phänomens herausgestellt, das in sämtlichen Organisationen, Ländern und Sektoren vorliegt: die ‚unbewussten Vorurteile‘. Definiert als ‚die neue Wissenschaft von unbewussten Denkprozessen, die sich massgeblich auf das Diskriminierungsgesetz auswirken‘, beeinflussen unbewusste Vorurteile unser Denken und unsere Entscheidungen. Und sie stehen der Gleichberechtigung massiv entgegen.

«Dadurch wird der Umweltminister zum Vorbild für alle arbeitenden Väter in Japan»

Dessen ungeachtet gehe ich davon aus, dass die Menschen allmählich begreifen, wie diese Dynamik funktioniert, und bereit sind, sie zu verändern. Nehmen wir beispielsweise Japan, wo von einer Gleichstellung der Geschlechter noch keine Rede sein kann.

Ich habe unlängst über den japanischen Umweltminister gelesen, dass er die Geburt seines ersten Sohnes mitteilte – und auch seine Entscheidung, eine Zeit lang freizunehmen: zwei Wochen im Verlauf von drei Monaten. Ich finde das grossartig, denn dadurch wird er zum Vorbild für arbeitende Väter in Japan. Und gute Vorbilder sind ein wichtiger Bestandteil der Diskussion um Gleichberechtigung.

Werden wir jemals eine echte Gleichstellung der Geschlechter erreichen?

Wir hoffen natürlich, dass dies eher früher als später der Fall sein wird, doch bisher haben wir es eindeutig noch nicht geschafft. Geschlechtergleichheit gehört zu den 17 Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Sie ist eine gewaltige Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, aber auch immer noch eine echte Herausforderung in der Arbeitswelt.

«Es gibt eine Korrelation zwischen dem Frauenanteil in der Geschäftsführung und der Unternehmensleistung»

Heute gehören der Erwerbsbevölkerung weltweit nur die Hälfte der Frauen im arbeitsfähigen Alter an, jedoch mehr als drei Viertel der Männer dieser Altersgruppe. Weltweit verdienen Frauen auch über 20 Prozent weniger als Männer.1 Nach Schätzungen des Weltwirtschaftsforums würde es beim aktuellen Tempo des Wandels über 250 Jahre dauern, bis sich die wirtschaftliche Lücke zwischen den Geschlechtern schliesst.

Entwickeln sich die Aktienkurse von Unternehmen mit mehr Frauen in der Chefetage längerfristig besser?

Verschiedene Analysen belegen eine Korrelation zwischen dem Frauenanteil an der Geschäftsführung und der Unternehmensleistung.2 In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass es um eine «Korrelation» geht, nicht um Kausalität.

Warum?

Vielleicht, weil vielfältigere Unternehmen für fähige Bewerberinnen und Bewerber interessanter sind. Sich qualifizierten Nachwuchs zu sichern, dürfte sich auf kurze wie lange Sicht auszahlen, denn vielfältige Teams sind innovativer.

«Wir haben an mehr als 1'600 Unternehmen eine Investorenerklärung abgegeben»

An die Marke, die ein Arbeitgeber verkörpert, denken vielleicht die wenigsten, wenn sie überlegen, warum Diversität so wichtig ist, doch Unternehmen, die wirklich die fähigsten Köpfe anziehen wollen, müssen unbedingt für ausgeprägte Diversität und Inklusionspolitik sorgen.

An welchem Punkt in Ihrem Prozess stellen Sie fest, dass sich eine Unternehmenskultur in ihrer Herangehensweise an die Geschlechterdiversität wirklich unterscheidet?

Sehr früh. Ein Blick auf die Anzahl der Frauen im Geschäftsleitungsgremium oder in leitenden Führungspositionen verrät, ob ein Unternehmen Geschlechtervielfalt lebt oder nicht. Das kann man dann mit ihren Praktiken zur Geschlechterpolitik abgleichen.

Wir haben übrigens an mehr als 1'600 Unternehmen eine Investorenerklärung abgegeben. Damit soll in den Unternehmen mehr Bewusstsein geschaffen werden. Sie sollen wissen, dass solche gesellschaftlichen Themen für uns von entscheidender Bedeutung sind und dass sie für jeden Investor ein wesentlicher Gesichtspunkt sein sollten.

«Manche Unternehmen waren überrascht, dass wir uns für Daten der Geschlechterdiversität interessieren»

Wie aus dem Feedback, das wir auf der Grundlage unseres Dialogs mit den Unternehmen erhielten, hervorgeht, waren manche wirklich sehr überrascht, dass wir uns für Daten zur Geschlechterdiversität und für ihren qualitativen Ansatz interessieren. Es ist ein Schock für sie, dass Investoren auf solche Daten achten und sie als Investmentkriterien heranziehen könnten.

Schliesslich bedeutet das: Je nach dem betrachteten Unternehmen gibt es sehr unterschiedliche Ansätze zur Gender-Diversität.


1World Economic Forum, 2019. Global Gender Gap Report 2020; International Labor Office, 2018. World Employment and Social Outlook: Trends for women 2018; UN Women, Turning promises into action: Gender equality in the 2030 agenda for sustainable development.

2McKinsey’s, ‘Women Matter’, 2016; EY and The Peterson Institute for International Economics, ‘Is Gender Diversity Profitable?’, 2015; Bank of America and Merrill Lynch, ‘The She-economy’, 2019


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